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Der Untergang der Telestadt

Der Untergang der Telestadt

Titel: Der Untergang der Telestadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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würden, also entschlossen wir uns, den Rover in der Schleuse zu parken. Einen großen Teil der Ausrüstung entluden wir zunächst nicht.
    Lisa, Carlos und Bruno würden sich um die technischen Einrichtungen kümmern. Lisa deshalb, weil der Arzt stets bei der größeren Gruppe zu sein hatte.
    Für Friedrun und mich blieb all das, was man unter »biosozial« einordnen konnte. Beides vermuteten wir im Mittelteil des Schiffes, so daß wir erst einmal der Schmutzspur folgten.
    Den Grundriß aus der Abbildung hatten wir uns mittlerweile eingeprägt. Danach mußten wir im ersten Quergang nach etwa vierzig bis fünfzig Metern – welch gewaltige Ausmaße! – auf den Haupttrakt stoßen. Das traf ungefähr zu.
    Die Schmutzspur führte eindeutig nach links. Wir rätselten nicht lange. Noch wußten wir nicht, wo vorn, wo hinten war.
    Dieser Korridor vermittelte – bis auf den Schmutz – einen guten, beinahe komfortablen Eindruck, vom Materialeinsatz her, vom Dekor – wenn natürlich auch antiquiert. Was wir trafen, konnten wir funktionell bestimmen. Manchmal hätte man neidisch werden können, wenn man mit der Ausstattung unseres Schiffes verglich…
    Geschmackvolle, dezente Schilder wiesen Wege, gaben Hinweise, was sich hinter Türen einst abgespielt hatte. Leider erfuhren wir ihre Bedeutung nicht. Lisa behauptete, es sei Englisch.
    Die der technischen Gruppe gingen nach rechts, Friedrun und ich dem Schmutz nach.
    Vorerst aber sahen wir in die nächstgelegenen Räume, deren Türen, nur eingeklinkt, sich verhältnismäßig leicht öffnen ließen. Einige fielen uns der verrotteten Angeln wegen entgegen. Die Klinken hatten Anflüge von Grünspan und Algen.
    In den Räumen fanden wir Unterschiedliches, aber nirgends Vollständiges vor: Schränke voller Elektronik, Tastaturen, Signaleinrichtungen. Wir vermuteten Laboratorien, Analysenstationen oder ähnliches. Aber es fand sich nicht ein Stuhl, kein Hocker, kein gewöhnlicher Tisch, kein Gefäß, nichts, was man irgendwie unter »persönlicher Gegenstand« hätte einordnen können.
    Wir entdeckten einen fast leeren und fast sauberen Raum, der größer war als andere und dessen Tür gut funktionierte. Den wollten wir als Aufenthaltsraum wählen, falls die andere Gruppe nichts Besseres fand. Wir vereinbarten eine Uhrzeit, zu der wir uns dort wieder treffen und mit dem Mitgebrachten einrichten wollten.
    Friedrun und ich stapften durch die Korridore. Der Schein der Lampe huschte vor uns her, riß sich blähende Schatten an Decke und Wände. Je tiefer wir in das Schiff drangen, desto weniger Korrodiertes trafen wir an. Nur noch selten huschten da und dort kleine Tiere… Unsere Schritte hallten, ich muß sagen, es wurde mir zunehmend unheimlich. Man stelle sich vor: absolute Finsternis, endlos scheinende, hallende Gänge Angst vor irgendwelchem gefährlichem Getier, vor Überraschungen… Und über dem Ganzen das große Geheimnis. Der muß wohl erst geboren werden, den solches nicht beunruhigt.
    Friedrun ging dicht hinter mir. Dann fühlte ich, wie ihre Hand nach meinem Arm, nach meiner Hand tastete. Ich hielt sie fest. Ob sie ahnte, wie wohl auch mir ihre unmittelbare Nähe, der Körperkontakt taten? Die Erbauer des Schiffes hatten offensichtlich auch Wert auf ein optimales Wohlfühlen der Reisenden gelegt. In bestimmten, unregelmäßigen Abständen buchtete der Korridor links oder rechts auf Kosten weiterer Räume aus, und es entstanden so große Flächen, die jetzt weitgehend leer waren. Aber wir konnten uns gut vorstellen, daß sich dort einstmals Pflanzen, Sitzgelegenheiten, Unterhaltungseinrichtungen befunden hatten. Einige Gegenstände ließen solche Folgerungen zu: installierte Nährstoffrinnen, Automaten und Maschinen vorstellbarer Zweckbestimmung. Aber wie überall: Alles Bewegliche war verschwunden.
    Wir öffneten nur noch jede zweite, dann jede dritte Tür. Es konnten Mannschafts- oder Passagierwohnungen gewesen sein. Wir fanden kleine Sanitärtrakte und Kocheinrichtungen vor. »Da kannst du mal sehen«, sagte Friedrun. »Die haben aus dem vollen gelebt. Sieh dir dagegen unsere Arche an…«
    Ich sprach aus, was wir sicher mittlerweile alle sechs dachten: »Und warum haben sie diesen Palast so gründlich verlassen?«
    Wir stellten fest, daß sogar feste Rauminstallationen, vielleicht Leisten aus Holz oder Kunststoff zur Zierde, gewaltsam entfernt worden waren, und nicht nur in den Zimmern…
    Nach etlichen Dutzend Metern stießen wir auf ein großzügig angelegtes Foyer,

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