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Der unsichtbare Mond

Der unsichtbare Mond

Titel: Der unsichtbare Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Owen
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Gesichtsausdruck nicht deuten, doch nach wenigen Sekunden beugte er sich vor und küsste sie noch einmal. »Ich schätze mich glücklich, dich als meine Tochter in mein Haus aufzunehmen«, sagte er bewegt. Seine Augen füllten sich erneut mit Tränen. »Und vielleicht können wir gemeinsam die Erinnerung daran in Ehren halten, was Shingos Mutter gewesen ist und nicht, was sie…«
    Er hörte auf zu sprechen und schluchzte leise. Sie hielt ihn im Arm und ließ ihn weinen.
    So saßen sie lange Zeit da.
     

     
    »Ich glaube, ich weiß, was mit all den Leuten passiert, Reedy.« Herold wühlte aufgeregt in einigen Papieren, die auf einem der Tische verteilt lagen, als Tetsuo und Meredith wieder aus der Bibliothek herauskamen. Alle anderen waren nach Hause gegangen. Glen und Delna beschäftigten sich mit einem Lebensmittellager-Projekt, da sie davon ausgingen, dass sich die gegenwärtige Situation in nächster Zeit nicht ändern werde. Mr. Janes, der in gewaschenem Zustand seinem alten Ich schon viel ähnlicher sah, saß mit einer Tasse Kakao am Feuer. Tetsuo ging hinaus, um mit Glen zu sprechen, während Meredith einen Stuhl heranzog und sich zu Herold setzte.
    »Was glaubst du?«
    »Also, es ist so – man kann die verschwundenen Leute im Wesentlichen in vier Gruppen einteilen. Erstens diejenigen, die einfach abgehauen sind. Das sind nicht viele: Manche sind mit Booten gefahren, andere einfach zu Fuß losgegangen. Die zweite Gruppe umfasst Leute, von denen wir sicher wissen, dass sie von Autos oder anderen Tieren gefressen wurden…«
    »So wie die Band.«
    »Ja. Und alle, die so dumm waren, ihre Häuser durch die Garage zu verlassen. Zur dritten Gruppe gehören Leute, die einfach verschwunden sind. Ich glaube, ich weiß, was mit ihnen passiert sein könnte. Eigentlich glaube ich gar nicht, dass sie verschwunden sind. Ich denke, sie befinden sich immer noch hier, in Silvertown.«
    »Du machst Witze.«
    »Ganz und gar nicht. Wenn du einen Spaziergang machen möchtest, dann zeige ich es dir.«
     

     
    Delna schnalzte mit der Zunge angesichts der Dummheit, bei Anbruch der Nacht in die Kälte hinauszugehen. Herold und Meredith bekamen von ihr gefütterte Parkas und Handschuhe. »Also, ihr Süßen, seid vorsichtig da draußen«, sagte sie besorgt. »Schließlich habt ihr kein dickes Fell wie Glen dort drüben.«
    »Vielleicht ändert sich das noch, was, Liebling?«, warf Glen ein.
    »Oh, richtig«, sagte Delna. »Mein Fehler. Nun, vielleicht lasst ihr euch noch ein Fell wachsen, so wie Glen und ich.«
    Herold betrachtete sie genauer und blinzelte. »Ihr habt euch dieses Fell also nicht mit einem Mal wachsen lassen?«
    Delna kicherte. »Oh, nein, du dummer Junge«, erwiderte sie, ging zu ihrem Mann hinüber und legte einen Arm um ihn. »Es hat hunderte und aberhunderte von Jahren gedauert.«
    »Hmm«, brummte Herold. »Trotzdem vielen Dank – für die Parkas meine ich.«
    Draußen fragte Meredith ihn, worauf seine Frage an die Beecrofts abgezielt hatte.
    »Also«, begann er, »das passt zu meiner Theorie über den Verbleib der Leute. Es ist mir aufgefallen, nachdem ich das Fell gesehen hatte, das dem Bibliothekar gewachsen war. Ich meine, er hat vorher nie Fell besessen, oder?«
    »So weit ich weiß nicht.«
    »Nun gut – aber dann wuchs ihm eines, und zwar ziemlich schnell. Und Glen und Delna…«
    »Ich erinnere mich, dass du mich schon einmal gefragt hast, ob mir etwas Seltsames an ihnen aufgefallen sei. Ich bin immer noch nicht sicher, ob ich sehe, was du siehst. Andererseits glaube ich auch nicht, dass meine Haare in der letzten Woche schon so grau gewesen sind wie jetzt.«
    »Sie waren es nicht. Du warst eine dunkle Brünette.«
    »Wirklich?«
    »Sicher. Und überleg mal, hast du Glen jemals zuvor den ganzen Weg zum Hafen zurücklegen sehen, ohne dass er auch nur den Boden berührt hätte?«
    »Oh, das ist, ich meine… Äh, weißt du, ich habe einfach angenommen, dass er sich schon immer durch die Bäume geschwungen hat.«
    »Nein, hat er nicht. Und seit wann trägt Delna einen Bart?«
    »Ich verstehe, was du meinst. Also gut – wenn Veränderungen stattfinden, fallen uns vielleicht nicht alle davon auf.
    Willst du damit sagen, dass wir die verschwundenen Leute einfach nur nicht sehen können?«
    »Ja. Nein. Vielleicht. Ich bin mir nicht sicher, Reedy.« Er nahm ihre Hand und führte sie zu einer Lücke in der Umzäunung am Südrand der Stadt.
    »Ich war in der Bibliothek und habe mich über Transformationsmythen

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