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Der Unheimliche Weg

Der Unheimliche Weg

Titel: Der Unheimliche Weg
Autoren: Agatha Christie
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ist ja nicht Tom – das ist ja gar nicht mein Mann…« Es war ein guter Schachzug, sie fühlte es genau. Sie sah van Heidem verwirrt an.
    Und dann lachte Tom Betterton ein heiteres, beinahe triumphierendes Lachen. »Ist es nicht tadellos gemacht, van Heidem«, fragte er, »wenn mich sogar die eigene Frau nicht erkennt?«
    Mit ein paar raschen Schritten war er bei ihr und schloss sie fest in die Arme.
    »Olivia, Liebling! Natürlich kennst du mich. Ich bin ganz gewiss dein Tom, wenn ich auch nicht mehr so aussehe wie früher.« Er legte sein Gesicht an das ihrige und drückte seine Lippen an ihr Ohr.
    Sie vernahm ein heiseres Flüstern: »Spiel weiter, um Gottes willen!«
    Er ließ sie einen Augenblick los und zog sie dann wieder an sich. »Liebling! Es scheinen mir Jahre, Jahre her zu sein, seit ich dich das letzte Mal gesehen habe. Aber nun bist du endlich da.«
    Sie fühlte einen warnenden Druck seiner Hand auf ihrer Schulter. Dann gab er sie frei, drehte sich sanft ein wenig hin und her und sah prüfend in ihr Gesicht.
    »Ich kann es immer noch nicht fassen«, sagte er mit glücklichem Lachen, »glaubst du nun endlich, dass ich’s wirklich bin?« Gleichzeitig tauchten seine Augen mit warnendem Blick in die ihrigen.
    Sie war vollständig verblüfft. Das kam ja einem Wunder gleich, wie sich diese Sache löste!
    Erleichtert spielte sie ihre Rolle weiter.
    »Tom!«, hauchte sie. »O Tom, was hat man denn mit dir gemacht?«
    »Eine Gesichtsplastik«, erklärte er hastig, »Hertz aus Wien ist hier. Er ist ein Genie. Behaupte also nicht, dass du dich nach meiner hässlichen alten Nase sehnst.«
    Er küsste sie leicht und wandte sich dann entschuldigend an den wartenden van Heidem.
    »Verzeihen Sie, van Heidem«, sagte er.
    »Aber gewiss, gewiss«, lächelte der Holländer nachsichtig.
    »Es ist so lange her, seit ich – «, sie schwankte ein wenig, »ach bitte, wenn ich mich einen Moment setzen könnte.«
    Schnell führte Thomas Betterton sie zu einem Sessel.
    »Das ist ganz natürlich, Liebling. Diese schreckliche Reise! Und diese unglückselige Flugzeuggeschichte.«
    (Man wusste hier also von dem Absturz!)
    »Ja, die ist mir schlecht bekommen«, sagte Sylvia entschuldigend, »ich vergesse seitdem so vieles und leide oft unter schrecklichen Kopfschmerzen. Und dann finde ich dich noch dazu mit total verändertem Aussehen wieder. Ich bin ganz verwirrt, Liebling. Du wirst deine Last haben mit mir.«
    »Du eine Last? Nie! Nimm nur nichts tragisch. Hier hat man reichlich Zeit, sich zu erholen.«
    Van Heidem wandte sich höflich zur Tür.
    »Ich will jetzt gehen«, sagte er, »später bringen Sie doch Ihre Frau ins Aufnahmezimmer, nicht wahr, Betterton? Jetzt haben Sie sicher den Wunsch, ein wenig ungestört zu sein.«
    Er ging hinaus und schloss die Tür hinter sich.
    Sofort warf sich Betterton auf die Knie und drückte sein Gesicht an ihre Schulter.
    »Liebling, Liebling!«, sagte er.
    Weder fühlte sie den warnenden Druck seiner Finger. Ein nur ihr vernehmbares, eindringliches Flüstern drang an ihr Ohr.
    »Spiel weiter – vielleicht ist ein Mikrofon hier – man weiß nie.«
    Das war’s – man wusste nie… Hier herrschten Furcht, Unsicherheit, Gefahr – überall Gefahr – die ganze Atmosphäre war erfüllt davon.
    »Es ist so wunderbar, dich hier zu haben«, sagte Tom laut.
    »Ach, Tom – es ist wie ein schöner Traum, hier mit dir zusammen zu sein – ich kann es kaum glauben.«
    Sie legte beide Hände auf seine Schultern und sah ihn lächelnd an. (Schließlich konnte es ebenso gut Zuschauer am Schlüsselloch geben wie Horcher am Mikrofon.) Sachlich und kühl prüfte sie sein Gesicht. Er war wirklich ein sehr gut aussehender Mann, aber offensichtlich von lähmender Angst beherrscht und am Rande seiner Nervenkraft – ein Mensch, der voller Hoffnungen hierhergekommen war und nun… aber sie hatte jetzt vor allem ihre Rolle als Olivia Betterton zu spielen.
    »Mir kommt es wie ein Menschenalter vor, seit wir zusammen in Fairbanks waren«, sagte sie, »erinnerst du dich an die brave Whiskers – sie bekam Junge, gerade als du weggegangen warst…«
    »Ich habe mit meinem früheren Leben Schluss gemacht und ein neues angefangen.«
    »Und bist du glücklich in diesem neuen Leben?«
    »Es ist ein herrliches Leben« – aus einem freundlich lächelnden Gesicht starrten sie angstvolle, gehetzte Augen an –, »wir leben hier unter den angenehmsten Bedingungen. Und diese fabelhafte Organisation – unglaublich.«
    »Oh,
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