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Der unsichtbare Mond

Der unsichtbare Mond

Titel: Der unsichtbare Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Owen
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nichts. Er glaubt, dass ich immer noch jung bin – normalerweise gebe ich vor, erst einige hundert Jahre alt zu sein.«
    Tetsuo saß immer starrer da. Er schien wachsamer zu werden. Er blickte sich um und machte dann eine Geste in den Raum hinein. »Die Kinder? Die, die du zur Dekoration benutzt hast? Sind sie… sind sie hier?«
    »Ja.«
    Er blickte sich nervös um. Die merkwürdigen Winkel und lastenden Tiefen verstreuter Schatten nahmen eine neue, furchtbare Bedeutung an.
    »Kann ich sie mir ansehen?«
    »Sicher.«
    Meredith zündete die Öllaterne in der Ecke an und hob sie in die Höhe.
    Tetsuo schrie.
     

     
    Auf dem ganzen Weg zum Soame’s sprach Tetsuo kein einziges Wort. Mit einem Blick teilte Meredith Glen und Delna mit, dass es etwas Ernstes war, und er wahrscheinlich zu allererst etwas Ruhe brauchte. Glen zog die Edelstahl-Kaffeekanne aus den Kohlen, wo der Kaffee vor sich hin brodelte, und brachte Tetsuo gemeinsam mit Delna zurück in seine privaten Räume.
    Meredith ließ sich erschöpft auf einen Stuhl in der Nähe des Feuers fallen und wickelte sich aus ihren Sachen. Eine Bewegung in einer Ecke machte sie darauf aufmerksam, dass sie nicht allein war. Es war Mr. Janes, ihr ehemaliger Chefredakteur. Meredith ging vorsichtig auf ihn zu.
    Er blickte auf, als sie in das Licht trat, das seinen Tisch beleuchtete. »Mr. Janes? Darf ich mich setzen?«
    Er blinzelte sie einen Augenblick lang an, dann verzog sich sein Gesicht zu einem Lächeln. »Meredith«, sagte er. »Ja, ja, setz dich, setz dich.« Er erhob sich und zog einen Stuhl für sie heran, auf dem sie Platz nahm.
    »Wie geht es Ihnen?«
    »Mmm, gut«, sagte er. »Ich bin der Chef. Das kann keiner abstreiten.«
    »Das tue ich nicht. Sie sind der Chef.«
    »Ahh«, sagte er traurig. »Ich bin nicht der Chef. Ich bin verloren, wie dieser Idiot, Van Hassel. Weißt du – VanHasselSieIdiot.«
    Meredith unterdrückte ein Lachen. »Herold.«
    »Ja, der Wirre Harold. VanHasselSieIdiot. Er weiß. Er wusste. Er sollte der Chef sein.«
    »Was meinen Sie damit?«
    Als Erwiderung breitete er die Hände aus und wies auf den Haufen Bücher und Papiere, die auf dem Tisch verstreut lagen. Es handelte sich um die Bücher und Artikel, die sie zusammengestellt hatten, um Nachforschungen für Herolds Story anzustellen – Merediths und Herolds Story. Und über Tetsuos Befürchtungen hinsichtlich der Ragnarök. Anscheinend hatte Mr. Janes eine Möglichkeit gefunden sich zu beschäftigen (ohne jemandem die Haut abzuziehen) und hatte getan, was ein Journalist tut – nach einer Story gesucht.
    Er ließ seine Augen über Merediths Gesicht wandern, während sie seinen Lektürestapel durchsah, und nickte anerkennend. »Ja«, sagte er, »du siehst sie, Meredith Strugatski. Du siehst die Geschichte.«
    »Ich sehe sie, Mr. Janes. Leider haben wir aufgehört, danach zu suchen, als die Dinge kompliziert wurden, und jetzt scheint es, als könne man nichts mehr machen.«
    »Nein!«, sagte er aufgeregt. »Es ist noch Zeit! Es ist noch Zeit! Der Herold hat es herausgefunden! Es ist noch Zeit, bestreite es nicht!«
    »Herold? Was denn? Was hat er herausgefunden?«
    »Das hier.« Er griff in einen kleinen Pappkarton, den Meredith noch nie gesehen hatte und reichte ihr ehrfürchtig einige Bögen: Notenblätter, ohne Titel, keine Randbemerkungen oder sonst irgendetwas, das darauf hätte schließen lassen, um welche Musik es sich handelte. Nur Noten und Notationen – und da Meredith leider über keinerlei musikalische Begabung verfügte, konnte sie nichts damit anfangen.
    »Es tut mir Leid«, sagte sie und gab ihm den schmalen Stapel zurück. »Ich verstehe das nicht.«
    Er lächelte und in seine Augen kehrte ein wenig vom Leuchten des alten Chefredakteurs zurück. Er hielt ihr das Papier unter die Nase. »Was siehst du, Meredith?«
    »Noten – aber ich kann sie nicht lesen.«
    Er nickte, als habe er diese Antwort erwartet. Dann mischte er die Bögen durch und hielt sie ihr erneut hin. »Was siehst du jetzt?«
    »Ich verstehe nicht…«
    Er schob das Papier näher heran und deutete mit dem Finger darauf. »Du siehst es! Das kannst du nicht abstreiten.«
    »Was meinen Sie, soll ich sehen? Es sind immer noch Noten, die gleichen wie vorher.«
    »Ja!«, rief er triumphierend aus. »Das ist es! Die Noten!«
    Er fuhr mit seiner Erklärung fort. »Es gibt Autoren, die brillanter sind als wir, Meredith. Sie schreiben die Worte und zeichnen die Bilder«, – an dieser Stelle wies er auf Tetsuos

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