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Der unsichtbare Mond

Der unsichtbare Mond

Titel: Der unsichtbare Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Owen
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die an dem rosafarbenen Marmorkamin in einem riesigen Kessel rührte. »Wir rechnen damit, dass sie uns für sechs Monate Eintopf liefern werden, wenn wir noch mehr davon fangen können.«
    Erst da bemerkte Meredith die zahlreichen grauen und braunen Pelze, die von dem Gerüst unter Tetsuos Gemälde hingen. Sie waren sehr groß und einer oder zwei davon schienen merkwürdig geformte Füße zu besitzen – längliche Zehen, haarlos, beinahe wie…
    »Wisst ihr, Herold hat die Theorie aufgestellt, dass die Wölfe in Wirklichkeit verwandelte Stadtbewohner sind.«
    »Tatsächlich?«, sagte Delna. »Es ist also möglich, dass einige der Wölfe, die wir in den Eintopf getan haben, in Wirklichkeit…«
    »Das könnten einige eurer Kunden gewesen sein.«
    »Das ändert alles«, sagte Glen. »Wir werden von dem Eintopf jetzt nichts mehr essen können. Verdammt!«
    »Ach, Liebling«, sagte Delna. »Können wir das nicht irgendwie beheben?«
    »Beheben?«, fragte Meredith ungläubig. »Wie wollt ihr das beheben? Sie sind bereits tot.«
    »Also, daran besteht kein Zweifel«, sagte Glen. »Einige von ihnen haben sich auch ziemlich zur Wehr gesetzt. Delna hat sogar ein Ohr verloren.«
    »Wirklich?«
    »Schnapp!«, machte Delna fröhlich. »Aber es wird nachwachsen. Das tut es immer.«
    »Siehst du«, fuhr Glen fort, »wenn es Menschen gewesen sind, dann verändert das die ganze Mischung. Wolfseintopf ist gut und herzhaft, aber er ist scharf. Weißt du, da muss eine Menge Ingwer und Knoblauch rein. Menschen dagegen – das sind im Grunde Primaten und aus Primaten kann man einfach ohne Muskat keinen anständigen Eintopf machen.«
    »Das geht einfach nicht«, stimmte Delna zu.
    »Habt ihr Muskat da?«
    »Klar haben wir das«, sagte Glen. »Jedenfalls sollte es genug sein, um den Eintopf zu retten.«
    »Gut«, sagte Delna. »Auf diese Weise verschwenden wir nichts.«
    Meredith nickte. Das konnte sie nachvollziehen.
     

     
    Nachdem sie Meredith mit Kaffee abgefüllt und ihre wenigen Schrammen verbunden hatten (die Glen hilfsbereit sauber leckte), erzählten sie ihr, dass Tetsuo vor kurzem auf der Suche nach ihr vorbeigeschaut habe. Da es bereits nach Mitternacht war, nahmen sie an, sie sei nach Hause gegangen oder bei Shingo. Allerdings hatte Tetsuo sie merkwürdig angesehen, erklärte Glen, als sie seinen Sohn erwähnten. Dann war er ohne ein weiteres Wort gegangen.
    Meredith wickelte sich den Schal fester um den Hals und machte sich mit knirschenden Schritten auf den Weg nach Hause. Wegen der Greife, die sich aus ihren Garagen geschlichen hatten und mitten auf der Straße ein Moped hin und her schubsten, nahm sie einen Umweg.
    Das Moped war klein, hatte rötliches Fell und gab leise wimmernde Laute von sich, wenn die riesigen Tiere nach ihm schlugen. Um genau zu sein, boten sich ihm eine Menge Fluchtwege vor den größeren Wesen, die bequem und langsam waren, doch es war einfach zu verängstigt, um zu beschleunigen und seinen Vorteil auszunutzen.
    Wäre es wärmer gewesen, dann wäre Meredith noch geblieben, um zuzusehen, wie sie es erledigten – in Oxford hatte sie ein Moped besessen, und, verdammt, wie hatte sie das Mistding gehasst!
     

     
    Alle Lampen, die Meredith im Haus hatte brennen lassen, waren erloschen – sie war länger fort gewesen als beabsichtigt. Im schwachen Licht ihrer kleinen Handlaterne konnte sie sehen, dass jemand auf ihrer Veranda gewesen war und sich vor dem Hineingehen die Stiefel abgetreten hatte. Ein gewissenhafter Besucher. Merediths Herz schlug schneller, als sie begriff, dass es Shingo sein könnte. Nach der ganzen Aufregung des Abends hatte sie vergessen, dass er möglicherweise immer noch nichts von dem Tod seiner Mutter wusste. Meredith öffnete rasch die Tür, trat ein und versuchte, in dem schwachen Licht etwas zu erkennen.
    Vor ihr, im Eingangszimmer des Hauses, sah sie eine Silhouette, die dunkler war als die Schatten. Auch vor Shingos kürzlichem Wachstumsschub wäre die Gestalt kleiner gewesen als er. Meredith näherte sich ihr und beschloss sie anzusprechen. »Hallo? Kann ich Ihnen helfen?«
    Eine ihr wohl bekannte Stimme antwortete. Sie sprach sehr ruhig und seltsam abwesend.
    »Ich bin gekommen, um mit dir über Shingo zu reden. Ich wusste, du würdest genauso besorgt sein wie ich, also habe ich mich nach dem Begräbnis auf die Suche nach ihm gemacht. Ich befürchtete, so wie viele von uns dieser Tage, dass er getötet worden war, oder dass er sich verwandelt haben könnte. Ich habe

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