Der Untergang der islamischen Welt
dürfte sich die ohnehin wacklige arabische Wirtschaft davon kaum erholen. Eine vollkommen neue, auf Hightech basierte Wirtschaft müsste entstehen, um die Region tatsächlich zu retten. Ein Blick auf die aktuelle Bildungs- und Wissenschaftskultur in der arabischen Welt lässt allerdings erhebliche Zweifel an der Möglichkeit einer solchen zukunftsweisenden Veränderung aufkommen. Eine derartige Transformation ist dem schwerfälligen islamischen Körper nicht zuzutrauen. Die Klimastudie sagt ebenfalls voraus, dass das Wasser des Jordans massiv zurückgehen wird, was den Konflikt zwischen Israel, Jordanien und den palästinensischen Gebieten auf dramatische Weise zuspitzen wird.
Dabei sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass der Klimawandel in der arabischen Welt kein Zukunftsszenario mehr darstellt, sondern längst bittere Realität ist. So schreibt Harald Welzer in seinem Buch »Klimakriege. Wofür im 21 . Jahrhundert getötet wird«, dass sich die Wüste im Norden des Sudans in den letzten vierzig Jahren um hundert Kilometer nach Norden vorgearbeitet hat. Die Regenmengen werden laut dem UN -Umweltprogramm im Lande um fünf Prozent im Jahresdurchschnitt zurückgehen, was einen Rückgang von siebzig Prozent der Getreideernte bedeuten würde. Das UN -Programm prognostiziert ebenfalls für Regionen des Sudans das Verschwinden des gesamten Waldes bereits in den kommenden zehn Jahren. Welzer macht diese klimatischen Veränderungen für den seit fünfzig Jahren andauernden Bürgerkrieg zwischen dem dürren Norden und dem fruchtbaren Süden des Sudans mit Hunderttausenden von Toten und mehr als fünf Millionen Flüchtlingen verantwortlich. Zwei Millionen dieser Flüchtlinge halten sich allein in Darfur auf, das zu den ärmsten Gebieten der Erde zählt.
Dreißig Jahre sind es noch, schätzen die Experten, bis zum Ende des Ölsegens und der Ölplage in Arabien. Unter dem Versiegen der Öl- und damit Geldquellen werden nicht nur die Golfstaaten leiden, sondern viele islamische Länder, die auf das Geld ihrer Gastarbeiter angewiesen sind. Allein fünf Millionen Ägypter verdienen ihren Lebensunterhalt in Saudi-Arabien. Diese Gastarbeiter werden mit der Ideologie der Wahhabiten und mit schlechten Zukunftsaussichten in ihre Heimatländer zurückkehren. Welche Wirkung diese Remigranten auf die wirtschaftliche und soziale Balance in ihren Ländern haben werden, bleibt abzuwarten.
Wüste und Bevölkerung wachsen, Erdöl, Wasser und Nahrung werden immer knapper. Dies ergibt ein explosives Gemisch, das jeden Nationalstaat schwächen muss. Der Staat wird das Gewaltmonopol verlieren, was zu Unruhen bis hin zur Anarchie führen kann. Hinzu kommt eine unversöhnliche Geisteshaltung gegenüber dem Westen und der modernen Wissenschaft, wie gegenwärtig in vielen arabischen Staaten zu beobachten ist. All diese Faktoren legen es leider nahe, der Prognose zuzustimmen: Die arabisch-islamische Welt wird untergehen. Zwei Prinzipien beherrschen das Leben und die Natur: Vielfalt und Flexibilität. Wer gegen sie verstößt, stirbt aus. Die islamische Welt tut dies seit geraumer Zeit und wird deshalb in sich zusammenfallen. Es bleibt nur, sich Spenglers Rat zu Herzen zu nehmen: dem Untergang der eigenen Kultur »gefasst ins Auge zu schauen«, die Ursachen dafür unaufgeregt zu analysieren und das zu retten, was noch zu retten ist. Aus den Ruinen der zerfallenen islamischen Zivilisation sollte man auch einen Hügel errichten, von wo aus die Menschen einen Blick auf die Welt werfen können. Wie Fukuzawa Yukichi einst »Auf Wiedersehen, Asien« sagte, um Japan auf den Weg der Modernisierung zu bringen, werden Muslime »Auf Wiedersehen, Orient« sagen müssen, um ihn zu retten. Ich fürchte nur, dass aus diesem »Auf Wiedersehen« keine geistige Erneuerung, sondern die größte Völkerwanderung der Geschichte erwachsen wird.
Denn der Untergang der islamischen Welt bedeutet, dass die Migrationswellen Richtung Europa zunehmen. Entweder wird man den Neuzugewanderten die Pforten öffnen müssen oder sie im Mittelmeer ertrinken lassen. Europa ist dem in beiden Fällen weder moralisch noch wirtschaftlich gewachsen. Junge Muslime, die vor Armut und Terrorismus fliehen, werden auch die Konflikte ihrer Heimatländer mit nach Europa tragen. Europa stellt für sie zwar eine Hoffnung in der Krise dar, doch befreien können sie sich trotzdem nicht von ihren alten Feindbildern. Sie werden in einen Kontinent einwandern, den sie innerlich verachten und
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