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Der Unheimliche Weg

Der Unheimliche Weg

Titel: Der Unheimliche Weg
Autoren: Agatha Christie
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husband is very well and, naturally, awaiting you with impatience.« Er lächelte vertraulich, ohne dass seine kalten farblosen Augen von diesem Lächeln zu wissen schienen.
    »Sie müssen große Sehnsucht nach ihm gehabt haben!«
    Sylvia wurde von einem momentanen Schwindelgefühl ergriffen – sie wankte.
    Peters streckte seinen Arm nach ihr aus und stützte sie.
    »Wahrscheinlich wissen Sie nicht, dass Mrs Betterton in Casablanca einen schweren Unfall hatte«, sagte er zu dem Gastgeber, »und die Reise eine große Anstrengung für sie war. Sie sollte sich in einem verdunkelten Zimmer etwas ausruhen, bevor sie ihren Mann aufsucht.«
    Sylvia hörte die besorgte Stimme, fühlte den stützenden Arm. Aber das Schwindelgefühl wollte nicht weichen. Sie war einer Ohnmacht nahe. Sollte sie nicht einfach umfallen? Dann würde man sie erst mal in Ruhe lassen – natürlich würde ihr besorgter Mann kommen, würde sich über sie beugen… und beim ersten Ton ihrer Stimme, beim ersten Blick auf sie, würde er trotz des verdunkelten Zimmers erkennen, dass sie nicht Olivia war.
    Ihre Energie kehrte zurück. Sie richtete sich auf, und das Blut kehrte in ihre blassen Wangen zurück. Wenn nun alles zu Ende war, so wollte sie wenigstens tapfer sein. Sie wollte zu Betterton gehen, und wenn er sie entlarvte, so würde sie es mit einer letzten Lüge versuchen und sagen: »Nein, ich bin nicht Ihre Frau. Ihre Frau ist leider tot. Ich habe sie im Krankenhaus gesehen, bevor sie starb. Ich versprach ihr, Ihnen ihren letzten Gruß zu überbringen. Sie sehen, ich wollte Ihnen nur helfen…«
    Aber war das nicht zu durchsichtig? Wie den falschen Pass, den gefälschten Kreditbrief erklären? Nun, auf jeden Fall konnte sie wenigstens den Versuch machen.
    Sie löste sich sanft aus Peters’ Arm und sagte:
    »O nein. Ich muss Tom sehen – und zwar gleich – bitte!«
    Der große Mann schien gerührt (obwohl seine kalten Augen sie nach wie vor aufmerksam beobachteten) und sagte:
    »Aber natürlich, Mrs Betterton. Ich verstehe Sie sehr gut. Ah, da ist übrigens Miss Jennson.«
    Ein mageres, bebrilltes Mädchen trat zu der Gruppe.
    »Miss Jennson, ich möchte Sie mit Mrs Betterton, Miss Needheim, Dr. Barron, Mr Andrew Peters, Dr. Ericsson bekannt machen. Tragen Sie sie bitte in das Register ein und lassen Sie eine Erfrischung kommen. Ich bin gleich wieder da. Ich will nur Mrs Betterton schnell zu ihrem Mann bringen.«
    Und an Sylvia wandte er sich mit den Worten:
    »Folgen Sie mir bitte, Mrs Betterton.«
    Er ging voran. Bei einer Biegung des Ganges drehte sie sich noch einmal um und sah die Augen Andy Peters’ voller Sorge auf sie gerichtet. Er sah unglücklich und gequält aus. Und sie dachte mit einem leichten Beben: »Vielleicht sehe ich ihn jetzt zum letzten Mal!«
    Sie hob die Hand und winkte ihm zu.
    »Kommen Sie«, sagte ihr Führer liebenswürdig. »Sie werden sich anfangs nur schwer in unserm Haus zurechtfinden, denn da sind so viele Gänge, und einer sieht aus wie der andere.«
    Ein Traum, ein Albdruck, dachte Sylvia, lange, lange weiße Gänge, in denen man sich verläuft…
    Dann sagte sie: »Ich habe nicht erwartet, dass hier – ein Krankenhaus ist.«
    »Aber nein, nein – wie sollten Sie.«
    Schien es ihr nur so, oder lag in seiner Stimme ein leicht sarkastischer Unterton?
    »Sie mussten, wie man zu sagen pflegt, im Dunkeln tappen. Mein Name ist übrigens Dr. Paul van Heidem.«
    Er verbeugte sich kurz.
    »Mir kommt alles so fremd vor und – etwas erschreckend – diese Aussätzigen…«
    »Natürlich, natürlich. So ganz unerwartet. Das erschreckt unsere Neulinge immer – aber mit der Zeit gewöhnt man sich daran… nun noch diese Treppe hier – gleich sind wir da…«
    Gleich – gleich – jede dieser Treppenstufen führt ins Verderben – und wieder die weißen Gänge – bis van Heidem endlich vor einer Tür stehen blieb. Er klopfte, wartete einen Augenblick und öffnete dann die Tür.
    »So, Betterton – da sind wir. Ihre Frau.«
    Er ging einen Schritt zur Seite. Sylvia trat ein. Kein Zögern jetzt! Kein feiger Rückzug! Kopf hoch! Hinein ins Verderben!
    Am Fenster stand, halb ins Zimmer gewandt, ein Mann. Ein überraschend gut aussehender übrigens, wie sie verblüfft feststellte. So hatte sie sich Thomas Betterton nicht vorgestellt! Vielleicht war das Foto, das man ihr gezeigt hatte, auch nur unvorteilhaft gewesen. Sie ging schnell auf ihn zu, dann drehte sie sich plötzlich um und sagte laut und enttäuscht:
    »Aber das
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