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Der unsichtbare Killer

Der unsichtbare Killer

Titel: Der unsichtbare Killer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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das Netz des Konvois zerstört, so wie damals im Lager. Jetzt wusste niemand, wo er war oder was vor sich ging. Aber die Schüsse würden sie warnen.
    »Finde ein Bodymesh«, brüllte er seiner E-I zu. »Verbinde dich damit.«
    »Drei aufgespürt«, erwiderte die E-I mit ärgerlich gelassener Stimme. Identitäts-Icons tauchten in seinem Koordinatennetz auf. »Welches möchtest du?«
    »Das stärkste Signal«, sagte Ravi. Auf diese Weise würde der Kontakt am längsten halten.
    Er rannte weiter und wusste dabei nur zu gut, dass die Fahrzeuge des Konvois sich hinter ihm befanden und er allein draußen auf dem Fluss war, in dem erbärmlichen Dämmerlicht, dem klebrigen Nebel und dem alle Geräusche dämpfenden Schnee. Und irgendwo da vorn war ein kilometertiefer Absprung ins Vergessen. Er versuchte sich zu orientieren – der Schlitten hatte sich an der Stelle des Fahrzeugrings befunden, die dem westlichen Ufer am nächsten war. Theoretisch bedeutete dies, dass er auf die Bäume zulief.
    »Was ist los?«, fragte Raddon. »Wir haben Schüsse gehört.«
    »Das waren meine«, sagte Ravi. »Das Monster ist hier. Es hat sich Bastian geschnappt. Ich bin außerhalb des Fahrzeug-Rings. Ich weiß nicht, wo es ist.«
    »In Ordnung. Bleib stehen. Wir werden dich finden.«
    Ravi sah sich wild um. Er wollte nicht stehenbleiben, er wollte weglaufen. Aber er wusste, dass das dumm war. Also hörte er auf zu rennen und hockte sich hin, wandte den Blick in die Richtung, aus der er gerade gekommen war. Oder was er für die Richtung hielt, aus der er gerade gekommen war.
    Es gab keine sichtbaren Hinweise. Nebel und Schnee begrenzten sein eiskaltes Universum auf ein paar Meter. Er zielte mit dem Karabiner in die Richtung, aus der das ihn verfolgende Monster kommen müsste.
    »Ich weiß nicht, wo ich bin«, sagte er, ohne sich daran zu stören, dass er mitleiderregend klang.
    »Ravi, hier ist Colonel Elston; Raddon hat den Link weitergeleitet. Du musst ruhig bleiben. Wir können deine Position triangulieren.«
    »Ja, Sir.«
    Ravi bewegte die Mündung des Karabiners von einer Seite zur anderen, ahmte damit die fernbedienbaren MGs auf den Fahrzeugen nach. Dann hob er langsam die Hand und zog die Schutzbrille ein Stück herunter. Eisige Luft brannte auf der entblößten Haut, und er blinzelte die Tränenflüssigkeit weg, die ihm in die Augen trat. Seine Iris-Smartcells wechselten auf Infrarot. Das Miasma aus Schnee verwandelte sich zu Grün und Blau. Er strengte sich an, beobachtete und wartete.
    Da! Direkt an der Grenze der Rasterung war ein pinkfarbener Schimmer zu sehen – ein Hinweis auf eine höhere Temperatur.
    »Ist irgendwer von euch in der Nähe?«, flüsterte er mit fast geschlossenem Mund.
    »Wir haben gerade den Ring der Fahrzeuge verlassen«, antwortete Raddon.
    »Es ist hier. Ich werde schießen.« Er drückte den Auslöser mit seinem behandschuhten Finger. Sein gesamtes Blickfeld barst in versengende orangefarbene Blitze. Ein äußerst seltsames Geräusch mischte sich in das Dröhnen des Karabiners, ein lautes, durchdringendes Jaulen. Querschläger. Ein paar Kugeln waren von einer festen Oberfläche abgeprallt.
    Ravie stand auf und blinzelte in das wirbelnde Schneetreiben. Er hatte etwas getroffen.
    Das Monster sprang mit einem Satz auf ihn zu. Scharlachrotes Sonnenlicht flackerte in der trüben aquamarinblauen Düsternis auf – mit den Umrissen eines Mannes. Tödliche Klingen zuckten schnell durch die Luft. Ravi sprang gewandt zur Seite – eine Folge von ein paar zu vielen Kneipenschlägereien, mit denen er sich damals in den glorreichen Tagen von R & R in Vegas so viel Ärger eingehandelt hatte. Er trat auf das Monster zu, setzte den Lauf seines Karabiners als Knüppel ein, den er dem Monster in die Seite knallte. Kaum hatte er getroffen, feuerte er erneut, schickte drei Kugeln in die verformbare Steinhaut. Es zeigte sich keine Wirkung. Das Monster parierte seinerseits, wirbelte den Arm herum wie einen Duelldegen, während die Kugeln auf es einschlugen. Die Klingen gruben sich tief in den Gewehrlauf, der Karabiner hatte einen Rohrkrepierer. Die Explosion riss Ravi die Waffe aus der Hand, brach ihm die Finger, als würden seine Knochen aus Eis bestehen. Der Arm des Monsters wich ebenfalls zurück, als Ravi nach hinten taumelte und vor Schmerz aufheulte.
    Es gab jetzt keine Strategie mehr, keine wohldurchdachten Schläge und Gegenschläge. Ravi fand sein Gleichgewicht wieder und rannte los. Das Monster war der Tod.

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