Der unsichtbare Zweite
den Pisten zwischen Mozambique und Ruanda?«
»Grün, Slucca. Er hat sich einen grünen Migliarini vorgestellt, es sollte eine ökologische Farbe sein.«
»Und so«, sinnierte ich, »hat ihm die Malvolio das Projekt torpediert, und er hat ihr den Stapellauf torpediert. Jetzt ist der Krieg auf dreihundertsechzig Grad eröffnet ...«
»Slucca, wo lebst du nur?« Ihr Ton war herzlich, liebevoll, ihr Lächeln zärtlich gerührt, der runtergezogene Reißverschluss zeigte unter dem schwarzen Leder ein orangefarbenes T-Shirt. Für einen Augenblick habe ich meinen darauf gedruckten Kopf gesehen mit dem Schriftzug »I © SLUCCA«. Ich stammelte: »Ich lebe in Monteverde Nuovo, mit Vasone zusammen, aber er ist praktisch nie da, und so oft ...«
Dann hörte ich ein Stimmchen, das aus meilenweiter Distanz zu kommen schien, so weit, wie die Entfernung zwischen Follonica und Piombino auf dem Seeweg ist, und das sagte zu mir: »F... dich ins Knie, Slucca, das ist nichts für dich.« Mein Kopf auf dem T-Shirt drehte sich, jetzt war mein Nacken zu sehen, und darunter erschien der Schriftzug: »SLUCCA GO HOME«.
Und das habe ich getan, über anderthalb Stunden an einen rauen Pinienstamm geklammert, zeitweilig auch an eine Linde, eine Marmorsäule, einen Laternenpfahl. So jedenfalls befahl mir mein Geist, dieses lange Nahesitzen zu empfinden, um es nicht mit Nahestehen zu verwechseln, aber es ist mir schwergefallen zu gehorchen, vor allem in den Kurven. Das ist menschlich.
At home dann habe ich alles Vasone erzählt, der von A-Z gegrinst hat, ohne auch nur ein bisschen Flexibilität zu zeigen.
»Und so ist jetzt Krieg zwischen den beiden«, schloss ich, »Krieg von dreihundertsechzig Grad.«
Aber da zeigte der Grinser einen Anflug von orientalischem Lächeln, reines New Age.
»Unsere Kriege, mein Freund«, sagte er, »erreichen nie dreihundertsechzig Grad. Sie gehen vielleicht bis dreihundertneunundfünfzig, aber weiter nicht. Sie lassen immer noch diesen letzten kleinen Ausschlupf offen, um Arm in Arm miteinander loszuziehen und an der Ecke eine Pizza zu essen. Was meinst du, wollen wir auch los?«
»Gehen wir«, stimmte ich zu, »du und ich.«
GRAF SLUCCA
»NEIN, DIE VORAUSSETZUNGEN SIND NICHT GEGEBEN«, berichtete ich pünktlich Onorevole Migliarini, dem Oberhaupt unserer Lambretta-Partei (klein, aber im politischen Verkehr höchst wendig).
»Aha, ist das so, Slucca«, sagte er unter traurigem Erschlaffen von Lidern und Backen. »Das habe ich leider erwartet.«
Seit mehreren Tagen schon sauste ich quer durch ganz Rom, um zu sondieren, ob die Voraussetzungen gegeben waren. Er hatte mir auch erklärt, um welche es sich handelte, aber mitten in seiner folgerichtig verknüpften Darlegung hatte ich ein Bindeglied verpasst, die Sirene der Polizeieskorte einer dunkelblauen Limousine (seit mehreren Tagen schon herrschte ein fieberhaftes Hin und Her von dunkelblauen Limousinen) hatte zwei Minuten lang seine Stimme überdeckt. Und so hatte ich am Schluss auf seine Frage »Hast du verstanden, Slucca?« nur antworten können: »In großen Zügen, so ungefähr.«
»Das macht nichts, das ist nicht schlimm. Du musst nur flächendeckend Kontakt aufnehmen und einfach fragen, ob die Voraussetzungen gegeben sind. Ich kann das aus mehreren Gründen nicht persönlich tun.«
In Wirklichkeit gab es nur einen Grund. Migliarini hasst es, ein Nein zu hören, er hat einen positiven Charakter, ist immer offen für das Morgen und oft auch für das Übermorgen, und Pessimismus, vor allem auf politischem Gebiet, beleidigt seine Lebensauffassung.
»Wenn man mich anpinkelt, Slucca«, vertraute er mir einmal an, »ganz egal, ob es ein Pinscher ist oder ein Elefant, macht mir das überhaupt nichts aus, ich bin nicht übelnehmerisch, ich bin nicht empfindlich. Aber Pessimisten ertrage ich nicht, es ist einfach zu bequem, Pessimist zu sein, einfach zu leicht, immer von jedem Projekt zu sagen, es gehe sowieso in die Hose. Kunststück!«
»Aber wenn dann tatsächlich ...«
»Dann erst recht, Slucca, dann muss der Vollblutpolitiker erst recht wieder aufstehen, sich über das zufällige Hindernis hinwegsetzen und ein neues Projekt in Angriff nehmen.«
Aber dann, dachte ich, sagt der Pessimist doch wieder, dass es in die Hose geht, und wieder setzt sich Migliarini darüber hinweg und so weiter und so weiter, In-die-Hose-Gehen, Sich-Hinwegsetzen, In-die-Hose-Gehen, Sich-Hinwegsetzen, bis ins Unendliche. Aber ich behielt diese konfusen Einwände für mich,
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