Der Untergang der Götter - Die Rückkehr (German Edition)
dann den Kopf. »Es sind Händler erschienen, um Boram mit Waren zu versorgen. Aber ich weiß von keinen besonderen Fremden außer diesen.«
Thuraan ging langsam auf und ab, es war offensichtlich, dass ihn etwas beschäftigte. »Überprüfe alle Fremden, die in den letzten Tagen nach Boram gekommen sind. Wenn jemand dabei ist, der kein Händler ist, bringe ihn zu mir. Sofort!«
»Wie Ihr befehlt, mein Herr! Darf ich fragen, was der Grund für Euren Befehl ist?«
»Du wagst viel, Priester«, antwortete Thuraan und seine Augen funkelten. »Eines Tages wird dich dies deinen Kopf kosten.«
Chrenar erbleichte bei dieser Drohung. »Ich wollte Euch nicht ...«
»Schweig!«, unterbrach Thuraan ihn. »Du hast meinen Befehl gehört – also führe ihn auch aus! Die Gründe für mein Tun haben dich nicht zu interessieren.«
Chrenar neigte demütig den Kopf, doch innerlich war er beunruhigt. Wenn der Gott ihm einen solchen Auftrag gab, hatte er seine Gründe, also musste er vermuten, dass jemand nach Boram gekommen war. Jemand ganz Besonderes.
»Ich spüre, dass sich etwas verändert hat, dass ...« Thuraan brach ab, in tiefes Nachdenken versunken.
Chrenar wartete geduldig; er wusste, dass der Gott es nicht schätzte, unterbrochen zu werden. Aus den Augenwinkeln betrachtete er ihn vorsichtig. Noch nie hatte er den Gott so nachdenklich gesehen. Gab es etwa eine unbekannte Gefahr, die drohte? Aber nein, nichts und niemand konnte einem Gott gefährlich werden, davon war er vollkommen überzeugt. Oft genug hatte er gesehen, über welche Kräfte die Götter verfügten, oft genug sich gewünscht, ebenso mächtig zu sein.
»Geh jetzt und tu, was ich dir aufgetragen habe, Chrenar!«, befahl Thuraan und unterbrach damit seine Gedanken. »Und sorge dafür, dass du mich nicht wieder warten lässt!«
Chrenar verneigte sich und eilte sofort aus der Halle. Thuraan wusste, dass der Priester alles unternehmen würde, um seinem Befehl nachzukommen. Und wenn jemand Fremdes in die Stadt gekommen war, würde er ihn aufspüren.
Nicht, dass das wirklich erforderlich war, denn Thuraan war selber in der Lage, das herauszufinden, seine Macht war groß. Er war sich sogar sicher, dass jemand gekommen war, dennoch wusste er nicht, wer es war, denn alles lag wie unter einem dichten Schleier, den er noch nicht durchdringen konnte. Und das war unmöglich. Folglich musste er sich irren, und auch das war unmöglich.
Unwillig begann er erneut hin und her zu laufen. Natürlich drohte ihm keine Gefahr, denn kein Mensch hatte die Macht, ihm zu schaden. In der Vergangenheit hatten es einige versucht, doch ihr Ende war langsam und schrecklich gewesen. Der Gedanke an die Wahnsinnigen und ihre Qual weckte einen Anflug von Zufriedenheit in ihm und er entspannte sich fast augenblicklich.
Für einen Moment überlegte er, die anderen Serapen aufzusuchen und über seine Befürchtungen zu sprechen, aber rasch verwarf er diesen Gedanken wieder. Sie würden ihn auslachen und das hasste er mehr als alles andere. Er hätte es verdient, an der Spitze zu stehen und über alle zu herrschen, hätte es verdient, in der Hauptstadt des Reiches zu thronen, doch die Dinge lagen zu seinem Bedauern anders. Aber auch so verfügte er über mehr als genug Macht.
Seine Gedanken richteten sich wieder auf Boram. Er war in letzter Zeit zu nachlässig mit den Bewohnern gewesen. Der Angriff durch die Dunklen war ein erster, guter Schritt gewesen, aber es würden noch mehr Opfer erforderlich sein, um wieder die Ergebenheit herzustellen, die angemessen war. Man durfte die Menschen nicht aus ihrer Furcht entlassen, sonst wurden sie aufsässig, das hatte er schnell begriffen. Es war schon einmal geschehen, vor langer, langer Zeit, und es war schwierig gewesen, den Brand, den diese Frevler entfacht hatten, wieder zu löschen. Und das durfte sich nicht wiederholen.
Er ging zu der ovalen Öffnung am Ende der Wand und musterte sie gedankenverloren. Die Schwärze war fast mit den Händen zu greifen und er liebte das Gefühl, durch sie hindurchzugehen, denn sie war ein Teil von ihm, den er immer dann vermisste, wenn er mit den Menschen sprechen musste. Sie hatten viel verloren, als sie hergekommen waren, aber noch immer gab es etwas, das ihn an seine Heimat erinnerte.
Mit einem Lächeln auf den Lippen trat er in den Durchgang und war verschwunden. Ein düsteres Grollen durchflutete den Turm der Anbetung und ließ die Priester, wo immer sie auch waren, für einen Augenblick in ihrer Arbeit
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