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Der unmoegliche Mensch

Der unmoegliche Mensch

Titel: Der unmoegliche Mensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. G. Ballard
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teil, um sich mit den umfangreichen neueren Arbeiten vertraut zu machen, die in den vorangegangenen dreißig Jahren herausgekommen waren. Sam Banbury war Kellner im Hotel ›Swan‹.
     Marion zog zu ihren Eltern, und die Wohnung der Falkmans, die sie einige Jahre vorher bezogen hatten, nachdem sie das Haus verkauft hatten, wurde an andere Leute vermietet. Falkman, dessen Ansprüche im Laufe der Jahre einfacher geworden waren, mietete sich ein Zimmer in einer Pension für junge Herren, aber er und Marion trafen sich jeden Abend. Er wurde immer ruheloser und war sich halb bewußt, daß sein Leben auf einen unausweichlichen Brennpunkt zutrieb. Oft dachte er daran, seine Arbeit aufzugeben.
     Marion machte ihm Vorwürfe. »Aber du wirst alles verlieren, wofür du gearbeitet hast, Jamie. All die Jahre.«
     Falkman zuckte die Achseln und kaute an einem Grashalm, während sie in einer ihrer Mittagsstunden im Park lagen. Marion war jetzt Verkäuferin in einem Kaufhaus.
     »Vielleicht, aber ich lasse mich nicht gern zurücksetzen. Sogar Montefiore geht weg. Sein Großvater ist eben zum Vorsitzenden ernannt worden.« Er rollte sich auf den Rücken und legte seinen Kopf in ihren Schoß. »Es ist so langweilig in dem stickigen Büro mit all den frommen alten Männern. Es befriedigt mich nicht mehr.«
     Marion lächelte liebevoll über seine Unbefangenheit und seine Begeisterung. Falkman sah jetzt besser aus als je zuvor, sein sonnengebräuntes Gesicht war fast ohne Furchen.
     »Es war wundervoll mit dir, Marion«, sagte er ihr an dem Abend ihres dreißigjährigen Jubiläums. »Welch ein Glück, daß wir nie Kinder hatten. Ist dir klar, daß manche Leute sogar drei oder vier haben? Es ist absolut tragisch.«
     »Wir kommen schließlich alle dahin, Jamie«, erinnerte sie ihn. »Manche Leute sagen, es sei etwas sehr Schönes und Erhebendes, ein Kind zu haben.«
     Den ganzen Abend wanderten er und Marion miteinander in der Stadt umher, und Falkmans Sehnsucht nach ihr wurde immer stärker, je mehr ihre Sprödigkeit zunahm. Seit sie zu ihren Eltern zurückgezogen war, war Marion beinahe zu schüchtern, ihm die Hand zu geben.
     Dann verlor er sie.
     Als sie über den Markt in der Stadtmitte gingen, gesellten sich zwei von Marions Freundinnen, Elizabeth und Evelyn Jeremyn, zu ihnen.
     »Dort ist Sam Banbury«, rief Evelyn, als ein Feuerwerkskörper vor einer Bude auf der anderen Seite losknatterte. »Spielt verrückt, wie gewöhnlich.« Sie und ihre Schwester glucksten mißbilligend. Sie hatten einen schmalen Mund in einem ernsten Gesicht und trugen bis zum Hals zugeknöpfte dunkle Sergemäntel.
     Durch Sam abgelenkt, entfernte sich Falkman einige Schritte von ihnen und entdeckte plötzlich, daß die drei Mädchen davongegangen waren. Er schob sich durch die Menge und versuchte sie einzuholen. Er sah noch kurz Marions rotes Haar aufblitzen.
     Er bahnte sich seinen Weg durch die Stände, rannte fast einen Karren mit Gemüse um und rief Sam Banbury:
     »Sam! Hast du Marion gesehen?«
     Banbury steckte seine Knallfrösche in die Tasche und half ihm bei der Suche im Gedränge. Eine Stunde suchten sie. Am Ende gab Sam auf und ging heim. Falkman blieb auf dem kopfsteingepflasterten Marktplatz unter den trüben Lampen, bis der Markt geschlossen wurde, und wanderte noch zwischen Flitterwerk und Abfällen umher, als die Standinhaber schon ihre Sachen einpackten.
     »Verzeihen Sie, haben Sie hier ein Mädchen gesehen? Ein rothaariges Mädchen?«
     »Bitte, sie war heute nachmittag hier.«
     »Ein Mädchen…«
     »… hieß…«
     Erschrocken stellte er fest, daß er ihren Namen vergessen hatte.

    Kurz danach gab Falkman seine Stellung auf und zog zu seinen Eltern. Ihr kleines Backsteinhaus stand auf der anderen Seite der Stadt; zwischen den vielen Schornsteinköpfen hindurch konnte er manchmal in der Ferne die Hänge von Mortmere Park sehen. In seinem Leben begann nun eine weniger sorglose Phase, da er den größten Teil seiner Energie dafür verbrauchte, seiner Mutter zu helfen und auf seine Schwester Betty aufzupassen. Im Vergleich zu seinem eigenen Haus war das Haus seiner Eltern trist und ungemütlich, ganz und gar anders als alles, was Falkman bis dahin gekannt hatte. Sie waren zwar freundliche und anständige Leute, aber ihr Leben ließ sich am besten mit Mangel an Erfolg und Bildung umschreiben. Sie interessierten sich nicht für Musik oder Theater, und Falkman merkte, wie sein Geist stumpfer und gröber wurde.
     Sein

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