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Der Unbesiegbare

Der Unbesiegbare

Titel: Der Unbesiegbare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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besonders hergemacht hatte, denn die dicken, steifen Folioblätter waren in wilder Raserei, zugleich aber mit unfaßbarer Geduld bündelweise herausgerissen.
    Im Klubraum und im angrenzenden Vorführsaal waren die Gänge mit Kleiderhaufen und Lederstücken von den aufgeschlitzten Sesselbezügen versperrt. Mit einem Wort, es sah aus, als wäre, wie Bootsmann Terner sich ausdrückte, die Rakete von einer Herde wütender Paviane überfallen worden.
    Die Männer, denen es angesichts dieser Verwüstung geradezu die Sprache verschlug, gingen von Deck zu Deck. In der kleinen Navigationskajüte lag an der Wand zusammengekrümmt der verdorrte Leichnam eines Mannes in einer Leinenhose und einem fleckigen Hemd. Jetzt bedeckte ihn eine Zeltplane, die ihm der Techniker, der als erster in dem Raum gewesen war, übergeworfen hatte. Es war eigentlich eine Mumie mit brauner, an den Knochen angetrockneter Haut.
    Rohan war unter den letzten, die den »Kondor« verließen, ihn schwindelte. Ein körperliches Übelkeitsgefühl überkam ihn, und mit aller Willenskraft unterdrückte er die immer wiederkehrenden Anfälle. Ihm war, als hätte er einen fürchterlichen, unglaublichen Traum gehabt. Die Gesichter der Männer aber gaben ihm Gewißheit, daß alles, was er gesehen hatte, Wirklichkeit war.
    Sie übermittelten dem »Unbesiegbaren« kurze Funkberichte. Ein Teil des Kommandos blieb an Bord des »Kondors«, um einigermaßen Ordnung zu schaffen. Zuvor aber hatte Rohan alle Räume des Schiffes sorgfältig fotografieren und eine ausführliche Beschreibung des Zustandes anfertigen lassen, in dem sie das Schiff vorgefunden hatten.
    Mit Ballmin und Gaarb, einem der Biophysiker, fuhr er zurück. Lenker des Transporters war Jarg. Sein breites, sonst immer lächelndes Gesicht schien jetzt schmaler und finsterer. Die viele Tonnen schwere Maschine holperte, von Stößen geschüttelt, die man bei der üblichen, glatten Fahrweisedieses beherrschten Mannes nicht gewohnt war, über die Dünen und warf beiderseits hohe Sandfontänen auf. Ihnen voraus schob sich ein unbemannter Energoboter und schützte sie mit dem Kraftfeld. Sie schwiegen die ganze Zeit, jeder war mit den eigenen Gedanken beschäftigt.
    Rohan fürchtete sich fast vor der Begegnung mit dem Astrogator, weil er nicht wußte, was er ihm eigentlich sagen sollte. Eine der schrecklichsten, völlig zusammenhanglosen, ja irrsinnigen Entdeckungen hatte er für sich behalten. Im Badezimmer des achten Stocks hatte er Seifenstücke gefunden, die eindeutig Spuren menschlicher Zähne trugen. Aber dort konnte es noch keine Hungersnot gegeben haben. Die Lager waren von unangerührten Lebensmittelvorräten überfüllt. Sogar die Milch in den Kühlräumen war noch einwandfrei.
    Auf halbem Wege empfingen sie Funksignale von einem kleinen Fahrzeug mit Steuerautomat, das, eine Staubwand hinter sich, auf sie zurollte. Sie bremsten, die andere Maschine hielt ebenfalls an. Zwei Männer saßen darin: der nicht mehr ganz junge Techniker Magdow und der Neurophysiologe Sax. Rohan schaltete das Feld aus, und so konnten sie sich durch Rufe verständigen.
    Nach Rohans Aufbruch war im Hibernator des »Kondors« der eingefrorene Körper eines Menschen entdeckt worden. Dieser Mann konnte vielleicht wieder zum Leben erweckt werden. Sax brachte deshalb die erforderliche Apparatur vom »Unbesiegbaren«. Rohan entschloß sich, Sax zu folgen mit der Begründung, das Fahrzeug des Wissenschaftlers habe kein Schutzfeld. In Wahrheit aber war er froh, das Gespräch mit Horpach hinausschieben zu können. Sie wendeten an Ort und Stelle und jagten, Sand aufwirbelnd, zurück.
    Beim »Kondor« war reges Treiben. Noch immer wurden die unterschiedlichsten Dinge aus den Dünen zu Tage gefördert.Abseits lagen unter weißen Tüchern in einer Reihe die Leichen. Es waren inzwischen mehr als zwanzig geworden. Die Rampe funktionierte, sogar der Reaktor für Bodenbetrieb lieferte bereits Strom.
    Von weitem hatte man sie an der Staubwolke erkannt und ihnen den Durchgang in das Kraftfeld geöffnet. Ein Arzt, der kleine Dr. Nygren, war schon zur Stelle, aber ohne Assistenten wollte er den Mann aus dem Hibernator nicht untersuchen.
    Rohan machte von seinem Recht Gebrauch – er vertrat hier immerhin den Kommandanten – und ging mit den beiden Ärzten an Bord. Die zertrümmerten Apparaturen, die beim erstenmal die Tür des Hibernators versperrt hatten, waren beiseite geräumt worden. Die Zeiger standen auf siebzehn Grad unter Null. Die beiden

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