Der unsichtbare Killer
Ruhe ein Sonnenöl mit hohem Lichtschutzfaktor auf die Haut geschmiert, bis sie glitschig war und glänzte, eine Darbietung, als wäre sie irgendein Zone-Babe an einem schlüpfrigen Drehort. Paresh stand währenddessen ebenfalls vor der Koje und zog seine cremefarbene TE-Uniform an. Er musste hart kämpfen, sie nicht ständig anzustarren. Die wenigen Male, als sich ihre Blicke begegnet waren, hatte sie ihn auf eine neutrale Weise angelächelt, als ob sie von dem Testosteronsturm, den sie entfachte, nichts bemerkte.
Das Gleichgewicht hatte sich jetzt verlagert. Er war jetzt derjenige, der sich unsicher fühlte, der seine Würde riskieren würde, um sie zu kriegen. Den sie leichter kontrollieren konnte.
»Und auch schmerzhaft«, sagte sie. »Die Ringe sind der Grund, warum St Libra niemals Comm-Satelliten haben kann, genauso wenig wie irgendwelche anderen. Man mag zwar die Sterne durch sie hindurch funkeln sehen können, aber sie sind praktisch fest. Kein Satellit würde intakt hindurchkommen.«
»Wir haben E-Rays«, sagte Paresh. »Sie werden für unsere Kommunikation draußen im Dschungel sorgen. Es wird nicht schlimmer werden als das, wofür wir ausgebildet worden sind.«
»Doch, das wird es«, spottete sie.
»Komm schon, hab ein bisschen Vertrauen. Du hast gesehen, dass wir ein zäher Haufen sind und uns sehr gut um uns und das, was wir vorhaben, kümmern können.«
»Das hoffe ich.«
Auch hier führte eine Gitterrampe – ein Spiegelbild derjenigen, die sich auf der Newcastle-Seite befand – vom Gateway herunter. Unten schwang sich ein Halbkreis aus Büros mit verspiegelten Fenstern und dunklen Werkstatt-Gebäuden nach rechts; Firmennamen prangten in großen, leuchtenden Buchstaben prahlerisch auf ihren Dächern und Wänden; das umgebende Gelände verlor sich unter großen Asphaltflächen, auf denen Hunderte von Autos und Pick-ups ohne jede Ordnung parkten. Linkerhand der Rampe befanden sich Lagerund Abfertigungshallen, die weit größer waren als die von Last Mile und in denen die Importe nach St Libra abgewickelt wurden. Dicht bei der Rampe lag ein Busbahnhof, aber die Bussteige waren allesamt leer. In den letzten paar Wochen war die Zahl der Emigranten nach St Libra auf ein paar hundert Leute pro Tag gesunken, die gesammelt durchgescheucht wurden, wenn die HDA das Gateway gerade nicht benutzte. Angela konnte im Augenblick draußen überhaupt keinen Menschen sehen.
Ans Ende der Rampe schloss sich ein breiter Asphaltstreifen an, von dem aus Zufahrten zu verschiedenen Gebäuden in der Nähe führten. Direkt voraus befand sich eine dreispurige Fahrbahn mit einem riesigen Schild daneben: Willkommen auf Autobahn A. Sie führte geradewegs vom Gateway weg und hinaus in das wenig ansehnliche, die Landschaft dominierende Bioil-Gewerbegebiet, wo sich riesige, in Planen gehüllte Tankfarmen bis zum Horizont über den unbearbeiteten rostroten Boden erstreckten. Zwischen den Tanks befanden sich Wälder aus ausgeklügelten Raffinerie-Säulen, die in einem Gewirr aus Röhren und Leitungen hausten und aus denen Dampf strömte, dessen Schwaden sich schon bald in der heißen, wolkenlosen Atmosphäre auflösten. Der Boden selbst war kaum zu sehen, sondern wurde meistens von einem Schlangennest aus dicken Rohren verdeckt, die die plumpen Zylinder der Turbinenpumpen miteinander verbanden. Das Ganze wurde durch schlichte Dächer aus gewelltem Verbundwerkstoff vor den Elementen geschützt.
»Hat es sich sehr verändert?«, fragte Paresh.
»Nicht besonders. Die Gebäude sind größer, und es gibt sehr viel mehr Tanks, aber ansonsten ist noch alles wie früher.«
»Und wo ist die Stadt?«
»Highcastle? Ich habe keine Ahnung, aber ich glaube, sie ist zehn Meilen von hier entfernt. Ich war noch nie dort. Nach allem, was man hört, muss sie ein ziemliches Kaff sein. Eine typische Firmenstadt.«
»Vielleicht ist diese Stadt auch gewachsen. Hat sich verbessert.«
Angela musterte das grobe gewerbliche Panorama, das sich in all seiner funktionalen Hässlichkeit präsentierte. »Irgendwie bezweifle ich das.«
Der Konvoi wurde schneller und jagte über die Autobahn A. Während der Fahrt wurde die Lüftung immer lauter, da die Klimaanlage versuchte, mit dem plötzlichen Ansturm von St Libras feucht-heißer Atmosphäre klarzukommen. Die Luft im Minibus wurde kalt und klamm, und es roch ganz leicht nach Bioil. Alle paar hundert Meter zweigten zu beiden Seiten schmale Fahrspuren ab, die durch Hinweisschilder mit rätselhaften
Weitere Kostenlose Bücher