Der Unbesiegbare
wandten sich zu ihm um. Er hatte einen Menschenschädel in der Hand.
Sie fanden dann noch andere Knochen und sogar ein ganzes Skelett im Schutzanzug. Zwischen dem herabhängenden Unterkiefer und der oberen Zahnreihe klemmte noch das Mundstück des Sauerstoffapparates. Das Manometer war bei 46 Atmosphären stehengeblieben. Kniend drehte Jarg den Hahn der Flasche auf, und das Gas strömte zischend heraus. In der ideal trockenen Wüstenluft hatte sich an den Stahlteilen des Reduktors nicht ein bißchen Rost gebildet, so daß sich die Gewinde leicht schrauben ließen.
Der Aufzug war von innen zu bedienen, aber offensichtlich war das Netz ohne Strom, denn sie drückten vergebens auf die Knöpfe. Die vierzig Meter hohe Fahrstuhlkonstruktion zu ersteigen war recht schwierig, und Rohan schwankte, ob er nicht lieber ein paar Leute mit einer fliegenden Untertasse hinaufschicken solle, aber mittlerweilekletterten bereits zwei Techniker, durch ein Seil miteinander verbunden, nach oben. Die anderen beobachteten schweigend den Aufstieg.
Der »Kondor«, ein Raumkreuzer derselben Klasse wie der »Unbesiegbare«, hatte wenige Jahre früher die Werft verlassen; äußerlich waren die beiden Schiffe nicht zu unterscheiden. Die Männer schwiegen. Obgleich keiner es aussprach, hätte wohl jeder lieber die Trümmer von einer Havarie, ja selbst von einer Reaktorexplosion vorgefunden. Daß das Schiff so dastand, eingegraben in den Wüstensand und leblos auf die Seite geneigt, als hätte der Boden unter dem Druck der Heckstützen nachgegeben, mitten in einem Gewirr von Gegenständen und menschlichen Gebeinen, selbst aber scheinbar unberührt, erschütterte alle.
Die Kletterer hatten inzwischen den Einstieg erreicht, öffneten ihn mühelos und entschwanden den Blicken ihrer Gefährten. Sie blieben so lange fort, daß Rohan unruhig wurde, doch da ruckte der Fahrstuhl unverhofft einen Meter nach oben und landete wieder auf dem Sand. Zugleich tauchte im offenen Eingang die Gestalt eines Technikers auf; er winkte mit der Hand, sie könnten einsteigen.
Zu viert fuhren sie hinauf: Rohan, Ballmin, der Biologe Hagerup und Kralik, einer der Techniker. Gewohnheitsgemäß musterte Rohan den gewaltigen, gewölbten Schiffskörper, der hinter dem Aufzugsgeländer vorbeiglitt, und erstarrte zum ersten, aber nicht zum letzten Male an diesem Tag. Die Panzerplatten waren von einem erstaunlich harten Werkzeug angebohrt oder zerkratzt. Die Spuren waren nicht besonders tief, aber so dicht gesät, daß die ganze Außenhaut wie von Blatternarben bedeckt schien. Rohan packte Ballmin am Arm, doch der hatte die unerhörte Erscheinung schon bemerkt. Beide versuchten, die Kerben genau zu erkennen. Sie waren klein, wie mit einem spitzen Meißel geschlagen. Aber Rohan wußte, daß es keinen Meißelgab, der einer superharten Titan-Molybdän-Decke etwas hätte anhaben können. Das brachte nur eine chemische Ätzung fertig. Er gelangte jedoch nicht zu einem Ergebnis, denn der Aufzug beendete seine kurze Fahrt, und sie betraten die Schleusenkammer.
Das Schiffsinnere war erleuchtet. Die Techniker hatten bereits das preßluftbetriebene Notstromaggregat eingeschaltet. Der sehr feine, leichte Sand bildete nur an der Schwelle, wo der Wind ihn durch den Lukenspalt hereingeweht hatte, eine etwas dickere Schicht. In den Gängen lag gar keiner. Im dritten Stock fanden die Ankömmlinge saubere, adrette und hellerleuchtete Räumlichkeiten vor. Hier und da erblickten sie einen Gegenstand – eine Sauerstoffmaske, einen Plastteller, ein Buch oder einen Teil eines Schutzanzuges. Aber so war es eben nur im dritten Stock. Weiter unten, in den kartographischen Kajüten und in den Sternkajüten, in den Messen, den Mannschaftskabinen, den Radarräumen, im Hauptverteiler, auf den Deck- und Verbindungskorridoren herrschte ein unbegreifliches Durcheinander.
Noch schlimmer sah es in der Steuerzentrale aus. Dort gab es an Uhren und Bildschirmen wohl nicht eine einzige unversehrte Scheibe. Das Glas bestand aus einer splitterfreien Masse und war offenbar erstaunlich heftigen Stößen ausgesetzt gewesen, denn es bedeckte als silbriges Pulver Tische, Sessel, ja Leitungen und Steckdosen. Wie aus einem Sack geschüttete Grütze häuften sich in der Bibliothek nebenan Mikrofilme, zum Teil auseinandergerollt und in große, glatte Knäuel verschlungen, zerfetzte Bücher, zerbrochene Zirkel, Rechenschieber, Spektralbänder neben Stößen von Camerons Großen Sternkatalogen, über die sich jemand wohl
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