Der Turm von Zanid
Huldigung des Pandr von Jo’ol entgegen, dem fürwahr nichts anderes übrig blieb. Seither ist Jo’ol zwar dem Namen nach unabhängig geblieben, doch sein Pandr sucht jetzt bei Ghuur von Uriiq Schutz, statt wie ehedem bei unserer Regierung.«
»Hätten wir einen König, der bei klarem Verstand ist …«, spottete eine Stimme aus den hinteren Reihen, doch der Zwischenrufer wurde rasch zum Schweigen gebracht.
»Keine Respektlosigkeit gegenüber dem Königshaus!« mahnte Kordaq streng. »Auch ich bin mir der tragischen Indisposition seiner Hoheit bewusst, doch ist es die Monarchie als Institution – und nicht der Mann –, der wir Untertanentreue schulden. Um fortzufahren: Seit jener Zeit hat der mächtige Ghuur seine Macht wie eine Seuche ausgedehnt. Er hat Dhaukia und Suria unterworfen und sie seinem hemmungslos wucherndem Imperium einverleibt. Seine Kavallerie hat ihre siegreichen Waffen zu den steinigen Madhiq-Bergen getragen, in die Sümpfe des Khaast-Sees, ja selbst in die unbekannten Länder Ghobbejd und Yeramis -Regionen, die bis dahin für uns wenig mehr als Namen am Rande der Landkarte waren, bewohnt von Menschen ohne Kopf und von vielgestaltigen Ungeheuern.
Warum, so werdet ihr euch fragen, hat er nicht erst Balhib zu zerschmettern versucht, bevor er sein Banner in solch entlegene Gebiete sandte? Weil wir, mögen wir auch seit unseren glorreichsten Tagen degeneriert sein, immer noch eine kriegerische Rasse sind, geschmiedet wie Stahl zwischen dem Hammer der Jungava und dem Amboss der anderen Varasto-Nationen, welchen letzteren wir jahrhundertelang als Schild gegen die Einfälle des Steppenvolks dienten. Und obwohl Ghuur uns bei Tajrosh aufs Haupt schlug, wurde er selbst dabei so arg zerzaust, dass es ihm an der nötigen Kraft gebrach, über die Grenze nach Balhib selbst einzudringen.
Doch nun, da er viele Nationen vor seinen Kampfwagen gespannt hat, fühlt sich der Barbar endlich stark genug, sich erneut mit uns zu messen. Schon haben seine Heere das schwache Jo’ol überflutet, das widerstandslos die Waffen gestreckt hat. Stündlich kann uns die Nachricht erreichen, dass sie unsere Grenzen überschritten haben. Unsere Kundschafter melden, dass sie an Zahl den Sandkörnern gleichkommen, dass ihre Pfeile die Sonne verdunkeln und ihre Krieger die Flüsse leertrinken. Außer den gefürchteten berittenen Bogenschützen von Qaath führen sie Fußvolk aus Suria und Dragoner aus Dhaukia ins Feld, dazu Legionen von Langbogenschützen aus Madhiq und Krieger ferner phantastischer Stämme aus den Ländern des Sonnenuntergangs, von denen man unter den Varasto-Völkern nie zuvor gehört hat. Und Gerüchte wollen von neuartigen Kriegsinstrumenten wissen, wie man sie auf diesem Planeten noch nie gesehen hat.
Erzähle ich euch das alles, um euch in Angst und Schrecken zu versetzen? Mitnichten. Denn auch wir stehen nicht machtlos da. Ich brauche euch die einstigen Ruhmestaten der Waffen Balhibs nicht aufzuzählen.« (Kordaq leierte eine lange Liste von Ereignissen herunter, die zu erwähnen nicht nötig ist.)
»Doch neben unseren eigenen starken traditionellen Waffen haben wir etwas Neues. Sie ist eine Waffe von solch schrecklicher Gewalt, dass eine Herde wilder Bishtare ihr nicht standhalten könnte! Wenn alles gut geht, wird sie am Fünftag zu unserer Übung fertig sein, also in drei Tagen. Bereitet euch auf einen aufregenden Einsatz vor!
»Doch nun, meine braven Freunde, zu etwas anderem. Die Juru-Kompanie ist in Zanid für ihren Mangel an Uniformität bekannt – woran euch keine Schuld trifft. Durch die bunte Vielfalt eurer Formen vereitelt ihr den eigentlichen Zweck einer Uniform. Es muss jedoch irgendeine Maßnahme ergriffen werden, damit ihr euch nicht auf dem Feld der tobenden Schlacht wieder findet ohne ein Mittel, Freund von Feind zu unterscheiden, und vom Kampfesgetümmel verschluckt werdet oder von euren eigenen unwissenden Mitkämpfern in unverdiente Vergessenheit gefegt werdet, wie es Sir Zidzuresh in der Legende widerfuhr.
Ich habe zu diesem Zweck die Waffenkammer durchsucht und dabei diesen Haufen alter Helme entdeckt. Zwar ist nicht zu leugnen, dass sie arg zerfressen sind vom heimtückischen Dämon des Rostes, und dies trotz aller Anstrengungen unserer Waffenmeister, die sie abgeschleift und poliert haben, um die gröbsten Rostschäden zu tilgen – doch sind sie wenigstens alle vom gleichen Modell; und in Ermangelung anderer Unterscheidungsmittel müssen wir eben auf sie zurückgreifen. Sie
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