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Der unglueckliche Moerder - Roman - Ausgezeichnet mit dem Skandinavischen Krimipreis

Der unglueckliche Moerder - Roman - Ausgezeichnet mit dem Skandinavischen Krimipreis

Titel: Der unglueckliche Moerder - Roman - Ausgezeichnet mit dem Skandinavischen Krimipreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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lassen — was immer eine solche Formulierung bedeuten mochte. Der Junge war von einem unbekannten Fahrer getötet worden, der sich danach im Schutze von Regen und Dunkelheit vom Tatort davongemacht hatte; das war von Anfang an bekannt gewesen und war es auch nach vier Tagen noch.
    Am Montag ging er dann auch wieder zur Arbeit. Ihm erschien das als Erleichterung, aber auch als eine Art Eselsbrücke zurück in ein normaleres Leben. Wieder rollte das Leben in alten, vertrauten Gleisen dahin, vertraut und zugleich seltsam
fremd, und mehrmals ertappte er sich an diesem Tag bei der Überlegung, wie dünn sie eigentlich war, diese Haut zwischen Alltag und Erschrecken.
    Wie dünn und wie unerhört leicht zerreißbar. Die Haut.
    Nach Feierabend fuhr er zum Einkaufszentrum in Löhr und kaufte neue Schonbezüge für seinen Wagen. Fand sofort einen Farbton, der im Grunde mit der alten Sitzfarbe identisch war, und nachdem er später an diesem Abend in der Garage mit einiger Mühe die elastischen Bezüge angebracht hatte, hatte er das Gefühl, endlich in Sicherheit zu sein. Die Parenthese hatte sich geschlossen. Die Parenthese um gar nichts. Er hatte letzte Hand an die Sicherheitsstrategien gelegt, die er nach genauer Überlegung entworfen hatte. Alle Maßnahmen waren getroffen worden, alle Spuren verwischt, und mit leichtem Erstaunen ging ihm auf, dass seit dem Unfall noch keine Woche vergangen war.
    Und es gab keine Spuren. Rein gar nichts war aufgetaucht, das darauf hinweisen könnte, dass ihm irgendwann für diese schicksalhaften Sekunden am Donnerstagabend Rechenschaft abverlangt werden würde. Für diese entsetzlichen und zusehends unwirklicheren Sekunden, die hastig immer tiefer in die Dunkelheit des Vergangenen hineingewirbelt wurden.
    Er würde es schaffen. Er seufzte tief und wusste, dass er es schaffen würde.
    Es war zwar behauptet worden — in einigen Zeitungen und in den Fernsehsendungen, die er verfolgt hatte —, dass die Polizei gewisse Spuren verfolge, aber er wusste, dass das nur leere Worte und Phrasen waren. Ein unbeholfener Versuch, sich kenntnisreicher und kompetenter zu stellen, als man in Wirklichkeit war. Wie üblich.
    Nirgendwo war auch nur mit einem Wort ein roter Audi erwähnt worden, der mit brennenden Scheinwerfern in der Nähe des Unfallortes am Straßenrand gestanden hatte. Und das war seine größte Angst gewesen; vielleicht nicht, dass irgendwer sich Farbe oder Autotyp eingeprägt hatte — und die
Autonummer schon gar nicht —, sondern dass das Fahrzeug überhaupt gesehen worden war. Immerhin waren zwei Autos vorübergefahren, während er unten im Straßengraben stand . . . oder während er noch auf der Straße gewesen war? Er wusste es nicht mehr. Zwei Autos und ein Motorroller, nur daran konnte er sich noch erinnern. Der Fahrer des Wagens, der aus der Gegenrichtung gekommen war — aus Boorkheim oder Linzhuisen — konnte seinen Audi durchaus für ein ihm entgegenkommendes Auto gehalten haben, überlegte er, aber die beiden anderen, ja, die müssten eigentlich den Wagen gesehen haben, der mit brennenden Scheinwerfern am Straßenrand gestanden hatte.
    Oder konnte man so etwas vergessen? Gehörte das zu den Erinnerungsfetzen, die man nur für einige Sekunden oder eine halbe Minute behielt und dann für immer verlor? Schwer zu sagen, schwer zu wissen, aber zweifellos eine Frage, die ihn nachts um den Schlaf bringen würde. Diese möglichen, potenziellen Zeugenaussagen.
    Am Donnerstag — nach einigen Tagen des Schweigens in den Medien und eine Woche nach dem Unfall — kam ein Aufruf der Familie des Jungen, Mutter, Vater und eine jüngere Schwester. Sie tauchten im Fernsehen und im Radio auf und wurden in mehreren Zeitungen abgebildet, und sie baten ganz einfach den Täter, auf sein Gewissen zu hören und sich zu stellen.
    Seine Schuld einzugestehen und seine Strafe auf sich zu nehmen.
    Dieses Vorgehen, das war ja klar, war natürlich ein weiteres Indiz dafür, dass die Polizei noch immer im Dunkeln tappte. Keine Hinweise, keine Spuren. Als er die Mutter sah — eine dunkle, unerwartet gefasste Frau von Mitte vierzig —, die auf ihrem Sofa saß und sich direkt an ihn richtete, packte ihn zuerst eine plötzliche Angst, doch sowie die Mutter vom Bildschirm verschwunden war, gewann er sein Gleichgewicht wieder. Spürte und erkannte, dass er solchen Anfällen zwar ab und zu ausgesetzt sein würde, doch dass er immer genug Kraft finden
würde, um sich zusammenzureißen. Einen Weg aus der Schwäche

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