Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Turm der Könige

Der Turm der Könige

Titel: Der Turm der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nerea Riesco
Vom Netzwerk:
senkte theatralisch die Stimme und sah sich um. Abel nickte, überrascht, dass ihm an diesem Tag alle irgendwelche Geheimnisse anvertrauen wollten. Bruder Dámaso flüsterte ihm ins Ohr: »Ich suche einen Schatz. Wir alle hier suchen einen Schatz … auch dein Vater.« Er legte vertraulich den Finger auf die Lippen. »Aber du darfst keinem davon erzählen. Wenn du das Geheimnis für dich behalten kannst, darfst du uns bei der Suche helfen. Möchtest du?«
    »Ja«, flüsterte Abel ebenso verschwörerisch zurück.
    Bruder Dámaso stand auf, nahm den Jungen bei der Hand, und gemeinsam gingen sie zur Vorhalle zurück. Als sie dort eintrafen, verabschiedete sich León gerade von dem Botschafter. Die beiden Männer standen einander gegenüber und berührten zuerst ihre Brust, dann den Mund und die Stirn.
    »
Salam aleikum
«, sagte der marokkanische Botschafter.
    »Der Friede sei mit dir«, antwortete León.
    Abel bemerkte den herzlichen Umgang der beiden und erkannte darin die Zuneigung von Menschen, die sich gegenseitig achteten. Dann sah Sidi Ahmet-el-Gazel zu ihm herüber und lächelte ihn freundlich an. Der Junge blickte verlegen zu Boden. Als er wieder aufsah, war der marokkanische Botschafter gegangen.

7 Der elfenbeinerne Elefant
    Ritter: »Du spielst gern Schach, nicht wahr?«
    Tod: »Woher weißt du das?«
    Ritter: »Ich habe es auf Bildern gesehen, ich habe davon gehört.«
    Tod: »Ja, ich bin tatsächlich kein schlechter Schachspieler.«
    Ritter: »Ich wette, dass du nicht besser spielst als ich.«
    INGMAR BERGMAN ,
Das Siebente Siegel
    C ristóbal ging mit gesenktem Kopf die Calle Cuna entlang. Am dritten Haus betätigte er den bronzenen Türklopfer in Form einer Hand, der in der Mitte der Tür angebracht war. Dann wartete er geduldig, den Blick auf seine Schuhspitzen geheftet. Es war ein trüber Tag. Der Regen schlug ihm aufs Gemüt. Fernando Álvarez öffnete und trat zur Seite, um ihn einzulassen, während er auf die Treppe rechts des Hauseingangs wies.
    »Gehen wir nach oben in mein Arbeitszimmer«, sagte er. »Dort sind wir ungestört.«
    Der Druckermeister blickte von der Galerie im ersten Stock in den Patio hinunter und ging dann leise weiter, um die Mittagsruhe der übrigen Hausbewohner nicht zu stören. Seine Verbindung zu dem »Alten Weisen« sollte geheim bleiben. Die Tür zum Arbeitszimmer stand offen, und er trat wie selbstverständlich ein. Sein Gastgeber schloss hinter ihm ab.
    Es war ein spartanischer Raum mit Holzdielen und einem massiven Pinienholztisch in der Mitte, auf dem neben einem Tintenfass samt Fasanenfeder ein Schachspiel stand. Der einzige Luxus in diesem Raum war ein silbernes Wappen, das an einer der Wände hing. Darauf war ein rotes Kreuz mit stilisierten Lilien an den Kreuzungsarmen zu sehen: das Kreuz des Calatrava-Ordens.
    Cristóbal ahnte, dass er endlich eine bedeutendere Rolle bei der wichtigen Mission übernehmen sollte, von der Fernando Álvarez am Tag ihres Kennenlernens gesprochen hatte. Bislang hatte er sich damit zufriedengegeben, dem »Alten Weisen« nahezu täglich Bericht über Leóns Bewegungen zu erstatten: seine nächtlichen Ausflüge zur Kathedrale, die genauen Uhrzeiten seiner Besuche in der Komturei San Juan de Acre und auch, wenn er einfach nur seinen Gedanken nachhing. Das Spionieren gab Cristóbal das Gefühl, nicht untätig dabei zuzusehen, wie das Leben an ihm vorüberzog, ohne dass er sich gegen sein schmähliches Schicksal als unbedeutender Angestellter auflehnte.
    León aufzulauern gab ihm die angenehme Illusion, selbst über sein Leben zu bestimmen. Doch mit der Zeit war die anfängliche Begeisterung der Gewohnheit gewichen. Er brauchte neue Herausforderungen. Er brauchte weitere Gründe, um seinen Hass zu nähren. Außerdem waren Leóns nächtliche Ausflüge und geheime Treffen in letzter Zeit so selten geworden, dass Cristóbal allmählich die Hoffnung verlor, diesem gottverfluchten Freund der Ungläubigen irgendwann die Maske vom Gesicht reißen zu können.
    »Ich wusste, dass wir gut daran tun, diesen Seeräuber zu beschatten«, begann Fernando Álvarez. »Seit seiner Ankunft aus Malta war uns klar, dass er Probleme machen würde …« Er schnaubte verächtlich. »Meine Kontaktperson hat mich informiert, dass sich der Pirat mit diesem Muselmanen getroffen hat, der zu Besuch in der Stadt weilt. Ich verstehe noch immer nicht, warum man ihm einen Empfang bereitet wie einem Pharao. Diese Dummköpfe! Sie begreifen nicht, dass diese gottlosen Heiden

Weitere Kostenlose Bücher