Der unsichtbare Killer
Einstellung des Verkehrs durch das Gateway in Newcastle.
Amateurastronom Rozak Ueu, ein Einwohner von Highcastle, veröffentlicht Bilder von Sirius zwei Minuten nach Sonnenaufgang. Anormale Sonnenfleckenaktivität sichtbar.
Northumberland Interstellar veröffentlicht Bestätigung, dass weiterhin konstant Bioil aus St Libra fließen wird.
Stadtrat von Highcastle erklärt, dass er sich bemüht, die Berichte über Sonnenflecken offiziell zu bestätigen.
HDA-Hauptquartier in Brüssel streitet ab, dass die Aktivität der Sonnenflecken mit einem Zanthschwarm zusammenhängt.
Bei dieser Nachricht klopfte Sid das Herz bis zum Hals.
Jacinta rief an, als er durch die Tür von Office3 ging. »Bei uns ist gerade eine bedeutende Krise angekündigt worden«, sagte sie. »Wir sind auf Bereitschaft und erwarten einen Zwischenfall mit vielen Verletzten. Was ist los?«
»Ich weiß es nicht genau. Hat etwas mit den Sonnenflecken auf St Libra zu tun.«
»Sid, was sind Sonnenflecken?«
»Keine Ahnung. Schau, Schatz, wir haben gerade selbst erst Code-Blau bekommen. Ich werde anrufen, sobald wir etwas Richtiges erfahren.«
»Was ist mit den Kindern? Soll ich sie aus der Schule abholen?«
Sid schaute auf seine Zeitanzeige: 10:47. »Noch nicht. Schau, ich werde es als Erster wissen, wenn etwas Großes bevorsteht. Vermute ich zumindest. Ich werde dich sofort anrufen.«
»Was ist los?«, wollte Ian wissen, sobald das blaue Siegel um die Tür herum ansprang.
»Das weiß niemand«, sagte Ari. Er deutete auf die Wandbildschirme. Reannha nutzte das Netz, um die Nachrichtenseiten mit einem KI-Filter zu durchkämmen. Studios und Reporter zuckten in stroboskopischer Geschwindigkeit über den Bildschirm. Ein Bild stand still.
»Da«, schrie Abner.
Sid starrte auf den Bildschirm. Es war TyneScan-5, ein regionales Nachrichtenbüro, das sich normalerweise mit Wirtschaft und Finanzen in Nordostengland befasste. Ihre elegant gekleidete Reporterin stand auf dem Kingsway an der Last Mile, ihren Rücken dem Gateway zugewandt. Die Straße neben ihr war mit stehendem Verkehr verstopft. Leute stiegen aus ihren Fahrzeugen, um sich aneinanderzudrängen und mit leisen, aufgeregten Stimmen zu unterhalten. Auswanderer, die zu Fuß unterwegs waren, zögerten, anstatt eifrig weiterzugehen, wie sie es normalerweise taten, wenn sie auf ihre persönliche Vision eines Utopia zumarschierten. Es war, als könnten sie weiter vorne irgendeinen Sturm sehen, der der Kamera von TyneScan verborgen blieb.
»Schalten wir doch den Ton an«, schlug Ian vor.
»… der Ausbruch der Sonnenfleckenaktivität bleibt unbestätigt, weil es im Sirius-System keine im All stationierten Instrumente gibt«, sagte die Reporterin.
»Sonnenflecken?«, fragte Eva ungläubig. »Das alles wegen Sonnenflecken?«
Sid befahl seiner E-I, eine Zusammenfassung über Sonnenflecken aufzurufen.
»Vor dreiundzwanzig Minuten war Sonnenaufgang in Highcastle«, fuhr die Reporterin fort. »Daher erwarten wir im Lauf der nächsten Stunden eine Bestätigung. Die städtischen Behörden bitten alle Amateurastronomen, sich mit ihnen in Verbindung zu setzen.«
»Was zum Teufel geht dort drüben vor?«, fragte Sid.
Der Morgen schickte sich an, wunderschön zu werden. Der neblige Glanz der Ringe, die den Nachthimmel mit ihrem flüchtigen Silberschimmer beherrschten, verblasste ehrerbietig vor dem blau-weißen Licht des Sirius, sobald es über den Rand des Riesenplaneten glitt. Scharfe, einfarbige Splitter wuchteten sich durch die schwüle Luft in den Tälern, um sich über den Dschungel zu ergießen; sie funkelten auf den Wipfeln der riesigen Metacoyas, Bullpeitschen und Fraßhalme, die sich aus der zerknitterten blass-blaugrünen Landschaft hinaufschraubten. Blätter der kleineren Bäume und Ranken glitzerten und funkelten, als die Reste des nächtlichen Regens schäumten und einen zarten Nebel aushauchten, der dem Licht die Wucht nahm, während es sich über die Ebenen ergoss und Wukang mit einem warmen goldenen Farbton überschwemmte. Auf Bergbächen bildeten sich schaudernde platinfarbene Kreise, die sich in Wasserfällen hinab in die Seen und Ströme schlängelten, die das Land trockenlegten.
Am Rande von Wukangs großem Kantinenzelt saß Vance Elston – unrasiert, die Haut um die Augen rot gefleckt vom Schlafmangel – und starrte der Großartigkeit eines andersweltlichen Sonnenaufgangs entgegen. Den Folkling-Karabiner wiegte er auf dem Schoß, eine Hand lag trügerisch locker auf dem Schaft.
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