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Der Untergang

Der Untergang

Titel: Der Untergang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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könnte?«
»Habe ich schon gesagt, dass ich ein guter Beobachter bin?«, grinste Bason. Er schüttelte den Kopf.
»Außerdem hast du es mir selbst verraten, gestern.«
»Das mag sein«, antwortete Andrej. »Ich verstehe tatsächlich ein wenig von der Kunst des Fechtens. Aber
es dauert Jahre, sie zu erlernen. Und ein Schwert ist auch kein Spielzeug.«
»Ich habe auch nicht gesagt, dass ich von dir erwarte, mich in drei Tagen zu einem Schwertmeister
auszubilden«, antwortete Bason. »Ich will nicht wirklich das Kämpfen lernen. Um ehrlich zu sein: Ich
liebe Waffen nicht besonders. Ich will nicht wissen, wie man tötet, und ich will es auch nicht lernen.«
»Was soll ich dir dann beibringen?«
»Zeig’ mir nur genug, damit ich auch den anderen beibringen kann, wie man nicht ganz so unbeholfen
herumstolpert und sich zum Narren macht. Mehr wollen die Leute ja auch nicht sehen.«
Andrej zögerte. Basons Bitte klang nur logisch, und natürlich sprach aus ihr auch die Begeisterung eines
jungen Mannes für Waffen und Kämpfe, ganz egal, was Bason auch behauptete.
Aber auch seine Antwort war nicht nur so dahin gesagt gewesen.
Ein Schwert war kein Spielzeug. Nicht einmal, wenn es aus Holz war und der, der es führte, von sich
behauptete, das Kämpfen eigentlich nicht zu mögen. Er suchte nach einer möglichst unverfänglichen
Antwort, mit der er Basons Bitte abschlagen konnte, aber dann sah er wieder in die Augen des jungen
Sinti, und darin standen ein so strahlendes Lächeln und ein so unerschütterliches Vertrauen geschrieben,
dass er es einfach nicht übers Herz brachte. So war das nun einmal mit Bason: Er war ihm einfach zu
sympathisch, um ihm irgendeine Bitte abzuschlagen.
»Also gut«, sagte er. »Aber erwarte keine Wunder. Wir werden nicht mehr lange bei euch bleiben.
Wenige Tage reichen nicht, um dir wirklich etwas beizubringen.«
Bason strahlte noch breiter. »Zeig’ mir einfach, an welchem Ende man ein Schwert anfasst«, sagte er.
»Das wäre vielleicht schon ein Fortschritt.«
Gegen seinen Willen musste Andrej lachen. Er machte eine auffordernde Geste zur Bühne hin.
»Willst du nicht erst in deinen Wagen, um dein Schwert zu holen?«, fragte Bason.
»Eure Holzschwerter werden reichen, für den Anfang«, sagte Andrej. »Aber nur, damit es klar ist: Damit
ist mein Teil der Abmachung erledigt. Ich werde nicht heute Abend dort oben stehen und mich zum
Narren machen.«
»Das werden wir sehen«, antwortete Bason. Er lachte, drehte sich herum und lief mit schnellen, weit
ausgreifenden Schritten voraus, jetzt wirklich ein Kind, das sich auf eine Überraschung freute und es vor
Ungeduld kaum noch aushalten konnte.
Während Andrej ihm etwas langsamer folgte, sah er sich unauffällig nach rechts und links um. Das Lager
bot den gleichen Anblick wie am vergangenen Morgen, und es dauerte eine Weile, bis Andrej selbst klar
wurde, dass er nach Elena … suchte.
Warum eigentlich? Wenn schon nicht Anka, so hatten ihm doch spätestens Laurus’ Worte vorhin klar
gemacht, dass es besser war, sie nicht wieder zu sehen. Und auch er selbst hatte sich noch am
vergangenen Abend vorgenommen, auf den Rat der Puuri Dan zu hören, die sicherlich nicht in ihrer
haarsträubenden Begründung, in der Sache aber Recht hatte. Irgendetwas in ihm spürte ganz genau, wie
gefährlich Elena ihm werden konnte, und Andrej hatte schon vor sehr langer Zeit gelernt, dass es besser
war, auf seine innere Stimme zu hören. Und trotzdem musste er immer wieder an Elena denken.
Es kostete ihn spürbare Mühe, den Gedanken zu verscheuchen.
Er schritt schneller aus, erreichte die Bühne fast gleichzeitig mit Bason und sprang mit einem federnden
Satz hinauf, während der junge Sinti einen Umweg über die Treppe nahm.
Bason schenkte ihm ein anerkennendes Nicken, verschwand für einen Moment hinter den bunt bemalten
Tüchern, die die Rückwand der Bühne bildeten, und kam mit zwei gut meterlangen Holzschwertern in der
Hand zurück. Er nahm eine der Waffen in die rechte Hand und wollte die anderen an Andrej
weiterreichen, aber Andrej schüttelte den Kopf.
»Aber ich dachte, du wolltest mich unterrichten«, sagte Bason enttäuscht.
»Das werde ich«, antwortete Andrej. »Greif mich an!«
Bason sah einen Moment lang verständnislos auf die beiden Holzschwerter in seinen Händen herab, dann
zuckte er mit den Schultern - und machte einen blitzschnellen Ausfallschritt, indem er mit beiden Klingen
zugleich nach Andrejs Leib und Gesicht stieß. Für jemanden, der angeblich

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