Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der unsichtbare Turm

Der unsichtbare Turm

Titel: Der unsichtbare Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nils Johnson-Shelton
Vom Netzwerk:
gibt hier keinen Beutemangel. Wir dürften keine Probleme mit ihm haben.«
    »Willst du damit auf die Theorie anspielen, dass die wilden Tiere mehr Angst vor uns als wir vor ihnen haben, Beddy?«, fragte Kay.
    »Genau das«, antwortete er.
    »Dann ist ja gut«, sagte Kay, nicht sehr überzeugt.
    Sie zogen weiter und versuchten, den Wolf zu vergessen, was ihnen für den Rest des Tages auch gelang. Doch als die Nacht hereinbrach und sie vor einem knisternden Feuer saßen, hörten sie das Heulen wieder. Und diesmal wurde es von anderem Geheul weiter weg beantwortet.
    Sie entschieden, eine Wache aufzustellen. Artie bestand darauf, den Anfang zu machen.
    Kurz bevor die anderen sich schlafen legten, gab Däumling einen nicht besonders ermutigenden Rat: »Ich will nicht sagen, dass es sehr wahrscheinlich ist, aber sollten die Wölfe uns angreifen, ist das Wichtigste, dass wir uns nicht unterkriegen lassen.«
    »Verstanden«, antworteten alle.
    Artie ließ sich auf einem Holzklotz am Feuer nieder und legte sein Schwert über die Knie. Das Feuer knackte und sein Schein warf ein Schattenspiel auf die Bäume ringsum. Nach einer Weile setzte ein leichter Nieselregen ein.
    Artie öffnete einen der Regenschirme, die Kynder in den magischen Rucksack gepackt hatte und kauerte sich darunter. Er warf ein trockenes Holzscheit ins Feuer, das schnell wieder aufloderte. Die Nadeln eines Pinienzweigs, dem die Flammen zu nahe kamen, fingen Feuer und explodierten wie kleine Feuerwerkskörper. Artie stocherte mit Excalibur in der Glut herum, tat einen tiefen Atemzug und erwartete den süßen Geruch von feuchtem Wald und munterem Feuer.
    Stattdessen warf ihn ein alles überlagernder Geruch nach nassem Hund beinahe um.
    Artie sprang auf, doch da war nichts. Er ließ den Schirm fallen, setzte seinen Helm auf und hob Excalibur. Dann prüfte er, ob der Faustschild fest an seinem Arm hielt und zog seinen Dolch.
    Er drehte sich ein paarmal um sich selbst und hielt nach einem Wolf Ausschau, aber es war keiner da.
    Plötzlich schoss die goldene Eule laut heulend wie ein Militärbomber aus der Dunkelheit herab. Artie blickte hinauf; der Anblick traf ihn völlig unvorbereitet.
    Der Wolf saß direkt über ihm auf einem Baum, keine drei Meter von ihm entfernt.
    Wölfe kletterten doch nicht auf Bäume, oder?
    Artie hob Excalibur und das Vieh bewegte sich millimeterweise auf ihn zu. Artie blinzelte und versuchte, sich einen Reim aus dem zu machen, was er da sah. Die Art der Kreatur, sich zu bewegen, war sehr eigenartig. Ihr Kopf war ganz klar der eines Wolfs – doch der Körper … der Körper war der eines Mannes.
    Das Wesen warf den Kopf zurück und fing an zu heulen.
    Ahuuuuuuuuuuuuu! Auauau-ahuuuuuuuuu!
    Die grauenerregenden Rufe hallten zwischen dem nassen Wald und den dichten Wolken darüber wider.
    Dann drehte sich der Wolf um und kletterte weiter den Baum hinauf. Bevor er aus seinem Blickfeld verschwand, erkannte Artie eindeutig menschliche Haut, Füße und Hände. Und einen roten Umhang, den er um den nackten Oberkörper geworfen hatte.
    Artie fühlte seine Schwerthand kribbeln und blickte zurück zum Lager. Seine Ritter schliefen immer noch tief und fest. Wie konnten seine Freunde nach diesem Wolfsgeheul immer noch schlafen?
    »Leute?«, rief Artie verzweifelt in ihre Richtung.
    Doch keiner von ihnen bewegte sich.
    Er starrte wieder angestrengt in die Dunkelheit des Waldes. Über den Schein des Feuers hinaus konnte er nichts erkennen.
    Bis mit einem Mal ein Dutzend Wolfsaugen aufblinkten, wie ein Trupp gelber Glühwürmchen, die exakt im selben Moment zu leuchten anfangen.
    Artie flüsterte: »Ein bisschen Licht!« Excalibur fing an, Helligkeit auszustrahlen und machte die Wölfe vollends sichtbar. Sie schlichen in den Lichtkreis, der Artie und seine schlafenden Kameraden umgab.
    »Äh, Leute? Zeit, aufzuwachen!«, schrie Artie. Vergeblich.
    Warum, um alles in der Welt, wurden sie nicht wach?
    Und dann entlud sich ein gemeinschaftliches Knurren, während die Wölfe ihre Zähne entblößten und die Augen zusammenkniffen.
    » LEUTE ! WIRKLICH !«
    Kay hustete und Bedevere grunzte. Sie schliefen immer noch tief und fest.
    Artie wandte sich erst in die eine und dann in die andere Richtung. Er war überzeugt, dass diese Wesen riechen konnten, wie das Blut durch seinen Körper jagte. Er tastete nach Excaliburs Scheide, um sicherzugehen, dass er sie trug. Vielleicht würde sie ihn wenigstens davor bewahren, bis auf die Knochen zerfleischt zu

Weitere Kostenlose Bücher