Der Unwillige Braeutigam
litt.
Im Bereich am Rande der Tanzfläche herrschte Platzmangel. Aber Derek gelang es mühelos, sie durch das Gedränge zu führen, bis sie eine Stelle erreichten, wo weniger Menschen standen und man wieder frei atmen konnte.
Sie kamen an einer elegant gekleideten Lady Danvers vorbei, die ihrem Blick auswich, was seltsam war, denn Elizabeth hatte die Dowagercountess nie zuvor so unsicher erlebt, als fühle sie sich in ihrer Haut nicht wohl. Seit dem Abend im Garten hatte die verwitwete Lady sie bei mehreren Gelegenheiten vielmehr mit versteckten Anspielungen auf die bevorstehende Bekanntgabe ihrer Verlobung gequält. Es war, als habe sie mit ihr Katz und Maus gespielt, wobei sie stets darauf geachtet hatte, ihr kleine Wunden zuzufügen.
Elizabeth war sich nicht sicher, wann es ihr auffiel, dass Derek sie weiter und weiter wegführte. Dorthin, wo sie nicht länger von Gästen umgeben waren, sondern sie ihre Stimmen nur noch hinter sich hören konnte, und wo nicht mehr alles so hell erleuchtet war. Aber sobald sie es merkte, blieb sie jäh stehen.
Sie hatte diesen gefahrvollen Weg schon einmal beschritten. Er hatte sie hinter eine Hecke und zu einem charmanten Lord geführt. Und derselbe Weg hatte sie dazu geführt, ihre Unschuld herzugeben. Und die Folgen hatte sie allein zu tragen. Das war der Weg, den ihre Schwester genommen hatte und seitdem jeden Tag bitter bereute. Sie wäre unendlich dumm, ihn erneut zu beschreiten.
Kapitel elf
Elizabeth nahm ihre Hand von seinem Arm. „Ich gehe jetzt zurück zum Ball.“ Ihre Stimme klang nicht sonderlich fest, aber ihre Entscheidung stand.
„Elizabeth … bitte.“ Es war nicht seine zögernde Berührung an ihrem Arm, die sie zurückhielt, sondern das Flehen in seiner Stimme. Es zuckte wie Flammenzungen über sie.
Wenn sie auch nur eine Unze Verstand besäße, würde sie jetzt gehen. Aber er hatte nie vorher so zu ihr gesprochen. Als habe er sich aus der Ferne nach ihr gesehnt, und jetzt war sie plötzlich in Reichweite. Also blieb sie, denn wenn es um Derek und sie ging, bekam ihre Vernunft Flügel und flatterte davon, schwang sich hoch und höher in die Lüfte, bis sie nicht mehr zu sehen war.
Sie war auch nur eine Frau aus Fleisch und Blut.
Sie drehte sich um und spähte zu ihm. Er sah irgendwie anders aus. Wie er sie anschaute – irgendwie weicher, beinahe sehnsüchtig. Als sei sie nicht länger die Elizabeth Smith aus Penkridge, Staffordshire, die irgendwie mit allem verbunden war, was trügerisch und verdorben in der Welt war.
„Was willst du von mir, Derek?“ Er hatte keinen Zweifel daran gelassen, dass er sie keinesfalls heiraten werde; vielleicht wollte er sie als Mätresse nehmen.
Und sie war tatsächlich so dämlich, dass sie nicht sicher sagen konnte, ob sie ihn abweisen würde.
„Nicht hier.“ Er blickte sich um. „Lass uns eine Stelle suchen, wo wir ungestört reden können.“
Der Korridor war nur spärlich erleuchtet und bis auf sie leer, aber der Eingang zum Saal war zu sehen. Jeder, der hinaustrat, würde sie entdecken.
Sie zögerte einen Moment, dann gab sie mit einem Nicken nach.
Er nahm ihre Hand in seine und führte sie über einen schmalen Flur, der von da abzweigte, wo sie standen.
„Wie es scheint, kennst du dieses Haus in und auswendig“, murmelte sie, nicht wirklich vorwurfsvoll, obwohl es sie störte, sich vorzustellen, woher diese Kenntnis höchstwahrscheinlich stammte.
„Ich habe als Kind oft hier gespielt. Lord und Lady Templeton stehen mir nahe wie enge Verwandte. Ich bin praktisch mit ihrem Sohn zusammen aufgewachsen“, erklärte er und schaute sie kurz von der Seite an.
Nach diesen Worten verspürte Elizabeth nicht länger den Wunsch, Lady Templeton Gewalt anzutun. Er hatte die Vertrautheit zwischen ihm und der Dame des Hauses damit stichhaltig begründet. „Wohin bringst du mich?“
„An einen Ort, wo uns niemand stören wird“, lautete seine wenig erhellende Antwort.
Beinahe hätte sie sich von ihm gelöst. Sie wobei stören? Hatte er etwa … etwa vor, etwas Ungehöriges zu tun? Und ausgerechnet hier? Die Vorstellung erregte sie nicht und füllte sie auch nicht mit unerlaubter Vorfreude.
Er hatte ihr Zögern als Ängstlichkeit gedeutet, denn er fasste ihre Hand fester, beugte seinen Kopf vor und flüsterte ihr zu: „Vertrau mir.“
Ihm vertrauen, wie er ihr vertraut hatte? Das war Grund genug, ihn augenblicklich hier stehen zu lassen und zurück in den Ballsaal zu gehen.
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