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Der Untergang der Shaido

Der Untergang der Shaido

Titel: Der Untergang der Shaido Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Scheune.
    Er blieb an der Schwelle wie angewurzelt stehen, Min und die anderen taten es ihm nach. Logain knurrte einen Fluch. Zwei Laternen, die an den Pfeilern des Heubodens hingen, verbreiteten nur schwaches Licht, aber es reichte aus, um zu sehen, dass jede Fläche vor Fliegen wimmelte, selbst der strohbedeckte Boden. Und genauso viele schienen in der Luft umherzuschwirren.
    »Wo kommen die her?«, fragte Rand. Algarin mochte nicht reich sein, aber seine Scheunen und Ställe wurden so sauber wie möglich gehalten. Der stämmige Kerl zuckte schuldbewusst zusammen. Er war jünger als die meisten der Diener, aber sein Haar hatte sich bereits gelichtet, und seine Augen und seine Mundwinkel wiesen tiefe Falten auf.
    »Weiß nicht, mein Lord«, murmelte er und führte einen schmutzigen Knöchel an die Stirn. Er konzentrierte sich so sehr auf Rand, dass offensichtlich war, dass er nicht in die Scheune sehen wollte. »Ich bin zur Tür gegangen, um Luft zu schnappen, und als ich mich wieder umdrehte, waren sie da. Ich dachte… ich dachte, es wären vielleicht tote Fliegen.«
    Rand schüttelte angewidert den Kopf. Diese Fliegen waren nur zu lebendig. Nicht jeder der Saldaeaner, die diese Scheune verteidigt hatten, war gestorben, aber man hatte alle Gefallenen der Saldaeaner hierher gebracht. Sie mochten es nicht, im Regen begraben zu werden. Keiner von ihnen konnte den Grund dafür nennen, aber man begrub einfach niemanden, solange es regnete. Auf dem Boden lagen neunzehn Männer in einer ordentlichen Reihe, so ordentlich das ging, wenn einigen Gliedmaßen fehlten oder eingeschlagene Schädel aufwiesen. Aber sie waren von ihren Freunden und Kameraden sorgfältig hingelegt worden, die Gesichter gewaschen, die Augen geschlossen. Er war ihretwegen gekommen. Nicht um sich zu verabschieden oder aus anderen sentimentalen Gründen; er hatte keinen dieser Männer persönlich gekannt, lediglich das eine oder andere Gesicht war ihm vertraut. Er war gekommen, um sich in Erinnerung zu rufen, dass selbst etwas, das wie ein vollständiger Sieg erschien, Blut kostete. Und dennoch hatten sie etwas Besseres verdient, als von Fliegen übersät zu sein.
    Ich brauche keine Erinnerung, knurrte Lews Therin.
    Ich bin nicht du, dachte Rand. Ich muss mich abhärten.
    »Logain, schafft die verdammten Mistviecher weg!«, sagte er laut.
    Du bist härter, als ich es jemals war, sagte Lews Therin. Plötzlich kicherte er. Wenn du nicht ich bist, wer bist du dann?
    »Bin ich jetzt hier die verdammte Fliegenklatsche?«, murm elte Logain.
    Rand wirbelte wütend zu ihm herum, aber Alivia sprach, bevor er auch nur ein Wort hervorbringen konnte.
    »Lasst es mich versuchen, mein Lord.« In gewisser Weise bat sie, aber sie wartete wie eine Aes Sedai nicht auf die Erlaubnis. Er bekam eine Gänsehaut, als sie Saidar umarmte und die Macht lenkte.
    Fliegen suchten selbst vor dem leichtesten Regen Schutz, weil ein Regentropfen ausreichte, um eine Fliege zu Boden zu reißen, was sie zu einer leichten Beute machte, bis ihre Flügel wieder getrocknet waren, aber plötzlich war das Tor mit einer summenden Fliegenmasse erfüllt, als wäre der Regen der Scheune vorzuziehen. Die Luft schien nur noch aus ihnen zu bestehen. Rand schlug Fliegen von seinem Gesicht fort, und Min bedeckte das Gesicht mit den Händen, während Ekel im Bund pulsierte, aber sie waren nur an der Flucht interessiert. In wenigen Augenblicken waren sie alle verschwunden. Der ältere Mann starrte Alivia mit offenem Mund an, dann hustete er plötzlich und spuckte zwei Fliegen in die Hand. Cadsuane warf ihm einen Blick zu, der seinen Mund zuschnappen und den Knöchel an die Stirn fliegen ließ. Nur ein Blick, aber sie war, was sie war.
    »Also seht Ihr zu«, sagte sie zu Alivia. Ihre dunklen Augen waren auf das Gesicht der Seanchanerin gerichtet, aber Alivia zuckte nicht zusammen und stotterte auch nicht. Aes Sedai konnten sie nicht so sehr beeindrucken wie andere Leute.
    »Und ich erinnere mich an das, was ich sehe. Ich muss ja irgendwie lernen, wenn ich dem Lord Drachen helfen soll. Ich habe mehr gelernt, als Ihr ahnt.« Min gab einen Laut von sich, beinahe ein Knurren aus tiefster Kehle, und Wut schoss durch den Bund, aber die blonde Frau ignorierte sie.
    »Ihr seid mir nicht böse?«, fragte sie Rand nervös.
    »Nein. Lernt, so viel Ihr könnt. Ihr macht das sehr gut.«
    Sie errötete und schlug die Augen wie ein Mädchen nieder, das von einem unerwarteten Kompliment überrascht worden war. Ihre

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