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Der Ungnädige

Der Ungnädige

Titel: Der Ungnädige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Casey
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ihn an. » Das entwickelt sich offenbar zu einem Albtraum-Fall, sonderlich beeindruckt scheinen Sie aber nicht zu sein. «
    » Was soll schon schiefgehen? Wenn ich den Fall löse, habe ich einen Doppelmord aufgeklärt. Wenn nicht… « Er zuckte die Schultern. » Es schert sich doch eh keiner um die Opfer. Niemand wird sich beschweren und einen besseren Schutz für Pädophile fordern. «
    » Wie zynisch. «
    » Eher realistisch. Aber machen Sie sich mal keine Sorgen, mein Herzblatt. Wir kriegen das zusammen hin. Und ich werde dafür sorgen, dass man Sie bei der Preisverleihung nicht vergisst. «
    Ich verkniff es mir, die Augen zu verdrehen. Na wunderbar. Noch so ein Herr Kollege, der mir von oben herab kommen wollte, nur weil ich eine Frau war. Herzblatt. Na schönen Dank auch.
    Derwent redete ungerührt weiter. » Laut dem Chef ist das ein wichtiger Fall und bedarf sensibler Behandlung. Deshalb hat er Sie angewiesen, mit mir daran zu arbeiten, was ja nicht ganz dumm ist. Das Letzte, was ich dabei brauchen kann, sind unsere Ermittler-Primaten, die in ihrer einmaligen Art von einem Fettnäpfchen ins andere latschen und sämtliche Familienangehörigen vor den Kopf stoßen. «
    » Ich werde mein Bestes tun, um das zu vermeiden « , sagte ich steif.
    » Darum geht’s ja gerade. Sie brauchen überhaupt nichts zu sagen. Sie halten sich im Hintergrund, machen einen hübschen Eindruck und überlassen mir die Arbeit. « Derwent blinzelte durch die Windschutzscheibe, und ich war froh, dass er mich nicht ansah, weil mein Gesichtsausdruck bestimmt mörderisch war. » Sollte eine ziemlich leichte Nummer für Sie sein. Kommen Sie mir einfach nicht in die Quere, schauen Sie zu und lernen Sie. «
    Meine Begeisterung für den neuen Fall und meinen neuen Kollegen ging augenblicklich den Bach runter.
    Und es sollte nur noch schlimmer kommen.
    Barry Palmer hatte in einem zweistöckigen, roten Ziegelhaus mit zwei Zimmern je Etage gelebt und sein Leben gelassen. Es befand sich am Ende einer langen Reihe identischer Häuser – es waren die letzten Überbleibsel einer viktorianischen Arbeitersiedlung, die den Bombenangriffen der deutschen Luftwaffe zum Opfer gefallen war. Derwent entdeckte ganz in der Nähe eine Parklücke, und ehe er den Motor abgestellt hatte, stieg ich schon aus – erleichtert über jede noch so kleine Pause von der Gegenwart meines neuen Kollegen. Unter dem Vorwand, die Gegend zu inspizieren, entfernte ich mich ein Stück und ließ meinen Blick schweifen. Zu beiden Seiten waren die Häuschen von Industrieanlagen und Hochhäusern mit Sozialwohnungen flankiert, die weit über ihre Dächer hinausragten. Palmers Haus befand sich an einer Straßenecke und Wand an Wand mit einer großen, lärmenden Kneipe von erlesener Scheußlichkeit, die den Namen » The Seven Bells « trug. Ich wagte es, meinen Kopf hineinzustecken, und fand einen alten, viktorianischen Pub vor, der im Laufe diverser, eindeutig schon eine ganze Weile zurückliegender Renovierungsarbeiten jeglichen Charme verloren hatte. Er bestach jetzt durch grelle Beleuchtung, schmuddeligen Fußbodenbelag und Kunstlederstühle. Musik dröhnte in ohrenbetäubender Lautstärke, und Reihen von Spielautomaten sonderten anstrengende Piep- und Klingeltöne ab, sobald die Gäste sie mit Münzen fütterten. Der Pub lag direkt an einer belebten Durchgangsstraße, durch die Busse und LKW s donnerten. Ein denkbar ungeeigneter Ort also, um Zeugen für einen Mord zu finden, falls denn überhaupt jemand gewillt war, uns dabei zu helfen, Palmers Mörder zu finden. Hier hatte unter Garantie kein Mensch etwas Ungewöhnliches gehört, selbst wenn Palmer geschrien hatte.
    Das Haus selbst war mit blau-weiß gestreiftem Polizei-Absperrband gesichert, das so um zwei Laternenpfähle gewickelt war, dass ein Rechteck entstand, welches nur mit polizeilicher Erlaubnis betreten werden durfte. Auf dem gegenüberliegenden Gehsteig stand eine Gruppe von Anwohnern und schaute herüber. Wie Trauernde sahen sie alle nicht aus.
    Ein in seiner Jacke mit Reflektorstreifen sehr eindrucksvoll wirkender uniformierter Polizeibeamter stand vor der Eingangstür. Er sah noch gelangweilter aus, als ich es überhaupt für möglich gehalten hätte. Um die Tür herum hatte man ein blaues Plastikzelt errichtet, um den Gaffern den Einblick zu erschweren, nur um die Fenster hatte sich noch keiner gekümmert. Sie waren grau vor Dreck, und dahinter konnte ich bräunliche Gardinen erkennen. Sie hatten ein eingewebtes

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