Der unsichtbare Killer
Iris. Es war das Bodymesh von Esther Coombes, das nach Hilfe rief. Ihre Smartcells zur medizinischen Überwachung zeichneten ein katastrophales Herzversagen und Schäden im Brustgewebe auf, ihr Blutdruck war auf null gesunken und ihre Gehirnaktivität nahm rapide ab. Sie wurde am Rande des Lagers geortet, ein paar hundert Meter von den mobilen Biolabs entfernt.
»Botin«, befahl Vance seiner E-I. »Lieutenant, initiieren Sie Sicherheitsprotokoll rot-eins im Lager. Wir haben einen Eindringling. Die ganze Mannschaft sichert das Gelände.«
»Sir! Aktivierung jetzt«, antwortete der Lieutenant.
»Alle Unbeteiligten sollen in ihren Zelten bleiben. Gehen Sie von einer feindlichen Handlung aus. Suchen und festsetzen. Alle Mittel sind autorisiert.«
Vance öffnete den Waffenschrank an der Wand über seinem Schreibtisch und holte den Folkling-Karabiner heraus. Er prüfte die Sicherung, klinkte das Magazin ein, stopfte sich zwei weitere in die Tasche und lief dann zur Tür.
Der Regen war dicht und warm und schränkte die Sicht auf ein paar Meter ein. Überall im Lager waren Lichter angegangen. Weiße Flecken, die sich in der schmutzigen Nacht verloren. Vance trabte auf Coombes zu, sein Bodymesh gab dabei Pings zur Identifizierung ab, falls er auf einen Trupp nervöser Legionäre stoßen sollte.
Dann fiel das Netzwerk des Lagers aus. Er war sich nicht ganz sicher, weil er immer noch schlitternd und rutschend durch den Schlamm rannte, aber etliche Lichter schienen zur gleichen Zeit zu verlöschen. »Teufelswerk«, knurrte er. Sein Bodymesh war stark genug, eine Direktverbindung zu Botin aufzubauen. »Wir müssen unser Netzwerk wieder in Gang bringen – ohne stehen wir völlig offen da. Lassen Sie Wardele, und wen er sonst noch braucht, von Ihren Leuten zur Qwik-Kabine eskortieren.«
»Ja, Sir.«
Obwohl das warme Wasser seine Kleider tränkte, spürte Vance, wie ihm ein Schauer über den Rücken lief. Vor einer Minute war ich noch in der Qwik-Kabine. Das Netzwerk des Lagers hing natürlich nicht nur von einer Zelle ab und hätte trotzdem weiterlaufen sollen; aber Wukang war klein, eine Menge Traffic lief über den großen Prozessor in der Qwik-Kabine. Sie war der naheliegende Ort für eine Sabotage.
Er sah die Lichtkegel von Taschenlampen durch die triefnasse Dunkelheit vor sich zucken und änderte seine Laufrichtung dorthin. Seine E-I schickte einen Ping und fand Justic und Kowalski, die sich mit Montoto aus dem Team der Xenobiologen und Mark Chitty, dem Sanitäter, zusammendrängten. Die Daten aus Coombes Bodymesh lieferten die schlechten Nachrichten, noch während Vance seinen Lauf bremste. Die Legionäre und Montoto standen über ihr und richteten das Licht ihrer Taschenlampen nach unten, damit der kniende Chitty arbeiten konnte. Aber Chitty lehnte sich zurück und sank betroffen in sich zusammen.
Vance blickte auf Coombes hinab, die Zähne vor Angst und Wut zusammengebissen. Es war eindeutig, dass jegliche Wiederbelebungsmethode sinnlos war, die Chitty mit seiner Einsatzausrüstung voller schlauer medizinischer Geräte auffahren konnte. Das sauber durchtrennte Fleisch über ihrem Herzen, wo fünf Klingen in den Brustkorb eingedrungen waren, ließ daran keinen Zweifel.
Dienstag, 19. März 2143
Eva fror das Bild von Adrian 2North im Immersionstheater ein, als er die Lobby seines Wohngebäudes an der Quayside betrat. Draußen schneite es. Er bestieg ein Taxi, das sich sofort vom Gebäude entfernte; seine Räder mühten sich um Halt auf dem zusammengepressten Eis, das die Pflastersteine der privaten Wendeschleife vor der Eingangstür bedeckte.
Die Simulation hatte Adrian von dem Augenblick an verfolgt, als er in jener Nacht um halb elf durch das Gateway getreten war, sich ein Taxi genommen und sich damit auf eine quälend langsame Reise durch eine Stadt im Griff des Winters voller glatter Straßen begeben hatte, bis er zu Hause abgeliefert worden war. Es gab keinen Zweifel, keinen Austausch, keinen Taxi-Wechsel. Dies war die tatsächliche digitale und visuelle Spur, die er in den Netzwerken und Meshes der Stadt hinterlassen hatte.
»Zeit: 23:09 Uhr«, sagte Eva. »Das ist vermutlich ziemlich spät für den Mord.«
»Möglich«, stimmte Sid zu. Er stand im Kontrollraum des Kinos, blickte hinaus auf die düstere Szenerie der Januarnacht und erinnerte sich daran, wie kalt es unten am Tyne gewesen war, als er und Ian sich um den Zwei-Null-Fünfer gekümmert hatten. Ein schneller Blick auf Adrian Norths Gesicht sagte
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