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Der unsichtbare Mond

Der unsichtbare Mond

Titel: Der unsichtbare Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Owen
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die ganze Stadt nach ihm abgesucht, aber ohne Erfolg. Erst nachdem ich mit dir gesprochen hatte, dachte ich daran, noch einmal nach ihm zu suchen – ich dachte, er hätte Silvertown vielleicht verlassen. Als ich mich auf dem Weg nach Brendan’s Ferry befand, fiel mir ein, dass er noch zu einem ganz anderen Ort gegangen sein könnte. Damit lag ich richtig – ich hab ihn weinend an der Stelle gefunden, wo seine Mutter gestorben ist. Er hatte sich verändert, so wie ich befürchtet hatte, obwohl ich nicht ganz sicher war, auf welche Weise. Er schien größer zu sein, und irgendwie habe ich den Eindruck, als hätte er früher nicht so viele Gliedmaßen besessen. Nichtsdestotrotz war er mein Sohn und er trauerte auf seine Weise um seine Mutter. In der Nacht vor ihrem Tod kam Shingo zu uns, ganz aufgeregt über etwas, das er in der Bibliothek gefunden hatte. Du erinnerst dich sicher – etwas von den Stapeln aussortierter Bücher, die noch nicht katalogisiert waren. Er wollte dir sofort davon erzählen, und obwohl er uns den Grund nicht verraten wollte, erklärte er, dass es ihm die Möglichkeit gab, um deine Hand anzuhalten. Dann ging er. Aus irgendeinem Grund erfüllte Fujiko seine Ankündigung, dich heiraten zu wollen mit Schmerz; ich kann nicht sagen warum. Ich weiß, dass sie dich geliebt hat wie ihre eigene Tochter. Ich bat sie, mit mir darüber zu sprechen, aber sie wollte nicht. Frustriert ging ich zur Kuppel, um zu malen, und blieb die ganze Nacht dort. Du weißt, was danach passiert ist, heute Morgen. Ich glaube, sie ist in den Wald gegangen, um Seppuku zu begehen, darum hat sie das Kurzschwert mitgenommen. Warum sie die lange Klinge zurückließ, weiß ich nicht. Beide werden traditionellerweise benutzt, um…«
    Er hielt inne, die Stimme versagte ihm.
    »Vielleicht ist das der Grund, warum sie sich nicht selbst umgebracht hat, sondern lediglich dasaß und die Kälte das ihre tun ließ. Sie hatte nur ein Schwert und keinen zweiten Schwertmann, der den Akt zu Ende führte. Als Shingo meine Anwesenheit bemerkte, blickte er mir nicht in die Augen, sondern flüsterte nur einige kurze Worte. Dann stand er auf und lief durch die Bäume davon.«
    »Was hat er gesagt, Ted?«
    »Er sagte: ›Du hast Schuld an ihrem Tod.‹ Mein Sohn macht mich für den Tod seiner Mutter verantwortlich und ich fürchte, ich kann nicht behaupten, dass er sich irrt. Da ich mir keinen Rat mehr wusste, bin ich hierher gekommen, um dir von diesen Dingen zu erzählen. Und als ich feststellte, dass du nicht zu Hause warst, habe ich mich hierher gesetzt und gewartet. Und dann habe ich das hier gefunden.«
    Meredith zündete eine Kerze an, um besser sehen zu können, wovon er sprach. Die Flamme erwachte flackernd zum Leben und warf ein warmes, wenn auch schwaches Licht.
    Tetsuo saß im Korbstuhl und wartete. In seinen Händen hielt er einen Schädel, einen von vielen, die neben dem Stuhl lagen. Er blickte Meredith an und sie sah, dass seine Augen trocken waren und seine Hände ruhig. Dann sagte er mit fester Stimme: »Wer?« Er neigte die Hände, um deutlich zu machen, dass er den Schädel meinte.
    Meredith zuckte mit den Schultern und ließ sich auf dem Diwan nieder, der einige Schritte entfernt stand. »Ich bin mir nicht sicher. Er hat breite Augenbrauenwülste, also handelt es sich wahrscheinlich um einen Jungen. Und die Fleischreste sind alle vertrocknet, also schätze ich, dass es eines der ersten Kinder war – Kevin McMillan, höchstwahrscheinlich.«
    Tetsuo nahm die Antwort auf, ohne mit der Wimper zu zucken.
    »Du hast sie hier getötet?«
    Sie nickte. »Ja. Einige musste ich für den Transport leicht beschädigen, um sie ruhig zu halten. Aber das habe ich mehr aus Höflichkeit den Eltern gegenüber getan.«
    Tetsuo würgte. »Aus Höflichkeit?«
    »Ja. Du hast einen Sohn, Ted – kannst du mir irgendwas nennen, das schlimmer wäre, als ein Kind zu verlieren?«
    »Nein.«
    »Nun, ich schon. Zu wissen, dass du es verlierst, während es geschieht. Niemand kann sich vorstellen, dass die Ungewissheit, das Vergessen, noch nicht das Schlimmste ist. Aber vertrau mir – es kann viel, viel schlimmer kommen. Das versuche ich den Familien zu ersparen – den Schmerz des eigentlichen Wissens.«
    »Das kannst du nicht glauben, Meredith. Weil du es nämlich nicht weißt. Du hast kein Kind.«
    »Zugegeben. Aber sage mir – wenn Shingo sterben würde, genau in diesem Augenblick, und es gäbe nichts, was du tun könntest, um es zu verhindern:

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