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Der Untergang der Shaido

Der Untergang der Shaido

Titel: Der Untergang der Shaido Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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einfach so vorbeilassen würden, der in den Stein wollte. Nicht, dass sie ihn hätten aufhalten können. Er konnte ein paar hundert Männer wie Motten zur Seite fegen.
    Aber er war nicht nach Tear gekommen, um jemanden zu töten, nicht, wenn er es nicht musste, also ritt er in den Stallhof eines schindelgedeckten Gasthauses mit zwei Stockwerken aus dunkelgrauem Stein, das allem Anschein nach gute Geschäfte machte. Das Schild an der Vorderseite war neu, es zeigte ausgerechnet eine ungefähre Darstellung der Kreaturen, die sich um seine Unterarme schlängelten. Aber der Künstler war anscheinend der Meinung gewesen, dass ihre Beschreibung nicht adäquat gewesen war, denn er hatte lange, scharfe Zähne und ledrige Schwingen hinzugefügt. Schwingen! Sie sahen fast so aus wie die fliegenden Bestien der Seanchaner. Cadsuane betrachtete das Schild und schnaubte. Nynaeve sah es an und kicherte. Min auch!
    Selbst nachdem Rand den barfüßigen Stallburschen Silber gegeben hatte, damit sie sich um die Pferde kümmerten, starrten sie die Töchter intensiver als die Münzen an, aber nicht fassungsloser als die Gäste im hohen Gemeinschaftsraum des Drachen. Unterhaltungen verstummten, als die Töchter Rand und den anderen folgten, mit den runden Lederschilden in der Hand und den über ihren Köpfen hinausragenden Speerspitzen. Männer und Frauen, die meisten in einfacher, aber hochwertiger Wolle, drehten sich auf den Stühlen mit den niedrigen Lehnen um und starrten in ihre Richtung. Es schien eine Mischung aus Kaufleuten und Handwerkern zu sein, dennoch starrten sie wie Dörfler, die zum ersten Mal eine richtige Stadt sahen. Die Bedienungen in ihren hochgeschlossenen Kleidern und den weißen Schürzen blieben stehen und starrten über ihre Tabletts. Selbst die Frau, die zwischen den beiden an diesem schönen Morgen kalten Steinkaminen die Zimbel schlug, hörte auf zu spielen.
    Ein sehr dunkler Bursche mit dichten Locken, der neben der Tür an einem Tisch saß, schien die Töchter nicht wahrzunehmen. Rand hielt ihn zuerst für jemanden vom Meervolk, auch wenn er einen seltsamen Mantel ohne Kragen oder Aufschläge trug, der einst weiß, nun aber voller Flecken und zerknittert war. »Ich sage Euch, ich habe viele, viele von den… Würmern, die… ja, die auf einem Schiff Seide machen«, sagte er stockend mit einem seltsamen, melodischen Akzent. »Aber ich brauche die… die… Andbeerenblätter… ja, Andbeerenblätter, um sie zu füttern. Wir werden reich.«
    Sein Gefährte winkte abschätzig mit einer plumpen Hand, während er die Töchter anstarrte. »Würmer?«, sagte er abgel enkt. »Jeder weiß doch, dass Seide auf Bäumen wächst.«
    Rand ging weiter in den Gemeinschaftsraum hinein und schüttelte den Kopf, während der Besitzer auf ihn zukam. Würmer! Die Geschichten, die sich manche Leute einfallen ließen, um anderen ein paar Münzen abzuringen.
    »Agardo Saranche zu Euren Diensten, mein Lord, meine Ladys«, sagte der schlanke, langsam kahl werdende Mann mit einer tiefen Verbeugung und breitete die Hände aus. Nicht alle Tairener waren dunkelhäutig, aber er war fast so hell wie ein Cairhiener. »Wie kann ich zu Diensten sein?« Sein Blick wanderte immer wieder zu den Töchtern, und jedes Mal zupfte er an seinem langen blauen Mantel, als säße der plötzlich zu eng.
    »Wir wollen ein Zimmer mit einem guten Blick auf den Stein«, sagte Rand.
    »Es sind Würmer, die die Seide machen, Freund«, sagte ein Mann hinter ihm mit einem gedehnten Akzent. »Bei meinem Augenlicht.«
    Bei dem vertrauten Akzent wirbelte Rand herum und fand Alivia mit totenbleichem Gesicht vor, aus dem jedes Blut gewichen war, wie sie einen Mann in einem dunklen Mantel anstarrte, der gerade auf dem Weg nach draußen war. Mit einem Fluch rannte Rand zur Tür, aber soeben verließen mindestens ein Dutzend Männer in dunklen Mänteln das Gasthaus, und jeder hätte der Sprecher sein können. Es war unmöglich, einen Mann von normaler Größe herauszupicken, den man nur von hinten gesehen hatte. Was tat ein Seanchaner in Tear? Der Spion einer weiteren Invasion? Darum würde er sich bald genug kümmern. Trotzdem wandte er sich mit dem Wunsch von der Tür ab, den Mann in seine Finger bekommen zu haben. Wissen würde besser als Spekulationen sein.
    Er fragte Alivia, ob sie einen guten Blick auf den Burschen hatte werfen können, aber sie schüttelte stumm den Kopf. Sie war noch immer blass. Sie war wild, wenn sie davon sprach, was sie mit Sulʹdam machen

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