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Der untröstliche Witwer von Montparnasse

Der untröstliche Witwer von Montparnasse

Titel: Der untröstliche Witwer von Montparnasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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Aufmerksamkeit zu schenken, ohne dich auch nur zu fragen: ›Warum macht dieser Armand Vandoosler Gratin?‹«
    »Dein verdammtes Gratin ist mir scheißegal«, sagte Louis etwas genervt. »Ich suche Marc.«
    »Ich mache Gratin«, fuhr Armand Vandoosler ungerührt fort, während er die Tür zum Refektorium öffnete, »weil ich in der Zubereitung von Gratin Meister bin.Ich bin also durch mein Talent, was sage ich, durch mein Genie, Gratins zu verfertigen, gleichsam dazu gezwungen. Und du, Deutscher, hättest bei deinen Ermittlungen bleiben sollen, ob nun mit offiziellem Auftrag oder nicht.«
    »Niemand ist verpflichtet, zu tun, was er zu tun versteht.«
    »Ich habe nicht davon geredet, was man zu tun versteht, sondern worin man Meister ist.«
    »Wohnt Marc immer noch im zweiten Stock?« fragte Louis und wandte sich zur Treppe. »Hat ihre Geschichte mit der Chronologie des Treppenhauses sich nicht geändert? Magma im Erdgeschoß, Urgeschichte im ersten Stock, Mittelalter im zweiten und Weltkrieg im dritten?«
    »So ist es. Und ich im Dachstuhl.«
    »Wofür stehst du da oben eigentlich?«
    »Für den Verfall«, erwiderte Vandoosler lächelnd.
    »Stimmt«, murmelte Louis. »Das hatte ich vergessen.«
    Louis betrat Marcs Zimmer und öffnete die Schranktür.
    »Warum bist du mir auf den Fersen?« fragte er Vandoosler, der ihm zusah.
    »Ich weiß gerne, warum du in den Sachen von meinem Neffen herumwühlst.«
    »Wo ist dein Neffe? Ich habe ihn seit Wochen nicht gesehen.«
    »Er arbeitet.«
    »Ach so?« sagte Louis und wandte sich um. »Was macht er denn?«
    »Er wird's dir erklären.«
    Louis suchte sich zwei T-Shirts, eine schwarze Hose, einen Pulli, eine Jacke und ein Sweat-Shirt heraus. Er breitete alles auf dem Bett aus, prüfte den Gesamteindruck, wählte einen Gürtel mit silberner Schnalle und nickte.
    »So wird's gehen«, murmelte er. »Das ist ein guter Querschnitt durch Marcs subtile Manieriertheit. Hast du einen Koffer?«
    »Unten, im Magma«, erwiderte Vandoosler der Ältere und zeigte zu Boden.
    Louis holte sich einen alten Koffer aus dem Abstellraum hinter der Küche, legte sorgfältig die zusammengefaltete Kleidung hinein und verabschiedete sich von dem Alten. Auf der Straße begegnete er Marc Vandoosler.
    »So ist mir das lieber«, sagte Louis. »Ich nehm gerade ein paar Sachen von dir mit.«
    Er stützte den Koffer mit dem Knie ab und öffnete ihn.
    »Siehst du«, sagte er. »Du kannst eine Bestandsaufnahme machen, wenn du magst. Ich geb sie dir so bald wie möglich zurück.«
    »Was machst du mit meinen Klamotten?« fragte Marc leicht verärgert. »Und wo gehst du hin? Kommst du mit, was trinken?«
    »Keine Zeit. Ich habe eine unangenehme Verabredung. Willst du mitkommen, um zu sehen, wo deine Klamotten landen?«
    »Ist das interessant? Es heißt ja, du hättest deinen Job aufgegeben.«
    Louis seufzte.
    »Ja«, sagte er. »Ich habe ihn aufgegeben.«
    »Womit beschäftigst du dich jetzt?«
    »Mit Behältern zum Schuhe-Aufräumen.«
    »Ach so?« fragte Marc aufrichtig erstaunt. »Und jetzt räumst du meine Sachen auf?«
    »Deine Sachen habe ich mitgenommen, um eine Bestie einzukleiden, die zwei Frauen massakriert hat«, sagte Louis kalt.
    »Zwei Frauen? Wen meinst du? Den Typ mit der Schere?«
    »Ja, den Typ mit der Schere«, erwiderte Louis und klappte den Koffer wieder zu. »Na und? Stört's dich, wenn ich ihm deine Klamotten leihe?«
    »Du nervst, Louis! Ich habe dich seit Wochen nicht gesehen, du klaust mir meine beste Jacke, um einen Mörder einzumummeln, und dann schreist du mich auch noch an!«
    »Halt die Klappe, Marc! Willst du, daß dich die ganze Straße hört?«
    »Mir völlig wurscht. Ich kapier eh nichts. Ich geh nach
Hause, ich hab dringend zu bügeln. Klau mir ruhig meine Klamotten, wenn dir das Spaß macht.«
    Louis packte ihn an der Schulter.
    »Es macht mir keinen Spaß. Wir haben keine andere Wahl, und die Geschichte hier macht mich schwindlig. Ich sage dir, wir haben keine andere Wahl. Wir müssen diesen Typen verstecken, schützen, anziehen, kämmen und waschen.«
    »Wie eine Puppe?«
    »Du weißt nicht, wie recht du hast.«
    Es war bald ein Uhr. Es wurde immer heißer.
    »Du drückst dich nicht sehr klar aus«, sagte Marc etwas leiser.
    »Ich weiß. Anscheinend verbreitet dieser Typ Verwirrung in allen Hirnen, denen er sich nähert.«
    »Wer, er?«
    »Die Puppe.«
    »Warum mußt du dich um diese Puppe kümmern?« fuhr Marc ruhig fort. »Ich dachte, du hättest aufgehört.«
    Louis

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