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Der unsichtbare Turm

Der unsichtbare Turm

Titel: Der unsichtbare Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nils Johnson-Shelton
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Körpers kam es schließlich frei. Cable flog ein paar Meter durch die Luft und der Eber rappelte sich hoch.
    Er hatte allerdings einen hohen Preis dafür zu zahlen, dass er sich freigekämpft hatte. Ihm fehlte ein gewaltiges Stück seines Nackens, sodass seine schwarze, blutfreie Wirbelsäule zu sehen war.
    Kay beobachtete den Nacken in der Erwartung, dass er sich schließen und heilen würde. Doch das tat er nicht. Anscheinend konnte Cable Twrch Trwyth verletzen, im Gegensatz zu ihnen.
    Der Wolfsmann ließ sich auf alle viere fallen und spuckte das Stück aus, das er dem Eber aus dem Fleisch gerissen hatte. Blut strömte aus seiner Wunde und für einen kurzen Moment kam er ins Straucheln.
    »Cable!«, schrie Artie.
    Der Eber tänzelte zu dem Wolfsmann und warf sich auf ihn. Mit seinen schlammbedeckten Hufen trommelte er auf den starken Körper ihres Verbündeten ein. Cable wurde auf den Boden gepresst. Hörbar brachen ein paar Rippen und seine Wirbelsäule gab nach. Mehr als einmal drangen die abscheulichen Füße des Ebers in Cables Körper ein und Blut schoss heraus.
    Artie wurde übel.
    Plötzlich kribbelte Excalibur heftig in seiner Hand. Er konzentrierte sich, umschloss sein Schwert fester und ein heller Lichtstrahl schoss von Excalibur auf den Eber zu, wie ein Sonnenstrahl, der dichte Wolken durchbricht. Die Haut der Kreatur zog sich zusammen, als der Strahl auf sie prallte.
    Der Eber schrie auf und Cable nutzte seine Chance, dem Tier an die Gurgel zu springen. Twrch Trwyths Augäpfel quollen aus ihren Höhlen und aus seinen Nüstern kam eine ekelerregende Flüssigkeit. Cable kam auf die Beine und mit zwei schnellen Bewegungen gelang es ihm, den Kopf des Ebers in die richtige Position für das scherenförmige X von Excalibur und Cleomedes zu bringen.
    Die Kingfishers ließen ihre Schwerter durch die Schweineborsten gleiten und schnitten den Kamm heraus. Kay erwischte ihn und schob ihn in eine ihrer Taschen.
    Dann schwang Cable den Eber herum, sodass die Kingfishers außerhalb seiner Reichweite waren. Seine Kraft ließ nach. Er humpelte davon und zog das Tier hinter sich her. Mit all seiner verbleibenden Kraft schleuderte er es schließlich an den Rand der Wiese. Wie auf Kommando öffnete sich dort eine klaffende Spalte im Boden und verschlang, Steine und schwarze Erde aufwerfend, blitzschnell dieses Wesen namens Twrch Trwyth.
    Artie und Kay rannten zu Cable. Sein Atem ging schnell und flach, Blut floss aus seiner Nase und seinem keuchenden Maul, aus dem seine verletzte Zunge schlaff heraushing. Seine Augen waren dunkel vor Schmerz.
    Artie schob seine Hand in die dichte Mähne des Wolfsmanns. Cable sah ihn an. Die heldenhafte Kreatur lag im Sterben.
    Sanft stupste Cable Kay mit der Nase, die näher herangekommen war und ihm die Hand auf die Schnauze gelegt hatte. Sie zog den Kamm aus ihrer Tasche und zeigte ihn ihm. Er schloss die Augen und lächelte.
    Kay fragte: »Kann das Vieh ohne den leben?«
    Cable schüttelte leicht den Kopf.
    »Das war also das letzte Mal, dass wir es zu Gesicht bekommen haben?«, fragte Artie nach.
    Der Wolfsmann nickte. Er hustete und spuckte noch mehr Blut.
    Die Kingfisher-Kinder waren wie im Rausch und zugleich unglaublich traurig. Sie umarmten Cable, als wäre er ihr liebster, wahrhaftigster Freund gewesen. Sie spürten sein Fell und rochen sein Blut und weinten. So verharrten sie eine ganze Weile, bis er schließlich starb und bewegungslos im hellen grünen Gras lag.
    Erst jetzt lösten sich die Kingfishers von dem Wolf und wischten sich die Tränen aus dem Gesicht. Sie wussten nicht, was sie tun sollten.
    Doch schon kam wieder Wind auf und wehte ein Flüstern in ihre Ohren: »Bringt mir den Kamm.«
    Sie drehten sich um und sahen das Wesen, das Numinae war, und ihnen die linke Hand hinstreckte.

Kapitel 30
    ÜBER LORD NUMINAE VON SYLVAN UND
WIE MAN EINEN DRACHEN REITET
    Aber war das wirklich seine Hand? Es war schwer zu sagen.
    Und das lag zum Teil daran, dass Artie und Kay sich plötzlich an einem ganz anderen Ort befanden. Als sie sich von ihrem toten Freund abgewendet hatten, hatte sich die Szenerie um sie herum von der Wiese, auf der ihr Kampf stattgefunden hatte, in einen hohen, felsigen Berg verwandelt. Cable war verschwunden. Sie befanden sich jetzt knapp über der Baumgrenze und etwa neunhundert Meter unterhalb der Bergspitze; die Wälder von Sylvan lagen unter ihnen wie ein Teppich auf der Landschaft.
    Auch durch die Anwesenheit eines zweiten Wesens wurden sie von

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