Der unsichtbare Zweite
Minima, f.. dich!«, der Vizebürgermeister ist bleich wie eine Plastikbahn, die Schutzleute stellen sich schützend, aber in vorsichtigem Abstand, zu der Menge, die Sozialvereinler haben mich gepackt und drücken mir fast die Luft ab, sie scheinen sich für einen hässlichen Qualitätssprung entschieden zu haben, ich sehe die Schlagzeile vor mir: Onorevole Slucca: Stapellauf in den Tod. Ich falle auf den Hintern, sehe mich von Joggingschuhen eingekreist, aber es sind auch ein paar eckige, schwarze, mörderischere Modelle darunter. Onorevole Slucca mit Fußtritten umgebracht. Ich war immer schon gegen Gewalt, und jetzt verstehe ich, wie recht ich hatte. Ich schließe die Augen, meine Lebenserwartung sinkt auf 0,2. Gleich soll ich zu Tode instrumentalisiert werden. Und plötzlich finde ich mich schwankend wieder auf den Füßen, die Karabinieri des Patrouillenboots sind gelandet wie in der Normandie, haben mich hochgezogen, haben um mich herum einen winzigen Brückenkopf geöffnet, in den jetzt das hysterische Gebrumm eines Motors einbricht, einen Augenblick später das Motorrad selbst, gefahren von der Fernsehreporterin Lauretta.
»Spring auf, Slucca, komm, beweg deinen Arsch, mach jetzt nicht auf Kollaps!«
Sie wirft mir den Helm ihres Assistenten zu, den ich, vom guten Ciacci mitgezogen, fortlaufen sehe. Der Helm rollt auf die Erde, ein Karabiniere hebt ihn auf und stülpt ihn mir über den Kopf
»Los, schnell weg, schnell!«
Ich klammere mich an meine Retterin, und wir gehen auf große Distanz zu dem verfluchten Schiff Sechzig Kilometer südlich von Follonica halten wir, um einen Espresso zu trinken, ich einen doppelten.
»Meine Güte, Slucca, du warst ein Signal des Hohns und des Spotts.«
»Ich weiß nicht, wie ich dir danken soll, du hast mein Leben gerettet.«
»Pflicht, Slucca, Pflicht. Schade, dass die Reportage im Eimer ist, das wäre ein Knüller gewesen.«
»Aber ich verstehe immer noch nicht. Warum war sie so wütend auf die Limited, was sind diese Limited überhaupt?«
»Eine Gruppe von Anarchisten aus Livorno, das CACL, Centro Asociale Cianciulli Limited.«
»Cianciulli, sagst du ...? Den Namen muss ich schon gehört haben ... War das nicht so ein Pater oder Jugendpriester, Don Cianciulli? Warte, da gab es doch ein Buch, Briefe an Don Cianciulli oder so ähnlich, scheint mir ...«
»Wo lebst du eigentlich, Slucca? Leonarda Cianciulli war eine Massenmörderin der tollen vierziger Jahre, die ihre Opfer gekocht hat, um Seife daraus herzustellen, die sogenannte Seifenmacherin von Correggio. Diese jungen Leute haben ihren Namen gewählt, damit er nicht aus dem nationalen Gedächtnis verschwindet, und außerdem auch ein bisschen wegen der Transgression, die machen sich eben gern einen Spaß, das hast du ja gesehen.«
»Aber was hat Migliarini damit zu tun?«
»Es ist bekannt, dass Migliarini Kontakte zu ihnen unterhält, vielleicht hat er auch jemanden bei ihnen eingeschleust, der Arm dieses Mannes reicht weit.«
»Aber warum musste er sich rächen? Was ist das für eine Geschichte mit dem afrikanischen Projekt?«
»Es ist ein Projekt, das ihm sehr am Herzen lag. Es war für die nach oben tendierenden Schichten Afrikas gedacht.«
»Und wo sollen diese nach oben tendierenden Schichten in Afrika sein? Soviel ich weiß, tendieren die bloß in den Massengräbern nach oben.«
»Naja, jedenfalls ist Migliarini eine Woche in Afrika gewesen, hat von der Situation Kenntnis genommen und dieses Projekt ausgearbeitet, das den noch nicht ermordeten Schichten Hoffnung machen, ja, ein konkretes Ziel geben sollte, denn auf die muss der Okzident schließlich setzen. Diese Menschen können sich also keinen Ferrari leisten ? sagt Migliarini. Gut, dann geben wir ihnen eine Nachbildung des Ferrari! «
»Aber die gibt es doch gar nicht.«
»Eben. Migliarini dachte an ein Joint Venture zwischen Wirtschaftsminister und Außenminister, und dann sollte natürlich auch der Internationale Währungsfonds einbezogen werden. Er stellte sich ein weniger teures Auto vor, immer noch ein Traumauto, aber für Käufer in Entwicklungsländern erschwinglich. Unser Image in Afrika würde enorm gewinnen, meinte er.«
»Aber Ferrari wird nie in eine solche Verwendung seines Namens einwilligen.«
»Genau. Und Migliarini hat schon seinen eigenen dafür angeboten, er hat an eine Nachbildung gedacht, die praktisch alle Charakteristiken des Ferrari hätte, aber Migliarini heißen würde, verstehst du?«
»Ein roter Migliarini auf
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