Der Tuerke - Das Original
nur von außen und fragen sich, wer die Menschen da drin wohl sind und was sie machen. Sind darunter auch Fanatiker? Besprechen sie die nächsten Angriffsziele? Üben sie an Flugsimulatoren?
In der Tat. Technische Geräte gibt es in türkischen Moscheen in Deutschland genug: Computer, E-Darts , Audio- und Videogeräte und vieles mehr, was Media- und Makro-Markt aktuell im Sortiment haben. Auch wenn sich die Imame und Vorstände der Moschee lange Zeit nicht überzeugen ließen, inzwischen hat sich der Technik- und Fun-Trend fast überall durchgesetzt.
Mit PC- und Internetkursen nämlich, mit Billard, Kickertischen und weiteren lockenden Angeboten sollen die Jugendlichen zu regelmäßigen Besuchen der Moschee motiviert werden. Zahlreiche Moscheen abonnieren für vielGeld türkische Pay-T V-Sender und projizieren Fußballspiele aus der türkischen Superliga live auf eine Riesenleinwand.
Die Moschee wird mehr und mehr zum Freizeitheim für Jung und Alt, für Frau und Mann. Sie soll auch außerhalb der Gebetszeiten zu einem gut frequentierten Ort werden. Nachdem in nahezu jeder deutschen Stadt riesige Moscheen errichtet worden sind, gilt es nun, diese entsprechend zu füllen. Jugendliche sollen von der Spielothek, die Frauen von den Fernsehsesseln im heimischen Wohnzimmer weggeholt werden.
Natürlich wird auch gebetet. Muslime beten fünfmal täglich gen Mekka. Alle Imame rufen dazu auf, diese Gebete möglichst in die Moschee zu verlegen, um den Kontakt mit den anderen Muslimen aufrechtzuerhalten. Die türkische Gemeinde beschränkt ihre Besuche jedoch größtenteils auf den Freitag. Am Freitag, einem heiligen Tag im Islam, findet rituell zur Mittagszeit das wichtige Freitagsgebet statt. Wie die Feiertagsgebete zum Ende des Fastenmonats Ramadan und zum Opferfest wird auch das Freitagsgebet gemeinschaftlich in der Moschee verrichtet, während die täglichen fünf Pflichtgebete keinen Besuch in der Moschee erfordern.
Bereits eine Stunde vor der Gebetszeit trudeln die Ersten ein. Zuerst kommen die Älteren und die Rentner, dann die Jüngeren. Es wird Tee gekocht und jedem Neuankömmling ein Glas angeboten. Während im Nebenraum fleißig Tee getrunken wird, beginnt der Imam im Gebetsraum, der mit einem großen grün-roten Teppich ausgelegt ist, mit seiner Predigt. Lautstarke Unterhaltungen und Gelächter sorgen nebenan für einen ordentlichen Lärmpegel. Bei den Jüngeren geht es meistens um Fußball. Fenerbahce- und Galatasaray-Anhänger (die beiden rivalisierenden Istanbuler Fußball-Klubsmit den meisten Fans) loben ihre Teams und geben Siegesparolen aus. Man spricht deutsch und türkisch, oft werden die Sprachen auch gemischt. (Für bestimmte Begriffe macht man sich einfach nicht die Mühe, sie zu übersetzen. Das Arbeitsamt beispielsweise heißt auf Türkisch »Is ve isci bulma kurumu«. Wenn ein Türke in Deutschland »Is ve isci bulma kurumu« sagt, verstehen die meisten Türken nur Bahnhof. Aber bei »Arbeitsamt« weiß jeder, was gemeint ist, selbst wenn das Wort in einem komplett türkischen Satz auftaucht. Auch die Bezeichnungen für alle anderen Ämter werden grundsätzlich übernommen. Ebenso wenig macht man sich die Mühe und denkt über ein türkisches Wort für »Fahrschule« nach. »Brötchen« gibt es gar nicht auf Türkisch. Deshalb tut man so, als ob es ein türkisches Wort wäre. Manche sprechen es wie »Brötschinn« aus, andere sagen »Prutschinn«.)
Die Älteren unterhalten sich währenddessen über aktuelle Ereignisse in der Türkei, türkische Politik, GE Z-Gebühren , übers Älterwerden und wie schnell doch die Zeit vergeht.
Der Imam spricht zu den wenigen, die ihren Platz im Gebetsraum eingenommen haben. Es sind noch 15 bis 20 Minuten bis zur Gebetszeit.
Wie jeden Freitag um diese Zeit richtet er einen Appell an die im Nebenraum Versammelten:
»Liebe Muslime! Es kann nicht angehen, dass zehn Minuten vor der Gebetszeit so viel Lärm im Nebenraum ist!«
Der Imam wird laut! Aus dem Appell wird eine Standpauke.
Die Ersten stehen auf und gehen vom Nebenraum in den Gebetsraum, ohne in Richtung des Imams zu blicken. Sie suchen sich ein nettes Plätzchen aus und setzen sich hin. Der Imam sieht, dass sich der Gebetsraum füllt, und fährtmit seiner Predigt fort. In den sorgfältig vorbereiteten Predigten geht es um alltägliche Themen wie den Umgang mit Verwandten und Nachbarn. Aber auch aktuelle Ereignisse, wie Konflikte und Kriege auf der Welt, werden aus der islamischen Perspektive
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