Der unsichtbare Turm
werden.
Einer der kleineren Wölfe machte einen Satz und war jetzt in Reichweite Excaliburs. Artie schlug mit dem Schwert in Richtung seiner Schnauze, erwischte sie jedoch nicht. Das Tier sprang zurück, ein langer Geiferfaden hing ihm von den Lefzen.
Artie steckte seinen Dolch weg. Dann nahm er ein brennendes Holzscheit und warf es in den Unterschlupf, wo seine sogenannten Ritter den seligen Schlaf der Gerechten schliefen.
Kay setzte sich mit einem Mal kerzengerade auf und beförderte das glühende Scheit mit einem flinken Tritt nach draußen. »Was zum …?«
»Nett von dir, dass du auch mal mitmachst!«, kreischte Artie.
Kay brauchte nicht mehr als eine halbe Sekunde, um zu begreifen, was los war. Sie rüttelte Däumling und Bedevere aus dem Schlaf. Als sie aufstanden, teilte sich das Wolfsrudel. Sieben blieben bei Artie, während der Rest den Unterschlupf umzingelte.
Sie griffen an. Ein riesiges Vieh machte einen Satz und krachte gegen Arties Helm. Eine seiner Pranken zerkratzte Artie Schulter und Nacken und er spürte, dass er blutete.
Dann ging der nächste Wolf auf ihn los. Artie wehrte ihn mit dem Faustschild ab, die Schnauze des Tiers prallte mit einem lauten Knirschen dagegen. Er trat zur Seite, als es zu Boden fiel, und schlug ihm Excaliburs Knauf auf den Kopf. Der Wolf jaulte auf und verschwand schleunigst im Wald.
Sofort stürzten sich zwei andere auf Arties Fersen. Einem gelang es, ihm die Zähne in den Fuß zu rammen, der andere bekam die glühende Kante Excaliburs auf den Schädel. Verletzt rannte er davon.
Der Wolf, der ihn gebissen hatte, ließ nicht locker. Artie zog seinen Dolch, stach auf den Wolf ein und schnitt ihm ein Stück Fleisch aus der Schulter. Das Biest ließ ihn los und zog sich ebenfalls in den Wald zurück.
Drei Wölfe umringten ihn jetzt noch, und sie sprangen alle auf einmal los. Artie drehte sich um die eigene Achse, schlug dabei blindwütig mit seinem Schwert um sich und verhinderte so, dass sie ihm zu nahe kamen. Sie sprangen weiter um ihn herum und fletschten die Zähne. Als die Klinge zwei ihrer schwarzen, feuchten Nasen ritzte, wichen sie schließlich ein wenig zurück.
In diesem Moment bemerkte Artie den Tumult links von ihm. Bedeveres Bidenhänder bewegte sich in blitzartiger Geschwindigkeit. Däumlings walisisches Wakizashi schwirrte durch die Luft, als würde es die einzelnen Moleküle der Waldluft zerteilen. Vorpal hüpfte auf und ab und griff mit den Zähnen an. Kay gab, sogar während sie kämpfte, bissige Kommentare ab wie: »Nimm das, Rex!«
Zwei von Arties Wölfen spitzten die Ohren und wandten sich kurz von ihm ab, als Kay und ein weiterer Wolf in Arties Umzingelung taumelten. Kay gelang es, sich von dem Wolf zu befreien und sich neben ihren Bruder zu stellen. Sie zwinkerte ihm zu und presste sich dann mit dem Rücken an seinen, sodass sie gemeinsam alle Seiten im Blick hatten.
»Wie läuft’s, Brüderchen?«
»Ganz gut, jetzt, wo du hier bist.«
Und das stimmte. Während ihres Trainings hatten Artie und Kay nie Seite an Seite – oder Rücken an Rücken – gekämpft. Das Adrenalin eines echten Kampfes ließ ihre geschwisterliche Bindung noch stärker werden.
Sie drehten sich im Kreis, während die vier übrig gebliebenen Wölfe sie in entgegengesetzter Richtung umkreisten.
»Du bist verletzt, oder?«, fragte Kay.
»Ja, aber ist nicht schlimm. Ich glaube, die Schwertscheide wirkt. Bist du verletzt?«
»Noch nicht. Die Exemplare, mit denen du hier zu tun hast, sind allerdings viel größer als unsere.«
Und ohne ein weiteres Wort sprangen Artie und Kay auf ihre Angreifer zu. Beide spürten genau, was der andere gerade tat. Es war, als hätten sie vier Arme, vier Beine und zwei Köpfe: Ihre Wahrnehmung und ihr Geschick waren zwanzigmal größer als sonst.
Artie streckte sich und Kay duckte sich, während sie klingenwirbelnd den Kreis vergrößerten und sich auf die Wölfe zubewegten. Artie erwischte einen Wolf unter der Schnauze und schlitzte einem anderen die Schulter auf. Kay gelang es, einem Cleomedes zwischen die Zehen zu rammen und traf den letzten so hart mit der flachen Seite ihres Schwerts auf den Rücken, dass er zu Boden ging. Einen Moment lag er ausgestreckt auf dem Boden wie ein verängstigter Welpe, bevor er sich hochrappelte und seinen Brüdern und Schwestern in den Wald folgte.
Artie und Kay sahen sich um. Es waren keine Wölfe mehr zu sehen. Bedevere, Däumling und Vorpal hatten ihre Angreifer ebenfalls in die Flucht
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