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Der Überraschungsmann

Titel: Der Überraschungsmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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geweint?
    Von unten hörte ich Gesang und Applaus.
    »Na ja, da lag so eine Scherbe von einer Bierflasche …«
    »Wieso warst du barfuß …?«
    »Ach, ist doch egal jetzt. Erzähl mir von Lisa!«
    Volker sah mir zum ersten Mal richtig ins Gesicht: »Die war der Wahnsinn! Wie fantastisch die vorbereitet war! Jede Silbe kam auf Abruf, alles auf Italienisch …«
    »Ja, ich weiß. Sie hat wirklich wie verrückt geübt.«
    »So ein strebsames, ehrgeiziges Geschöpf … Die alte Kammersängerin ist ganz begeistert!«
    »Ist die auch da?« Entsetzt fuhr ich hoch. Ich sollte meinen Gastgeberinnenpflichten nachkommen!
    »Alle sind da! Sogar ein Fernsehteam von den Seitenbli cken !«
    »Ach du Schreck! Dann kümmere dich um die Gäste, Volker! Ich komme hier allein zurecht!«
    Volker befestigte seinen Verband. »So! Das dürfte fürs Erste genügen.« Leicht angewidert warf er den abgerissenen Hemdsärmel von Trunkenpolz in den Treteimer unter dem Waschbecken, wusch sich dann die Hände und sagte: »Ich habe alles gefilmt. Wenn die Gäste weg sind, spiele ich es dir vor.«
    »Psst! Warte mal! Fanny brüllt.« Ich legte Volker meinen Zeigefinger auf die Lippen.
    Volker wandte fast schroff den Kopf ab: »Bitte nicht ins Gesicht! Wie oft soll ich das denn noch sagen?«
    »Entschuldige. Kann ich Fanny schnell raufholen?«
    Ich wollte mich aufrichten, doch Volker drückte mich wieder auf das Bett zurück.
    »Ich mach das schon! Wasch dir inzwischen die Hände, ja?«
    Während er davoneilte, ließ ich mich erschöpft auf den Rücken fallen und starrte an die Decke.
    Der Fuß pochte. Aber der Schmerz tat gut. Er übertönte etwas anderes, das ich nicht lokalisieren konnte.
    Spät in der Nacht hörte ich die Gäste wegfahren. Türen schlu gen zu, Abschieds- und Dankesfloskeln wurden noch im Davonfahren aus geöffneten Autofenstern gerufen. Die Scheinwerfer der ausparkenden Wagen glitten über meine Schlafzimmervorhänge und warfen bizarre Muster an die Wand.
    Fanny schlief in meinen Armen. Ich hatte mein Gesicht an ihrem Körper vergraben und war wohl zwischendurch eingenickt. Hatte ich etwa schon wieder geweint? Warum denn nur? Es war doch alles gut in meinem Leben, oder? Ich hatte es doch genau so gewollt! Doch Trunkenpolz’ Worte gingen mir nicht mehr aus dem Kopf. UNRUND . Woher wollte er das wissen?
    Irgendwann hörte ich Schritte auf der Treppe.
    Flüstern. Kichern.
    »Volker?«
    »Hallo, Barbara!« Leise öffnete sich die Schlafzimmertür, der Lichtstrahl vom Flur fiel herein wie ein ungebetener Gast. Ich musste die Augen schließen, so geblendet war ich. Leichtes Kopfweh hatte ich auch.
    Es war Lisa, die auf Zehenspitzen barfuß hereinhuschte. Ihr Profil wirkte sehr edel mit dieser kunstvollen Hochsteckfrisur, aus der sich einige goldene Strähnen gelöst hatten. Sie kringelten sich an ihrem schlanken Hals. Man hatte sie extra fürs Fernsehen professionell geschminkt und zurechtgemacht. Lisa trug nach wie vor ihr traumhaftes Abendkleid: einen Hauch cremefarbener Spitze. Das dazugehörige Tuch hatte ich vorsichtig zusammengefaltet. Es lag auf meinem Nachttisch.
    »Ach, hier ist mein Schal!« Lisa griff fast gierig nach dem Stück Stoff. »Ich hatte schon Angst, ich hätte ihn verloren.«
    Hinter ihr erschien mit geröteten Wangen und leicht zerzausten Haaren Volker. Er hatte eine Flasche Champagner und drei Gläser in den Händen. Er sah umwerfend gut aus in seinem Smokinghemd mit offenem Kragen. Offensichtlich war es eine gelungene Party gewesen.
    »Wie geht es dir? Wir machen uns Sorgen um dich!« Lisa setzte sich auf meine Bettkante und verströmte einen betörenden Duft. Sie strich Fanny über den Kopf. »Mute dir bitte nicht zu viel zu, Barbara!«
    »Es geht mir schon viel besser. Wenn man einen Arzt zum Mann hat …« Ich lächelte Volker an, der mir soeben ein Glas Champagner reichte.
    »Wir haben dir noch ein paar Schnittchen übrig gelassen, falls du Hunger hast.«
    »Psst! Sie schläft! Danke, ich habe keinen Hunger!«
    »Auf dich, Liebes!«
    »Auf DICH , Liebster!«
    »Auf euch!«, rief Lisa.
    »Wir sind so stolz auf dich!«, erwiderten wir im Chor.
    »Ich danke euch so sehr! Ohne euch hätte ich das nie geschafft. Das ist alles ein Wahnsinn!« Lisa ließ sich rückwärts auf unser Bett fallen. »Ich fass es nicht! Echt, Leute, ich kann es einfach nicht fassen!« Sie richtete sich wieder auf und begann zu schwärmen. »W eißt du, was die alte Kammersängerin gesagt hat, Barbara?«
    »Was?«
    »Dass ich einen

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