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Der Untergang der Telestadt

Der Untergang der Telestadt

Titel: Der Untergang der Telestadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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Behausung mit Feuerstätten…
    »Ich bin so froh, daß wir erst einmal da sind, Sam«, flüsterte Lisa, und sie kuschelte sich an mich.
    Auch in mir hatte sich eine Art schöpferische Zufriedenheit breitgemacht. Boden unter den Füßen, eine Aufgabe, eine unerhörte Aufgabe, raus aus dem wenn auch noch so komfortablen Kasten, gemeinsam mit prächtigen Kameraden, Lisa… Ich streichelte ihren Rücken… Und wir begingen unsere Ankunft in einer neuen Welt.

    Die in der Nacht angesetzten Gifttests zeitigten negative Ergebnisse. Bei einer Probe hatten wir einen erhöhten Kohlenmonoxidanteil festgestellt, der sich bei neuerlichen Analysen nicht bestätigte. Er rührte mit Sicherheit noch vom Brand her…
    Leichtsinn lag Bruno fern. Er ordnete das Tragen der Hemmanzüge und Atemfilter an. Sich selbst teilte er zur ersten Wache ein, und er gestattete zunächst eine halbe Stunde Ausstieg im Sicht- und Hörkontakt. Es war ein ganz anderes Gefühl auf Flora auszusteigen als auf dem Grauen, erhabener vielleicht und mit einer Brise Wehmut. Immerhin wurde man stark an die heimische Umgebung, die Erde, erinnert – und ein wenig Furcht mischte sich in das Empfinden. Auf dem Grauen konnte man weit über die wüsten Flächen hinwegsehen, hatte man einen Horizont. Hier war es, als stünde man in einem Erdeinbruch mit senkrechten schwarzen Wänden. Nur aus größerer Entfernung dräuten dunkle, dichte Wipfel… Unheimlich, ein wenig gruselig. Lisa gestand mir später, sie habe ähnlich empfunden.
    Zum Gesamteindruck trug sicher sehr die Hitze bei. Daß etwa fünfzig Grad Wärme auf uns zukamen, hatten wir vorher ermittelt, daß sie trotz Hemmanzug mit einer so brutalen Saunademse über uns herfiel, hatten wir nicht erwartet. Im Nu lief uns der Schweiß aus allen Poren, und die Schutzbrillen beschlugen. Das Atmen machte uns, durch den lästigen Filter ohnehin erschwert, zu schaffen. Beklemmung stellte sich ein… Es fiel uns nicht leicht, die erste halbe Stunde auf Flora durchzustehen. Wir betraten einen Boden aus schlammiger grauweißer Asche, gemischt mit Holzkohlestücken und angesengtem Geäst. Wir schlossen daraus, daß die pflanzliche Substanz Floras mit der irdischen nahe verwandt sein müsse…
    Carlos hatte die Leitung. Er wies zum Rand der künstlichen Lichtung auf eine Stelle, wo die verkohlten Stämme lichter standen, vielleicht im Abstand von einem dreiviertel Meter, während es sonst dreißig bis fünfzig Zentimeter waren. Da Geäst, Lianen und Bodengestrüpp in diesem Bereich gleichermaßen undurchdringlich schienen, kam uns Carlos’ Gebaren merkwürdig vor.
    Carlos ging als erster in das welkende Dickicht hinein und erreichte bald frisches unversehrtes Grün.
    In der Tat hatten wir – auf der Erde würden wir so sagen – eine Art Wildwechsel erreicht, auf dem man verhältnismäßig gut vorankam. Spuren ließen sich im aufgeweichten, allerdings ausschließlich aus Pflanzenteilen bestehenden Boden nicht erkennen.
    Plötzlich blieb Carlos stehen, sagte »Hoppla!« und begann kräftig um sich zu schlagen und zu zerren. »So eine Heimtücke!« fluchte er. Wir traten rasch näher.
    Wie ein Netz hielt ein feinrankiger Strauch Carlos ganz eng umfangen, und es sah so aus, als zögen sich die feinen, sehr elastischen und mit kleinen Widerhaken versehenen Dornenranken immer fester. Im Ursprung dieser tentakelartigen Zweige klaffte ein wulstiger Spalt. Carlos’ Kräften waren die hinterlistigen Schnüre jedoch nicht gewachsen. Sie rissen unter seiner Muskelanspannung. Dann griff der Gefährte nach meinem Gürtelmesser und schnitt sich seelenruhig frei. Wenig später halfen wir ihm alle, so daß er binnen kurzem das Lästige los war. Ich sah, wie er lachte, wie seine Zähne hinter der Sichtscheibe leuchteten, ich hatte aber auch den Eindruck, er schwitze mehr als wir… Noch etwas Merkwürdiges zeigte uns dieses Schnürkraut: Wie Raupen kroch das Abgeschnittene zwei, drei Zentimeter in den Boden und blieb dann erst ruhig liegen. Mit Sicherheit brachte jeder dieser Zweige eine neue Pflanze hervor.
    Da wies Friedrun ins Dickicht neben die Stelle, an der Carlos überfallen worden war. Dort lagen Skeletteile eines, wir schätzten, hundegroßen Tieres. Später stellten wir fest, daß diese animalische Pflanze ihre Opfer, wenn sie klein waren, in den Schlund ziehen und die größeren mit den feinen Dornen aussaugen konnte…
    Ich hatte wohl doch das rechte Gefühl gehabt, als wir vor Minuten ausstiegen, als ich neben dem Anheimelnden

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