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Der Unheimliche Weg

Der Unheimliche Weg

Titel: Der Unheimliche Weg
Autoren: Agatha Christie
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Hier erhielten sie ihre europäische Kleidung zurück.
    Früh am nächsten Morgen wurde Sylvia von Mrs Baker geweckt.
    »Die Fahrt geht weiter«, sagte sie, »das Flugzeug wartet schon.«
    »Das Flugzeug?«
    »Ja doch, wir reisen jetzt wieder auf zivilisierte Weise.«
    In einer Stunde hatten sie den Flugplatz erreicht, der aussah wie eine ehemalige Militäranlage. Der Pilot war Franzose. Sie flogen einige Stunden über die Berge hinweg und dann, früh am Nachmittag, ging das Flugzeug langsam runter.
    Obwohl es eine wilde Berggegend zu sein schien, vermochte die Maschine doch auf einem flachen Platz zu landen. Es war ein richtiger Flugplatz mit einem Gebäude. Die Landung ging ohne Störung vor sich. Mrs Baker führte sie in das Haus, neben dem zwei große Limousinen mit ihren Fahrern warteten. Es schien ein Privatflugplatz zu sein, denn außer ihnen war niemand zu sehen.
    »Nun sind wir am Ziel unserer Reise«, sagte Mrs Baker heiter. »Wir werden uns jetzt frischmachen und umziehen. Und dann steigen wir in die Autos.«
    »Wir sind am Ziel unserer Reise?«, fragte Sylvia erstaunt. »Aber wir haben doch noch gar nicht das Meer überflogen?«
    »Haben Sie das denn erwartet?«, fragte Mrs Baker amüsiert.
    »Aber ja«, stammelte Sylvia, »ich dachte…«
    Mrs Baker nickte.
    »Ja, das denken die meisten. Man redet viel Unsinn über den Eisernen Vorhang. Aber dass es überall einen Eisernen Vorhang geben kann, das vergessen die Leute.«
    Sie wurden von zwei arabischen Dienerinnen empfangen. Nachdem sie sich gewaschen und umgezogen hatten, setzten sie sich zu einem Kaffee mit belegten Brötchen und Gebäck nieder. Als sie fertig waren, sah Mrs Baker auf ihre Uhr.
    »Und nun, liebe Leute, lebt wohl«, sagte sie, »hier werde ich mich von euch verabschieden.«
    »Gehen Sie denn nach Marokko zurück?«, fragte Sylvia überrascht.
    »Besser nicht. Ich bin doch im Flugzeug verbrannt. Nein, ich werde einen anderen Weg einschlagen.«
    »Aber irgendjemand könnte Sie wiedererkennen«, gab Sylvia zu bedenken, »irgendjemand, der Sie in Casablanca oder Fes gesehen hat.«
    »Das wäre dann eine leicht erklärliche Verwechslung«, entgegnete Mrs Baker. »Ich habe jetzt einen anderen Pass, und eine Schwester von mir, eine Mrs Calvin Baker, ist verunglückt. Wir sehen uns sehr ähnlich, meine Schwester und ich.«
    Sie lachte.
    Da sie mit Sylvia etwas abseits von den anderen stand, fragte diese:
    »Wer sind Sie nun eigentlich?«
    »Warum wollen Sie das wissen?«
    »Ich möchte es einfach gern wissen. Wir sind doch so lange zusammen gewesen, ohne dass ich das Mindeste über Sie erfahren habe.«
    »Sie wollen offenbar jeden, dem Sie begegnen, auf Herz und Nieren prüfen, meine Liebe«, sagte Mrs Baker. »Ich gebe Ihnen den guten Rat, sich das abzugewöhnen.«
    »Ich weiß nicht einmal, aus welchem Teil der Vereinigten Staaten Sie kommen«, beharrte Sylvia.
    »Das ist auch ganz unwichtig. Ich bin fertig mit meinem Vaterland und kann aus gewissen Gründen nie mehr dorthin zurück. Und wenn ich ihm einen Schaden zufügen könnte, würde ich es mit Freuden tun.«
    Ihre sonst so gleichgültigen Züge wurden einen Augenblick durch wilden Hass entstellt.
    Dann sagte sie in ihrer freundlichen, unpersönlichen Art:
    »Leben Sie wohl, Mrs Betterton. Ich hoffe, dass Sie Ihren Mann gesund wiederfinden werden.«
    Hilflos entgegnete Sylvia: »Ich weiß nicht einmal, in welchem Teil der Welt ich mich befinde.«
    »Das kann ich Ihnen gern sagen. Jetzt besteht kein Grund mehr, es geheim zu halten. Sie befinden sich an einem abgelegenen Ort im Atlasgebirge.«
    Damit ging Mrs Baker, um sich von den übrigen zu verabschieden. Sie winkte noch einmal zurück und begab sich zu dem wartenden Flugzeug.
    Sylvia fröstelte: Hier verlor man nun die letzte Verbindung zur anderen Welt. Neben ihr stand Peters. Er schien ihre Gedanken zu erraten.
    »Der Ort, von dem man nie zurückkehrt«, sagte er leise.
    Und Dr. Barron fügte hinzu:
    »Haben Sie noch immer Mut, Madame, oder würden Sie lieber mit Ihrer amerikanischen Freundin in die Welt zurückkehren, die Sie verlassen haben?«
    »Könnte ich das denn überhaupt, selbst wenn ich es wollte?«, fragte Sylvia.
    Der Franzose zuckte die Achseln.
    »Schwer zu sagen.«
    »Soll ich Mrs Baker zurückrufen?«, fragte Peters schnell.
    »Auf gar keinen Fall«, sagte sie heftig.
    Und Miss Needheim bemerkte vorwurfsvoll:
    »Hier ist kein Platz für schwächliche und verzagte Weiber.«
    »Sie ist nicht schwach«, korrigierte Dr.
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