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Der unbeugsame Papagei

Der unbeugsame Papagei

Titel: Der unbeugsame Papagei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Kurkow
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rede aber nicht von Jedem“, unterbrach ihn der Volkskontrolleur. „Ich rede von der alten Frau, bei der wir die Hunde holen.“
    „Sie wird sich freuen, ja doch.“ Waplachow nickte wieder.
    „Dann los, such aus, was wir beide mitnehmen, und das Restliche geben wir ihr!“, befahl Dobrynin und ging hinaus ins große Zimmer.
    Im großen Zimmer setzte sich der Volkskontrolleur auf sein Bett, blickte auf die Eisblumen am Fenster und versank in Nachdenken.
    Verworrene Gedanken unterbrachen sich gegenseitig in seinem Kopf und führten sich überhaupt wie wilde Kinder auf, so, dass Dobrynin sie am liebsten angeschrien hätte, damit sie verstummten. Wieder stand ihm nun eine Reise bevor und wieder ging diese Reise ins Unbekannte. Was ließ er hier hinter sich zurück? Welchen Nutzen hatte es gebracht, dass er die Menge der abgegebenen Felle überprüft hatte, wenn diese Felle in ein fremdes Land davonzogen? Weshalb sollten Genosse Woltschanow und irgendwelche unbekannten Mitglieder des Politbüros wissen, was hier vor sich ging, während es dem Genossen Twerin unbekannt war? Warum hatte derselbe Woltschanow, der in seinem Wagen gekommen war, um ihn am Flugplatz zu verabschieden, ihm nichts von den japanischen Revolutionären gesagt? Die Fragen hagelten auf Dobrynin nieder, und die Gedanken, schien es, gehorchten nicht mehr und versuchten gar nicht erst, dem Volkskontrolleur zu helfen, sich in all dem zurechtzufinden. Da fiel ihm auch noch ganz unpassend sein vergangener Aufenthalt in Chulajba ein, und er dachte an den falschen Kommunisten Kriwizkij, den das nationale jakutische Gericht verurteilt hatte. Und wofür hatte man ihn verurteilt? Für das Verschwinden der Urku-Jemzen und dafür, dass er nachts den Japanern Felle übergeben hatte … Hatte er denn nicht selbst ebendiesen Japanern unzählige Zobel übergeben? Man hatte Kriwizkij am Ende doch nicht etwa umsonst geopfert? Aber was war mit den beiden toten Kontrolleuren, die auf ewig im milchigen Eis zurückgeblieben waren? ‚Nein‘, dachte Dobrynin. ‚Unschuldig ist Kriwizkij nicht gewesen …‘ Sogleich unterbrach jedoch ein anderer Gedanke den vorigen und wiederholte flüsternd: ‚Doch, das war er … und die Kontrolleure sind zufällig umgekommen!‘
    Da schüttelte der Volkskontrolleur den Kopf und vertrieb die ermüdenden Gedanken. Er stand vom Bett auf, nahm seinen Reisesack und ging hinaus.
    Er schaute in „Petrows“ Zimmer.
    „Was wühlst du da noch herum?“, fragte er müde seinen Gehilfen Waplachow.
    Der Urku-Jemze blickte hoch, er sah ratlos aus.
    „Das ist alles gut, das sollten wir lieber alles mitnehmen!“, sagte er.
    „Sei kein Kulak!“ Missbilligend wiegte Dobrynin den Kopf. „Alle Menschen sind Brüder, man muss teilen!“
    Innerlich stimmte er dabei dem Urku-Jemzen zu. Aber die Kränkung, die der russischen Nation zugefügt worden war wog stärker, und so hatte er fest beschlossen, dieser alten Frau so viel zu schenken, wie er nur konnte. Es sollte ihr im Gedächtnis bleiben, dass ein Russe ihr das alles geschenkt hatte.
    „Teil alles in zwei gleiche Hälften!“, befahl er dem Urku-Jemzen.
    Waplachow seufzte schwer.
    Kurz darauf waren zwei gleich schwere Militärtaschen mit Lebensmitteln bereit und fest verschnürt.
    „Also, gehen wir?“, fragte Dobrynin.
    Und Dobrynin warf sich eine der Militärtaschen zusammen mit seinem Reisesack über die Schulter.
    Die zweite ergriff der Urku-Jemze.
    Sie gingen hinaus in die Kälte.
    „Da … war doch noch eine Flasche Spiritus!“, sagte Waplachow plötzlich aufgeregt.
    „Ich habe sie mitgenommen, ich hab sie schon!“, beruhigte ihn der Volkskontrolleur.
    Frischer Schnee knirschte unter ihren Füßen. Er war nicht tief und sehr weich, so, dass die Füße sanft in ihm versanken, bis sie auf die feste Kruste aus altem Schnee stießen.
    „Ist es weit zu ihr?“, fragte Dobrynin, der hinter dem Urku-Jemzen ging.
    „Nein“, antwortete der, ohne sich umzudrehen. „Ihr Zelt steht gleich hinter der Stadt.“
    Sie gingen vielleicht eine Stunde. Als Erstes sahen sie die Hunde mit dem flauschigen Fell, die aufsprangen und mit den Schwänzen wedelten, dann erkannten sie auch das Zelt. Es war aus Rentierfellen genäht und deshalb aus der Ferne unsichtbar und verschmolz für das Auge mit dem Schnee.
    „Großartige Hunde!“, sagte Dobrynin vor sich hin. „Sie bellen nicht!“
    „Weshalb sollen sie auch bellen? Wenn sie die Schnauze aufmachen, wird es kalt im Maul!“, erklärte

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