Der Untergang der Hölle (German Edition)
Feuerwaffen tragen, aber falls Sie sich jemals dazu entschließen sollten, uns zu verlassen, bekommen Sie ihn natürlich zurück.« Sie kamen an einem weiteren Maschinenwesen vorbei. Als Armdran ihm zunickte, reagierte der Roboter, indem er ebenfalls mit dem Kopf nickte, einer vernieteten Messingkugel, die an den Helm eines Tiefseetauchers erinnerte. »Die Roboter verfügen übrigens über einen interessanten Vorteil, wie wir herausgefunden haben. Man kann nämlich die Empfindungen einer dämonischen Maschine auf eine andere übertragen und man kann ihr Bewusstsein sogar eine Zeit lang archivieren, bis man ein neues Gehäuse dafür gefunden hat.«
»Archivieren? Auf einem USB-Stick etwa?«
Er kicherte. »Nein. Im Netz.«
»Sie sind wirklich ein Computerfreak, was? Sie sollten bei den Vernetzten leben, nicht hier in Freetown. Mein Gewehr scheint zu glauben, dass das, was die haben, von allem, was man heute erreichen kann, dem Himmel am nächsten kommt.«
»Ich bin noch nicht bereit für einen virtuellen Himmel.« Armdran lächelte erneut, als sie ihren gemächlichen Spaziergang fortsetzten. »Aber ich hatte eine virtuelle Freundin in Naraka.«
»Bei den indischen Computerfreaks? Wirklich?«
»Ich bin im Hades ein paarmal verheiratet gewesen, aber sie war die Frau, die mir am meisten bedeutete. Und unser virtueller Sex hat jeden echten Sex, den ich im Leben hatte, weit übertroffen, sogar den als Sterblicher. Und das, obwohl wir uns nie von Angesicht zu Angesicht begegnet sind.«
»Hui.«
»Erinnern Sie sich an das Einkaufszentrum, in dem Sie mir begegnet sind? An einem Ende des Grundstücks befindet sich ein Gebäude mit Eigentumswohnungen. Dort besitze ich eine virtuelle Wohnung. Meine Freundin und ich haben eine Zeit lang mehrere Tage am Stück dort verbracht.«
»Wie romantisch«, versetzte Vee trocken. »Aber jetzt treffen Sie sich nicht mehr mit ihr?«
»Nein … ich fürchte nicht. Ich habe ihren Avatar mit dem eines anderen Typen erwischt – einem der Vernetzten, und das in meiner eigenen Wohnung.« Er schüttelte lächelnd den Kopf, aber sie erkannte eine Spur von Leid dahinter. »Schon wieder das Gleiche wie mit meiner Frau. Aber so ist das Leben. Und der Tod. Was ist mit Ihnen? Haben Sie eine bessere Hälfte hier im Hades – abgesehen von dem Gewehr?«
»Ich habe einen Exverlobten in Los Angeles. Aber als ich ihn das letzte Mal sah, habe ich ihm die Rübe weggepustet.«
Armdran betrachtete ihr unbeugsames Profil. »Warum überrascht mich das jetzt nicht?«, fragte er.
36. Die Mechanismen von Leben und Tod
S ie erreichten die gegenüberliegende Wand der Projekthalle, in der sich eine Schiebetür befand. Daneben war ein kleines Bedienfeld angebracht. Armdran fuhr eine versenkbare Buchse aus und verband sie mit seinem eigenen Interface. Es kam Vee so vor, als würde bei dieser kurzen Verbindung mit dem Netz seine Identität überprüft. Die Tür öffnete sich, er trennte die Verbindung und Vee folgte ihm hinein. Mit einem Klappern schloss sich der Durchgang hinter ihnen.
Auf der anderen Seite erwarteten sie zwei grimmig dreinblickende Kriegerinnen in den Uniformen von Palladinos Sicherheitskräften. Doch diese Uniformen waren stark modifiziert, um sich ihrem körperlichen Zustand anzupassen. Aufgrund der Tatsache, dass sie Verdammte und damit eigentlich unverletzbar waren, waren die Körper beider Frauen – abgesehen von zahllosen Tätowierungen – über und über mit Piercings bedeckt.
Stacheln, Scherben und Bänder aus Metall waren wie Granatsplitter in ihre Körper und durch ihre Körper getrieben, in einer Art und Weise, wie sie für Sterbliche undenkbar, wenn nicht sogar tödlich gewesen wäre. Die Wächterinnen hingen beide über lange schwarze Gummikabel am Netz, schienen jedoch sehr aufmerksam das Hier und Jetzt wahrzunehmen und musterten Vee prüfend. Scheinbar unbeteiligt wich sie den Blicken, die selbst wie schneidende Granatsplitter wirkten, aus, während Armdran sie an ihnen vorbeiführte.
»Das Umweltkontrollzentrum von Freetown«, erläuterte er. Sie bahnten sich einen Weg durch die engen Gänge zwischen hausgroßen Maschinen, Reihen von Messgeräten mit zitternden Nadeln, Wänden voller Ventile und Drehknöpfen und orange glühenden Lichtern. »Alighieri wäre wahrscheinlich sauer, wenn er wüsste, dass ich Sie hergebracht habe – es wäre ein lohnendes Angriffsziel für Terroristen. Aber er hat sie ja zu einer freien Bürgerin erklärt, von daher …«
Vee entzifferte
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