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Der Trotzkopf

Der Trotzkopf

Titel: Der Trotzkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emmy von Rhoden
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Spukgeschichten glauben!« 
    Und Miß Lead, die bis dahin mit den Pensionärinnen vor der äußeren Thür gestanden, trat zu ihrer Landsmännin und schalt sie wegen ihrer Furchtsamkeit. 
    Kaum hatte Nellie die sonderbar Gekleidete erblickt, als sie in ein lautes Gelächter ausbrach. »O, Miß Lead!« rief sie aus. »Sie haben die Aussicht wie eine Räuberhauptmann! Seien Sie nicht böse, aber ich muß lachen!« Und die übrigen Mädchen stimmten fröhlich ein in das Gelächter, sie hatten bis jetzt nicht auf die englische Lehrerin geachtet. 
    Miß Lead wurde hochrot vor Aerger, und die Vorsteherin gab Nellie einen ernsten Verweis über ihr unartiges Benehmen. Es wurde darüber die Gespenstergeschichte vergessen und Ilse nicht weiter beachtet. Oder doch? 
    Fräulein Güssow entfernte sich, mit dem Lichte in der Hand, sehr schnell aus der Thür – hatte sie vielleicht die unselige Stiefelspitze entdeckt? 
    »Wir wollen Ilses Ruhe nicht stören,« sagte sie, »warum soll die Aermste auch noch ermuntert werden?« 
    »Sie haben recht, wir wollen sie nicht stören. Aber sie hat einen wunderbar festen Schlaf. Nun geht zur Ruhe, Kinder. Melanies Gespenst war sicherlich nichts weiter, als eine Katze, die sich im Baume einen Vogel gefangen hat. Ihr könnt ganz ohne Sorge sein, zum zweitenmal wird es nicht wiederkehren.« 
    Damit hatte der nächtliche Spuk sein Ende erreicht. In kurzer Zeit lag alles wieder im tiefen Schlafe. Melanie hatte die Lampe brennen lassen, um keinen Preis würde sie im Dunklen geblieben sein. 
    Als Nellie sich vollkommen überzeugt hatte, daß alles wieder still im Hause war, da kehrte mit dem Gefühle der Sicherheit auch ihre frohe Laune wieder. Sie suchte die Aepfel unter der Bettdecke hervor und fing an, gemütlich zu essen, als ob nichts vorgefallen wäre. 
    »Was machst du denn?« fragte Ilse, als sie das knirschende Geräusch hörte. Sie hatte bis jetzt noch nicht gewagt, sich zu rühren, und lag wie im Schweiße gebadet da. 
    »Ich speise Aepfel,« entgegnete Nellie sorglos. 
    »Aber, Nellie, wie kannst du das nur!« rief Ilse ganz entrüstet. »Ich zittre noch an allen Gliedern, mein Herz schlägt wie ein Hammer – und du kannst essen! Wirf die Aepfel fort – sie gehören ja gar nicht uns. Ach, Nellie, ich ärgere mich über meinen dummen Streich!« 
    »O was!« sagte Nellie ruhig weiter essend, »man muß thun, als ob man zu Haus ist! Gräm’ dir nicht mit unnütze Gedanke, zieh’ dir lieber aus und pack’ deine Sache fort in deine Koffer. Du kannst ruhig schlafen, mein Darling, morgen weiß kein’ Seel’ von unser lustiges Abenteuer und du wirst sehr klug sein, liebe Ilschen, und schweigen.« 
    Ilse ging heute nicht auf Nellies scherzenden Ton ein; der Gedanke, die Vorsteherin hintergangen zu haben, drückte sie schwer. Schweigend entkleidete sie sich und verschloß ihre Sachen sorgfältig in den Koffer. Dann legte sie sich nieder. 
    Der Schlaf aber wollte nicht kommen. Nellies regelmäßige Atemzüge verrieten längst, daß dieselbe sanft und süß eingeschlummert war, als sie noch immer wachend im Bette lag. Der Gedanke, wie nahe sie daran gewesen war, entdeckt zu werden, schreckte sie immer von neuem auf. Sobald sie im Begriffe war, einzuschlafen, fuhr sie angstvoll in die Höhe. Endlich schlief sie ein, aber selbst im Traum quälten sie die schrecklichsten Bilder. Bald wurde sie verfolgt, bald fiel sie vom Baume und zuletzt hatte sie sich in einen Vogel verwandelt und eine große Eule wollte sie fressen. – 
    Früh am andern Morgen, als Fräulein Raimar ihren Spaziergang durch den Garten machte, blieb sie vor dem Apfelbaume stehen. Sie schüttelte den Kopf und rief den Gärtner. 
    »Es müssen Diebe in diesem Baume gewesen sein, Lange,« sagte sie, »sehen Sie nur das viele Laub und sogar einige abgebrochene Zweige darunter. Da liegen auch mehrere Aepfel, die sie verloren haben mögen. Machen Sie doch, solange das Obst noch nicht abgenommen ist, öfters des Nachts eine Runde durch den Garten.« 
    »Es ist mir ein Rätsel, wie sie hereingekommen sind,« bemerkte der Gärtner kopfschüttelnd, »die Gartenpforte war fest verschlossen. Sie müssen geradezu über die Mauer geklettert sein.« 
    »Wohl möglich,« stimmte Fräulein Raimar ihm bei, und im Weitergehen dachte sie, daß Melanie doch im Rechte gewesen sei. Freilich ein Gespenst hatte sie nicht gesehen, wohl aber einen Spitzbuben. 
    Oben, am offnen Fenster, standen die beiden Mädchen und hatten jedes Wort

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