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Der Untertan

Der Untertan

Titel: Der Untertan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Mann
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schwärmten gemeinsam von künftigem Glanz, wenn sie unter goldener Decke mit anderen Ausgezeichneten, demütig stolz, von der Sonne der Majestät beschienen sein würden... Da hörte Diederich die Dichterin aufseufzen.
    »Ihnen kann ich es sagen«, seufzte sie. »Ich entbehre hier doch sehr den Hof. Wenn man, wie ich, von Geburt dem Hofadel angehört — Und nun —«
    Hinter ihrem Zwicker sah Diederich zwei Tränen perlen. Dieser Blick in die Tragik der Großen erschütterte ihn so sehr, daß er strammstand. »Frau Gräfin!« sagte er, verhalten und stoßweise. »Die heimliche Gräfin sind also —« Er erschrak und schwieg.
    Die bleiche Stimme des Bürgermeisters war eben dabei, dem Präsidenten zu verraten, daß Kühlemann nicht wieder kandidieren werde und daß die Freisinnigen den Doktor Heuteufel aufstellen wollten. Er war mit Wulckow darin einig, daß man Gegenmaßregeln treffen müsse, solange noch niemand die Auflösung des Reichstages erwartete...
    Diederich wagte endlich wieder, leise und schonend: »Frau Gräfin, aber, nicht wahr, es wird alles gut? Sie kriegen sich doch?«
    Frau von Wulckow, mit Takt und Selbstbeherrschung, schränkte die Vertraulichkeit des Gefühls schon wieder ein. In leichtem Plauderton erklärte sie: »Mein Gott, lieber Doktor, was wollen Sie, die leidige Geldfrage! Es ist wohl unmöglich, daß die jungen Leute zusammen glücklich werden.«
    »Sie können doch prozessieren!« rief Diederich, in seinem Rechtsgefühl gekränkt. Aber Frau von Wulckow verflog die Nase. »Fi donc! Das würde zur Folge haben, daß der junge Graf, also Jadassohn, seinen Vater entmündigen ließe. Im dritten Akt, den Sie noch sehen werden, droht er dem Leutnant damit in einer Szene, die mir, glaube ich, gelungen ist. Soll der Leutnant das auf sich nehmen? Und die Zerstückelung des Familienbesitzes? In Ihren Kreisen ginge es vielleicht. Aber bei uns ist eben manches nicht möglich.«
    Diederich verneigte sich. »Dort oben herrschen natürlich Begriffe, die sich unserm Urteil entziehen. Und dem der Gerichte wohl auch«, setzte er hinzu. Die Dichterin lächelte milde.
    »Sehen Sie, und so verzichtet der Leutnant ganz korrekterweise auf die heimliche Gräfin und heiratet die Fabrikantentochter.«
    »Magda?«
    »Jawohl. Und die heimliche Gräfin den Klavierlehrer. So wollen es die höheren Mächte, lieber Herr Doktor, denen wir« — ihre Stimme verdunkelte sich ein wenig — »uns nun einmal zu beugen haben.«
    Diederich hatte noch einen Zweifel, äußerte ihn aber nicht. Der Leutnant hätte die heimliche Gräfin auch ohne Geld heiraten sollen, es würde Diederich tief befriedigt haben in seinem weichen und idyllischen Herzen. Aber ach! diese harte Zeit dachte anders.
    Der Vorhang fiel, das Publikum entrang sich langsam seiner Ergriffenheit, dann spendete es um so wärmeren Beifall dem Dienstmädchen und dem Leutnant, die, es ließ sich leider voraussehen, das schwere Geschick, nicht hoffähig zu sein, wohl noch länger würden tragen müssen.
    »Es ist wirklich ein Elend!« seufzten Frau Harnisch und Frau Cohn.
    Beim Büffet sagte Wulckow, am Ende seiner Beratungen mit dem Bürgermeister: »Wir bringen der Bande noch Gesinnung bei!«
    Dann ließ er seine Tatze schwer auf Diederichs Schulter fallen. »Na, Doktorchen, hat meine Frau Sie schon zum Tee geladen?«
    »Selbstverständlich, und kommen Sie recht bald!« Die Präsidentin hielt ihm die Hand zum Kuß hin, und Diederich entfernte sich beglückt. Wulckow selbst wollte ihn wiedersehen! Mit Diederich zusammen wollte er Netzig erobern!
    Indes die Präsidentin in der Spiegelgalerie Cercle hielt und Glückwünsche entgegennahm, bearbeitete Diederich die Stimmung. Heuteufel, Cohn, Harnisch und noch einige andere Herren erschwerten es ihm, denn sie gaben, wenn auch vorsichtig, zu verstehen, daß sie das Ganze für Quatsch hielten. Diederich war genötigt, ihnen Andeutungen über den durchaus großzügigen dritten Akt zu machen, damit sie verstummten. Dem Redakteur Nothgroschen diktierte er ausführlich, was er von der Dichterin wußte, denn Nothgroschen mußte fort, die Zeitung sollte in Druck gehen. »Wenn Sie aber Blödsinn schreiben, Sie Zeilenschinder, schlag ich Ihnen Ihren Wisch um die Ohren!« — worauf Nothgroschen dankte und sich empfahl. Professor Kühnchen seinerseits, der gehorcht hatte, ergriff Diederich bei einem Knopf und kreischte: »Sie, mein Bester! Eens hätten Se nu aber unserm Klatschdirektor ooch noch erzählen können!« Der Redakteur,

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