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Der Untergang

Der Untergang

Titel: Der Untergang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim C. Fest , Bernd Eichinger
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Kapiteln schildert sie die turbulenten, vom Druck des unausweichlich heranrückenden Verhängnisses aufgeladenen Vorgänge sowohl in der Bunkerwelt als auch in der zusehends hoffnungsloser in den Strudeln der Zerstörung versinkenden Hauptstadt. Dazwischengeschaltet sind vier kürzere, reflektierende Einschübe, die ein vom Fortgang des Geschehens in den Blick gerücktes Stichwort aufgreifen.
      Das eine wie das andere ist zum Verständnis jener vierzehn Schreckenstage unentbehrlich. Wenn es eine der Aufgaben der Geschichtsschreibung ist, einen Ausschnitt gelebten Lebens zur Anschauung zu bringen, muß sie sich für den von Hitler geschäftig in Gang gesetzten und von allzu vielen bereitwillig betriebenen Untergang um eine denkbar weite Perspektive bemühen. Weder sollte sie die von aller Vernunft verlassenen Entscheidungen der Führung übersehen - und wie es dazu kam - noch die Angst und das Entsetzen, die daraus folgten. Auch hätte sie die gedanklichen und emotionalen Wirrnisse nachzuzeichnen, in die sich die meisten Akteure verlaufen hatten, und die Einschläge schriller Komik nicht zu vernachlässigen, die gelegentlich auftreten und das Grauen erst auf eine Art Gefrierpunkt bringen. Insonderheit aber sollte sie, wie andeutungsweise auch immer, die Trauer über soviel Sinnlosigkeit spürbar machen, die sich bei aller Betrachtung des unaufhörlichen Vernichtungstreibens einstellt, aus dem die Geschichte besteht.
      Ein Land »in extremis«: davon ist auf den folgenden Seiten die Rede. Von den Umständen, die dahin führten und das Begreifen erst erschließen, notwendigerweise auch.

    ERSTES KAPITEL Die Eröffnung der Schlacht

      Um drei Uhr stiegen ein paar Leuchtkugeln in den Nachthimmel und tauchten den Brückenkopf bei Küstrin in bengalisches Rot. Nach einem Augenblick beklemmender Stille brach der Donner los, der die Oderniederungen weit hinaus über Frankfurt erbeben ließ. Wie von Geisterhand in Gang gesetzt, heulten mancherorts bis hin nach Berlin die Sirenen los, schrillten Telefone und fielen Bücher aus den Regalen. Mit zwanzig Armeen und zweieinhalb Millionen Soldaten, mehr als vierzigtausend Granatwerfern und Feldgeschützen sowie Hunderten von Stalinorgeln, dreihundert Rohren auf den Kilometer, eröffnete die Rote Armee an diesem 16. April 1945 die Schlacht. Überall um die Ortschaften Letschin, Seelow, Friedersdorf und Dolgelin schossen gewaltige Feuersäulen hoch und bildeten eine Wand aus Blitzen, aufspritzenden Erdbrocken und herumfliegenden Trümmern. Ganze Wälder gingen in Flammen auf, und einige der Überlebenden erinnerten sich später an die heißen Orkane, die über das Land hingefahren waren und alles in Brand, Staub und Asche verwandelt hatten.
      Nach einer halben Stunde setzte der Höllenlärm unvermittelt aus, und für Sekunden fiel eine atemnehmende, nur vom Prasseln des Feuers und den heulenden Winden belebte Stille ein. Dann flammte über den sowjetischen Linien der Lichtstrahl eines Scheinwerfers senkrecht gegen den Himmel und gab das Einsatzzeichen für hundertdreiundvierzig, im Abstand von zweihundert Metern aufgestellte und flach über das Gefechtsfeld gerichtete Scheinwerfer. Die blendenden Lichtbahnen enthüllten eine tief zerpflügte Landschaft und brachen sich erst einige Kilometer weiter an den Seelower Höhen, die das operative Tagesziel des Oberbefehlshabers der 1. Weißrussischen Front, Marschall Georgi K. Schukow, waren. Der Befehl, mit dem er die Schlacht eröffnet hatte, lautete: »Der Gegner ist auf dem kürzesten Weg nach Berlin zu zerschlagen. Die Hauptstadt des faschistischen Deutschland ist einzunehmen und über ihr das Banner des Sieges zu hissen!«

    Marschall Georgi K. Schukow, der sowjetische Oberbefehlshaber, auf seinem
    Kommandostand bei Eröffnung der Schlacht um Berlin.

    Das theatralische Lichterspektakel, das in den sowjetischen Planungsstäben als Schukows »Wunderwaffe« beredet worden war, erwies sich als opferreicher Fehlschlag. Gegen manchen Widerspruch hatte der Marschall an der Absicht festgehalten, den vom voraufgegangenen Dauerfeuer verwirrten und entmutigten Gegner bis zur Kampfunfähigkeit zu »blenden«, so daß die dahinterliegenden, annähernd dreißig Meter aufsteigenden, von Mulden und Abhängen durchsetzten Höhen im ersten Ansturm überrannt werden konnten. Doch der dichte Vorhang aus Rauch und Schlachtendunst, den das Trommelfeuer über die Ebene gelegt hatte, fing nicht nur das Licht der Scheinwerfer auf, sondern ließ die

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