Der Untergang der Götter - Die Rückkehr (German Edition)
verharren. Sie alle wussten, dass dieses Grollen eine ungeheure Gefahr verbarg, die sie jedoch nur erahnen konnten. Leer und verlassen blieb der Opfersaal zurück.
***
Der Regen peitschte durch die Gassen und es waren nur diejenigen unterwegs, die es unbedingt sein mussten. Das Haus Czenons lag in der Dunkelheit wie ein großer, schwarzer Klotz, nur ein schwaches Licht leuchtete durch eine der Scheiben.
Der Fremde stand schon lange hier und musterte das Haus, er wusste woher das Licht stammte. Niemand war gekommen oder gegangen, daher setzte er sich endlich in Bewegung und schritt durch den Regen auf das Haus zu, das in der Dunkelheit den Eindruck erweckte, auf ihn zu warten.
An der Tür zögerte er kurz, dann klopfte er wie er es bereits am Abend zuvor getan hatte. Linan öffnete und dieses Mal wirkte sie nicht überrascht, offensichtlich hatte sie ihn erwartet.
»Ist er da?«, fragte der Fremde ohne weitere Begrüßung.
Linan verzog kurz das Gesicht ob dieser Unhöflichkeit, dann nickte sie und bat ihn mit einer einladenden Geste hinein. »Ihr seid kein Mann, der viel redet, oder?«, fragte sie mit schwachem Lächeln.
Er trat ein und der Regen tropfte von seinem vollkommen durchnässten Umhang auf den Boden.
»Ist das denn so wichtig?«
Linan zuckte mit den Schultern und ein gewisser Trotz lag in ihren nächsten Worten: »Für Euch offenbar nicht.«
Bevor er antworten konnte, öffnete sich eine Tür und Czenon trat heraus. Er musterte den Fremden, doch der zunächst neugierige Blick wich schlagartig tiefer Betroffenheit und sein Gesicht wurde aschfahl. Er taumelte zurück und musste sich an der Wand stützen, um nicht zu stürzen.
»Das … das kann nicht sein! Nein, unmöglich! Das ist unmöglich!«
Er wankte einige Schritte zurück und starrte auf den Fremden, als könnte er nicht glauben, wen er da vor sich sah. Seine Hände ballten sich unkontrolliert zusammen.
»Das ... kann … nicht sein!«, stammelte er erneut, und jedes einzelne Wort schien ihm Schmerz zu bereiten.
Linan schaute bestürzt von ihrem Vater zu dem Fremden und wieder zurück. Sie begriff nicht, weshalb ihr Vater eine solch erschrockene Reaktion zeigte.
»Du kennst ihn, Vater?«, fragte sie verblüfft, denn anders war seine über die Maßen heftige Reaktion nicht zu erklären.
»Ich grüße dich, Czenon«, sagte der Fremde, als wäre Linan gar nicht anwesend, und ein kaltes Lächeln ging über sein Gesicht. »Es ist lange her. Sehr lange. Und du bist alt geworden. Offenbar hast du mich nicht erwartet, und doch bin ich hier.«
Die Spannung im Raum war fast körperlich zu spüren und Linan fragte sich, was hier vor ihren Augen geschah. Noch nie hatte sie ihren Vater so verstört gesehen, und das nur durch den Anblick eines Fremden.
»Vater?«, rief sie in plötzlicher Furcht. »Was ist mit dir? So rede doch!«
Doch Czenon ignorierte seine Tochter, er hatte nur Augen für den Fremden, der bewegungslos im Raum stand und mit feinem Lächeln Czenons flackerndem Blick standhielt.
»Bist du es … wirklich?«
»Ja, Czenon, ich bin es wirklich. Du kannst deinen alten Augen ruhig Glauben schenken.«
»Komm ... hier herein!», brachte Czenon mühsam heraus, schüttelte den Kopf als könnte er es immer noch nicht glauben, und wies mit zittriger Hand in den Raum hinter sich.
Der Fremde nickte und ging an Czenon vorbei ins Innere des Zimmers. Linan starrte ihm hinterher und wieder richtete sich ihr fragender Blick auf ihren Vater, der jedoch nur den Kopf schüttelte und dann ohne ein weiteres Wort die Tür hinter sich schloss.
Zurück blieb Linan, die sich fragte, ob sie träumte oder wach war. Was hatte das alles zu bedeuten? Offenbar kannte ihr Vater diesen merkwürdigen Fremden, aber das war auch schon alles was sie wusste. Doch es war offensichtlich, dass etwas Ungewöhnliches im Gange war, dass dieser Fremde viel mehr war als nur irgendein Fremder. Allein schon seine Erscheinung, die von kalter, fast unnatürlicher Selbstsicherheit zeugte, war untypisch für die Männer, die sie sonst aus Boram kannte. Stammte er vielleicht gar nicht von hier?
Dieser Gedanke schoss durch ihren Kopf und plötzlich war sie überzeugt, mit dieser Vermutung Recht zu haben. Ihr Blick fixierte die Tür zum Arbeitszimmer ihres Vaters, als könne sie dadurch erkennen, was sich hinter ihr abspielte. Was hatte all dies zu bedeuten?
***
»Wir sollen was ?«
Orcards Blick war mehr erstaunt als verärgert auf den Priester gerichtet, der
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