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Der Untergang der Telestadt

Der Untergang der Telestadt

Titel: Der Untergang der Telestadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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bogen dann in einen Quergang, der vermutlich diesen Trakt mit dem mittleren Haupttrum verband.
    Bruno brach die Erkundung an diesem Tag ab. Wir waren erschöpft, nur der Einstieg in das Urschiff hatte uns erneut Kraft gegeben. Der alltägliche Regen setzte ein.

    Anstatt zum Aufbruch, rief Bruno uns am nächsten Tag in der Zentrale zu einer Beratung zusammen. Mich schaltete man videofonisch dazu. »Das Schiff«, begann Bruno, »haben wir in einem halben Jahr nicht gründlich untersucht. Wir wissen mit einiger Sicherheit, daß Menschen es hierher gesteuert haben. Die Kardinalfrage ist, was ist aus ihnen gewor den, wo sind sie… Jeder von uns hat doch gestern angesichts des Raumers das gleiche gedacht…«
    »Sie könnten durch irgendeinen Umstand«, warf ich ein, »dennoch im Schiff verblieben sein. Diese Gewißheit, ob ja oder nein, sollten wir uns unbedingt verschaffen!« Mir war klar, daß im Augenblick jeder »das Dorf« dachte.
    »Wir sollten auch wissen, weshalb das Schiff hier liegt und liegengeblieben ist«, sagte Carlos. »Ich schlage vor, wir teilen uns zwei zu drei. Die Kommandozentrale brauchen wir selbstverständlich, einen Einblick in die Logierräume…« »In diesem Schiff hatten Tausende Platz«, sagte Friedrun.
    Carlos ließ sich nicht beirren. »… und einen Blick auf die Antriebe. In drei, vier Tagen müßte diese Übersicht zu erhalten sein. Wir können ja dort Quartier machen, da sparen wir Zeit.«
    Wir schwiegen, blickten auf Bruno. Mit dem von Carlos zuletzt geäußerten Vorschlag konnte ich mich nicht so recht anfreunden. Andere von uns offenbar auch nicht.
    Carlos spürte das. Er ergänzte: »Ich denke, wir finden Räume, die si
cher genug sind. Eine automatische Bewachung würden wir auch instal
lieren…«
»Wer ist gegen Carlos’ Vorschlag?« fragte Bruno.
Wir schwiegen.
    »Also machen wir es so. Wir legen vorläufig höchstens fünf Tage für diese Untersuchungen fest. Wenn nichts Außergewöhnliches eintritt… Ich glaube, mehr können wir uns nicht leisten. Wir schlagen noch einen Durchbruch zum Weg und setzen den Kettenrover ein, hm?« »Das ist ein Wort!« rief Lisa.
    In zwei Stunden hatten wir die Vorbereitungen zum neuen Programm abgeschlossen.
    Wir schleusten das Fahrzeug aus, beluden es mit weit mehr Gegenständen, als wir zu Fuß mitgeschleppt hätten, obwohl die Entfernung keine drei Kilometer betrug. Aber nun würde der Aufenthalt in diesem mysteriösen Schiff nicht mehr über alle Maßen spartanisch werden. Wir fuhren fröhlich auf dem von uns geschlagenen Weg, der sich nun doch als reichlich schmal erwies, Äste kratzten an der Karosserie, wir schwatzen, machten unernste Bemerkungen.
    Plötzlich bremste Carlos scharf. Irritiert blickten wir nach vorn. Über den Weg schlurfte ein Tier, ein riesiges, ekliges, das am ehesten einem irdischen Kraken glich. Es schob sich auf einem Dutzend Tentakeln vorwärts, die armstark und grün waren, und ich vermutete, es fehlte einer.
    Wir reagierten nicht, verhielten jedoch eine Weile in einer Art Entsetzen. Vielleicht dachte mancher wie ich: Hätte das Untier unlängst mehr Bewegungsfreiheit besessen, mehr Arme um Inge legen können, sie hätte in wenigen Augenblicken den letzten Atemzug getan.
    Nachdenklich und sehr kleinlaut geworden, erreichten wir unser Ziel.
    Wir warfen eine Räucherbombe in die Schleuse, und prompt strich der Mieter, dieser Riesenhautflügler, über den bekannten Weg wieder ab. Mir war, als stieße er diesmal ein unwilliges Knurren aus.
    Auf sein Erscheinen waren wir vorbereitet. Lisa hatte die Kamera am Auge, und wir würden alle Bewegungsphasen, Details der äußeren Beschaffenheit, das Aussehen überhaupt, analysieren können. Der Krake vorhin war uns natürlich entgangen. Niemand hatte ans Fotografieren gedacht.
    Wir fuhren mit dem Rover in die Schleuse. Doch bevor wir tiefer ins Schiff drangen, gebot Bruno nochmals Einhalt. »Wir verbarrikadieren den Eingang hinter uns«, ordnete er an. Und dann scherzte er: »Da haben wir bloß mit dem zu tun, was schon drin ist.«
    Ich fand das gar nicht so lustig, denn ich dachte an den Kraken.
    Wir schlugen lange Äste und junge Stämme und nagelten daraus ein Gatter zusammen, das wir in die klaffende Öffnung der inneren Schleusentür paßten.
    Wir hätten noch ein Stück fahren können, wenn wir diese innere Tür gewaltsam weiter geöffnet hätten, mit einer Sprengung zum Beispiel. Aber wir hatten uns geeinigt, im wesentlichen alles so zu belassen, wie wir es vorfinden

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