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Der Untergang

Der Untergang

Titel: Der Untergang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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hatte? »Entschuldige. Ich war nur … überrascht.«
Die Zigeunerin lachte. »Dann warte ab, bis wir uns besser kennen gelernt haben, Andreas. Ich bin
vielleicht noch für eine Menge Überraschungen gut. Und jetzt sollte ich wirklich gehen.
Ich muss deinem Freund seine Medizin bringen. Und darauf achten, dass er sie auch nimmt.«
Andrej nickte stumm und sah zu, wie sie den Wagen verließ.
Die Lampe, die sie mitgebracht hatte, war längst erloschen, und nachdem Elena gegangen war, schien
auch das Mondlicht, das durch die Fenster fiel, plötzlich blasser zu werden, sodass er in Schatten und fast
vollkommene Stille gehüllt zurückblieb. Und plötzlich hatte er Angst.
Und er wusste nicht einmal, wovor.
Ein unsanftes rütteln an seiner Schulter weckte ihn am nächsten Morgen.
Noch bevor Andrej die Augen aufschlug, ließ er ein gequältes Stöhnen hören, denn das erste, was er nach
dem Aufwachen spürte, war ein rasender Kopfschmerz, der seinen Schädel von innen heraus zu
zertrümmern schien.
Flatternd öffneten sich seine Lider, die er jedoch sofort wieder zusammenpresste, denn das Sonnenlicht
stach ihm wie glühende Messer in die Augen. Dazu kam das unwillige Gerüttel an seiner Schulter, das
noch immer nicht aufhörte und ihm weitere Qual bereitete. Er versuchte, die Hand zur Seite zu schieben,
aber es gelang ihm nicht. Sein Arm schien einen Zentner zu wiegen; er hatte kaum die Kraft, ihn zu heben.
»Machst du jetzt endlich die Augen auf, oder muss ich einen Eimer Wasser holen?«, fragte eine
wohlbekannte und sehr gereizt klingende Stimme.
Andrej versuchte es noch einmal, wobei er vorsichtshalber den Kopf zur Seite drehte, um nicht direkt in
Richtung Fenster zu blicken. Über ihm schwebte ein riesiger schwarzer Schatten, der ihn ärgerlich
anblickte.
»Abu Dun?«, fragte er.
»Es sei denn, du kennst noch einen schwarzen, sieben Fuß großen, ehemaligen Sklavenhändler, der ein gut
gehendes Geschäft und ein erfülltes Leben gegen die undankbare Aufgabe eingetauscht hat, dich auf
deinen haarsträubenden Abenteuern zu begleiten und ständig den Kopf für dich hm zuhalten«, knurrte
Abu Dun. »Was ist los mit dir? Hattest du eine harte Nacht, oder hast du leichtsinnigerweise in den
Spiegel gesehen und bist endlich zu dem Schluss gekommen, dass du dringend mehr Schönheitsschlaf
brauchst?«
Andrej drehte sich ächzend herum und richtete sich unsicher auf.
Seine Augen hatten sich an das Licht gewöhnt, und auch der Schmerz hinter seiner Stirn war jetzt nicht
mehr ganz so schlimm wie noch vor Augenblicken. Dennoch gelang es ihm nicht, den Schlaf so rasch und
mühelos abzuschütteln, wie er es gewohnt war. »Wie ich sehe, geht es dir besser«, murmelte er, während
er sich auf die Knie aufstützte und das Gesicht in den Händen verbarg. »Ich bin im Moment allerdings
nicht sicher, ob das ein Grund zur Freude ist.« Abu Dun lachte rauh. »Der Zaubertrank, den mir die Hexe
gegeben hat, hat seine Wirkung getan, ja«, bestätigte er. »Wenn du willst, frage ich sie, ob sie auch etwas
für dich hat. Du siehst aus, als könntest du ein wenig Medizin gebrauchen.«
»Bitte, Abu Dun«, murmelte Andrej. »Ich habe Kopfschmerzen. Und ich fühle mich miserabel.«
Abu Dun riss ungläubig die Augen auf. »Kopfschmerzen? Du?«
Plötzlich grinste er. »Sag nicht, du hast einen Kater.«
»Dazu müsste ich gestern getrunken haben.« Andrej nahm die Hände vom Gesicht, sah Abu Dun einen
Moment lang müde an und versuchte dann, aufzustehen. Es gelang ihm erst im zweiten Ansatz, und er war
so unsicher, dass er torkelte. Zu allem Überfluss streckte Abu Dun die Hand aus, um ihn zu stützen.
»Schon gut«, sagte Andrej hastig. »So schlimm ist’s nun auch wieder nicht.«
Abu Dun grinste noch immer, aber es war ein Grinsen ohne Beteiligung der Augen. Solange sie zusammen
waren, hatte er seinen Freund in einem solchen Zustand höchstens nach einer schweren oder tödlichen
Verwundung erlebt. Niemals jedoch nach einem ganz normalen Schlaf.
Andrej rieb sich mit Daumen und Zeigefinger über die Augen und atmete tief ein und aus, um seine
Lungen mit Sauerstoff zu füllen. Es half nur wenig; die Benommenheit fiel zwar langsam von ihm ab, aber
die Müdigkeit blieb, und er fühlte sich noch immer sehr schwach. Als er sich das nächste Mal zu Abu Dun
herum drehte und ihn ansah, war das Grinsen des Nubiers endgültig erloschen, und aus der Verwirrung in
seinem Blick war echte Sorge geworden.
Andrej sah an sich herab und stellte fest, dass er nackt

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