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Der unsichtbare Turm

Der unsichtbare Turm

Titel: Der unsichtbare Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nils Johnson-Shelton
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Cleomedes zu hängen. Dann zog sie fest an Excalibur. Das Schwert glitt aus dem Stein. Sie war verdammt noch mal Kay Kingfisher! Und jetzt pendelte sie an einem Arm hin und her wie ein Affe. Wieder überkam sie die Angst. Doch mit Arties Hilfe gelang es ihr, sich wieder zu fangen. Sie warf Excalibur zu Däumling, der es locker auffing und an Artie weiterreichte. Dann wechselte sie die Hand an Cleomedes und griff nach der Eisensprosse. Da sie etwas längere Arme hatte als Artie, erreichte sie sie gerade eben mit den Fingerspitzen und versuchte, die feuchte Eisenstange richtig zu fassen zu bekommen. Schließlich gelang es ihr. Sie schwang sich zur obersten Sprosse hinüber, langte nach Cleomedes und bat es, sich aus dem Felsen zu lösen. Das Schwert glitt heraus. Kay schob es in seine Scheide, während ihr Herz noch immer wie wild schlug, und atmete lang und tief durch.
    Sie war verdammt noch mal Kay Kingfisher!
    Ohne ein Wort zu sagen, nur mit dem Geräusch des hinter ihnen in die falsche Richtung brausenden Wassers im Ohr, machten sie sich auf zum Boden der Schlucht. Als sie unten angekommen waren, knieten sich Artie und Kay hin, damit sie sich alle drei auf Däumlings Höhe fest umarmen konnten.
    Nach ein paar Augenblicken lösten sie sich ein wenig voneinander, die Arme immer noch um die Schultern der anderen gelegt. Däumling sah den beiden Kingfishers abwechselnd in die Augen. »Das war fantastisch, Leute, einfach umwerfend. Egal was passiert, ich bin stolz auf euch.«
    Artie und Kay lächelten. Einen Moment lang fühlten sie sich eher wie Kinder, die mit ihrem Onkel an einem wichtigen Videospiel-Wettkampf teilnehmen – nicht wie ein paar Ritter, die eine verrückte Aufgabe in einer anderen Welt zu erledigen hatten.
    Sie verschnauften noch einen Moment. Dann sahen sie sich ernst an, lösten sich voneinander und standen auf. Kay holte die Helme aus Arties Rucksack. Sie setzten sie auf, zogen ihre Schwerter und gingen weiter.
    Schweigend wanderten sie einen ausgetretenen Pfad neben dem Bach entlang, der in der Talsohle leicht plätschernd dahinfloss.
    Der Höhleneingang glich einem perfekten Torbogen und war aus demselben schwarzen Basalt geformt wie der eiförmige Felsen im Bach. Die Öffnung war von den Stämmen zweier Rotzedern umrahmt, deren Kronen einen großen Bogen bildeten. Sie trafen sich über dem Höhleneingang und formten von dort an einen einzigen riesigen Baum. Über den dunkelgrünen Nadeln hing tief ein grauer Himmel. Es war atemberaubend.
    »Tiberius muss wirklich einen grünen Daumen haben, wenn er Bäume zu so etwas bringen kann«, witzelte Kay. Artie und Däumling kicherten ein wenig, aber nicht sehr lang.
    Das Wasser sprudelte aus der Höhle heraus, aus der Richtung, aus der ihnen ein mattes Licht entgegenleuchtete.
    Däumling schwang sein Schwert zweimal durch die Luft. Artie nickte entschlossen. Kay klopfte sich auf den Helm. Und Seite an Seite betraten sie die Höhle von Tiberius.

Kapitel 28
    IN DEM DER GROSSE GRÜNE DRACHE DIE RITTER IN DIE ARENA SCHICKT
    Nach etwa hundert Metern gelangten sie von einem breiten, zerklüfteten Felskorridor in eine hoch aufragende natürliche Kathedrale aus Stein und Erde. Tiberius schien nicht da zu sein.
    Sie stellten sich im Kreis auf und Däumling sagte: »Es gibt etwas, das ihr über grüne Drachen wissen solltet.«
    »Und das wäre, Tommy?«, fragte Kay, während sie die Spitze eines Stalaktiten weit über ihnen anstarrte.
    »Sie spucken kein Feuer – oder Säure, wie sie es, glaube ich, in deinem Videospiel tun, Artie – sondern etwas, das versteinert.«
    »Großartig«, bemerkte Artie, nicht gerade begeistert.
    »Ich habe mir sagen lassen, dass es eigentlich ungefährlich – wenn auch ein wenig unangenehm – ist, von einem grünen Drachen versteinert zu werden. Ich hoffe, es wird nicht dazu kommen. Aber falls doch, ist das Wichtigste, Ruhe zu bewahren. Ihr habt mein Wort, dass ich euch da rausholen werde.«
    »Alles klar. Und dito, Tommy«, sagte Kay. Artie nickte.
    Staunend sahen sie sich weiter im Heim des Drachen um. Es war sehr aufgeräumt. Da lagen ordentliche Stapel von Knochen und Ästen und ein riesiger Haufen von etwas, das wie Baumwolle aussah. Es roch außerdem unglaublich frisch – das entsprach dem genauen Gegenteil von dem, was Artie in einer Drachenhöhle erwartet hätte.
    Was den Bach anging, so war er zweifelsohne der Font von Sylvan. Der Strom kam aus einem sanften Strudel, der einen Durchmesser von etwa drei Metern

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