Der ungezähmte Highlander
wieder lächeln kann, kann er mir nur gefährlich werden, wenn ich das will. Glaubst du etwa, dass meine Familie mich nicht darauf vorbereitet hat, wie ich mit Männern umzugehen habe?« Sie warf einen Blick in Richtung Liam. »Ist er ein schlechter Mann? Ein tückischer, herzloser Verführer unschuldiger Herzen?«
Bruder Matthew seufzte. »Nay, das glaube ich nicht.«
»Dann besteht doch kein Grund zur Sorge, oder? Wir sollten uns den Kopf lieber über all unsere anderen Sorgen zerbrechen. Sie sind viel wichtiger als die Frage, ob ich dem süßen Lächeln eines hübschen Jungen widerstehen kann oder nicht. Ich bin jetzt schon fast zwei Monate hier, Cousin. Von meinem Feind habe ich in dieser Zeit nichts gesehen, und deshalb denke ich, dass ich bald versuchen sollte, nach Donncoill zurückzukehren.«
»Ich weiß. Es wundert mich allerdings, dass keiner deiner Verwandten gekommen ist, um dich zu holen. Ist es nicht seltsam, dass sie sich nicht fragen, warum du dich so lange in einem Kloster aufhältst oder warum die Mönche es überhaupt zulassen?«
Keira unterdrückte ihr schlechtes Gewissen. Sie hatte ihn nämlich im Glauben gelassen, dass sie mit ihrer Familie in Verbindung stand. »Es ist doch nicht ungewöhnlich, dass Gäste – männliche oder weibliche – im Gästetrakt verweilen, und ich bezahlte auch gut dafür.«
Sie lächelte und tätschelte seinen Arm, als er verlegen errötete. »Das ist es mir wert. Ich musste mich verstecken und meine Wunden heilen lassen, und ich musste meinen Kummer und meine Angst überwinden. Vor allem aber musste ich sicher sein, dass wenn ich nach Hause ging, ich diesen mordlustigen Dreckskerl Rauf nicht direkt nach Donncoill führte.«
»Deine Familie würde dich doch beschützen, Keira. Sie würden es als ihre Pflicht und als ihr Recht erachten, und es wird sie nicht freuen, wenn du es ihnen verwehrst.«
Keira zuckte zusammen. »Ich weiß, aber lass das nur meine Sorge sein. Ich musste mir auch überlegen, was ich als Nächstes tun wollte. Duncan hat mir ein Versprechen abgenommen, und ich musste gut darüber nachdenken, wie ich es erfüllen kann und was es mich kosten wird.«
»Ich weiß, dass das nicht leicht sein wird. Rauf ist gerissen und verschlagen. Dennoch gelobtest du deinem Ehemann, dafür zu sorgen, dass seine Leute nicht unter Raufs Herrschaft litten, falls er die Schlacht in dieser Nacht verlor. Er verlor. Und er starb in dieser Nacht, also kommt dein Versprechen dem gleich, das du einem Mann auf dem Totenbett gabst. Du musst jetzt alles in deiner Macht Stehende tun, um es zu erfüllen.« Er küsste sie auf die Wange, dann schickte er sich an zu gehen. »Wir sehen uns morgen früh. Schlaf gut!«
»Du auch, Cousin.«
Als er gegangen war, seufzte Keira auf und setzte sich auf den kleinen Stuhl neben Liam Camerons Bett. Aus dem Mund ihres Cousins klang immer alles so einfach. Das Versprechen, das sie ihrem armen glücklosen Ehemann gegeben hatte, lastete schwer auf ihrer Seele. Und auch das Schicksal der Menschen von Ardgleann war ihr nicht gleichgültig. Duncan hatte sich immer um seine Leute gekümmert. Es bedrückte sie, wenn sie daran dachte, wie sehr sie jetzt unter Raufs Herrschaft leiden mussten. Sie betete jede Nacht für sie, aber das zerstreute ihre Schuldgefühle nicht, dass sie weggelaufen war. Auch wenn manches, worum Duncan sie gebeten hatte, nicht richtig gewesen war, konnten die Menschen von Ardgleann nicht mehr warten, bis sie endlich Richtig gegen Falsch abgewogen hatte. Es war Zeit zu handeln – allerhöchste Zeit!
Gedankenverloren wusch sie Liam mit einem weichen Tuch und kaltem Wasser. Er hatte zwar kein Fieber, aber er schien ruhiger zu werden. Der Mann war stark, er würde sich bestimmt bald erholen. Bis er alleine zurechtkommen konnte, sollte sie wissen, was wegen Ardgleann und Rauf zu tun war. Sobald sie herausgefunden hatte, warum Liam verletzt worden war, und sich sicher war, dass ihm kein Feind nachstellte, würde sie ihn der Pflege der Mönche überlassen und sich ihrem eigenen Schicksal stellen.
Als sie daran dachte, diesen Mann zu verlassen, verspürte sie einen schmerzhaften Stich. Beinahe hätte sie lachen müssen. Sir Liam war von Kopf bis Fuß mit Blutergüssen übersät und hatte in drei Tagen kaum drei Worte geredet. Wahrscheinlich fühlte sie sich ihm auf eine merkwürdige Weise verbunden, weil sie ihn gefunden hatte. In Wahrheit aber hatte sie eine seltsame Mischung aus Träumen und innerem Drang zu ihm geführt. Es
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