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Der Ursprung der Familie, des Privateigenthums und des Staats

Der Ursprung der Familie, des Privateigenthums und des Staats

Titel: Der Ursprung der Familie, des Privateigenthums und des Staats Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Engels
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ihrigen austritt. Wer weiß es nicht, daß die verheirathete Frau das Erbrecht gegen ihre Gentilen aktiv und passiv einbüßt, dagegen mit ihrem Mann, ihren Kindern und dessen Gentilen überhaupt in Erbverband tritt? und wenn sie ihrem Mann an Kindesstatt wird, und in seine Familie gelangt, wie kann sie seinem Geschlecht fern bleiben?« (S. 9–11.)
    Mommsen behauptet also, die römischen Frauen, die einer Gens angehörten, hätten ursprünglich nur innerhalb ihrer Gens heirathen dürfen, die römische Gens sei also endogam gewesen, nicht exogam. Diese Ansicht, die aller Erfahrung bei andern Völkern widerspricht, gründet sich hauptsächlich, wenn nicht ausschließlich, auf eine einzige vielumstrittene Stelle des Livius (Buch XXXIX, L. 19), wonach der Senat im Jahr der Stadt 568, vor unsrer Zeitrechnung 186, beschloß, uti Feceniae Hispallae datio, deminutio, gentis enuptio, tutoris optio item esse quasi ei vir testamento dedisset, utique ei ingenuo nubere liceret, neu quid ei qui eam duxisset, ob id frandi ignominiaeve esset – daß die Fecenia Hispalla das Recht haben soll, über ihr Vermögen zu verfügen, es zu vermindern, außer der Gens zu heirathen, und sich einen Vormund zu wählen, ganz als ob ihr [verstorbner] Mann ihr dies Recht durch Testament übertragen hätte; daß sie einen Vollfreien heirathen dürfe, und daß dem, der sie zur Frau nehme, dies nicht als schlechte Handlung oder Schande angerechnet werden soll.
    Unzweifelhaft wird hier also der Fecenia, einer Freigelaßnen, das Recht ertheilt, außerhalb der Gens zu heirathen. Und ebenso unzweifelhaft hatte hiernach der Ehemann das Recht, testamentarisch seiner Frau das Recht zu übertragen, nach seinem Tode außerhalb der Gens zu heirathen. Aber außerhalb welcher Gens?
    Mußte die Frau innerhalb ihrer Gens heirathen, wie Mommsen annimmt, so blieb sie auch nach der Heirath in dieser Gens. Erstens aber ist diese behauptete Endogamie der Gens grade das, was zu beweisen ist. Und zweitens, wenn die Frau in der Gens heirathen mußte, dann natürlich auch der Mann, der ja sonst keine Frau bekam. Dann kommen wir dahin, daß der Mann seiner Frau testamentarisch ein Recht vermachen konnte, das er selbst, und für sich selbst, nicht besaß; wir kommen auf einen rechtlichen Widersinn. Mommsen fühlt dies auch, und vermuthet daher: »es bedurfte für die Ausheirathung aus dem Geschlecht rechtlich wohl nicht bloß der Einwilligung des Gewalthabenden, sondern der sämmtlichen Gentilgenossen.« (S. 10, Note.) Das ist erstens eine sehr kühne Vermuthung, und zweitens widerspricht es dem klaren Wortlaut der Stelle; der Senat gibt ihr dies Recht an Stelle des Mannes , er gibt ihr ausdrücklich nicht mehr und nicht minder als ihr Mann ihr hätte geben können, aber was er ihr gibt ist ein absolutes , von keiner andern Beschränkung abhängiges Recht; so daß, wenn sie davon Gebrauch macht, auch ihr neuer Mann darunter nicht leiden soll; er beauftragt sogar die gegenwärtigen und künftigen Konsuln und Prätoren dafür zu sorgen, daß ihr keinerlei Unbill daraus erwachse. Mommsen's Annahme scheint also durchaus unzulässig.
    Oder aber: die Frau heirathete einen Mann aus einer andern Gens, blieb aber selbst in ihrer angebornen Gens. Dann hätte nach der obigen Stelle ihr Mann das Recht gehabt, der Frau zu erlauben, aus ihrer eignen Gens hinaus zu heirathen. Das heißt, er hätte das Recht gehabt, Verfügungen zu treffen in Angelegenheiten einer Gens, zu der er gar nicht gehörte. Die Sache ist so widersinnig, daß darüber kein Wort weiter zu verlieren ist.
    Bleibt also nur die Annahme, die Frau habe in erster Ehe einen Mann aus einer andern Gens geheirathet und sei durch die Heirath ohne Weiteres in die Gens des Mannes übergetreten, wie dies Mommsen auch für solche Fälle tatsächlich zugibt. Dann erklärt sich der ganze Zusammenhang sofort. Die Frau, durch die Heirath losgerissen von ihrer alten Gens und aufgenommen in den neuen Gentilverband des Mannes, hat in diesem eine ganz besondre Stellung. Sie ist zwar Gentilgenossin, aber nicht blutsverwandt; die Art ihrer Aufnahme schließt sie von vornherein aus von jedem Eheverbot innerhalb der Gens, in die sie ja gerade hineingeheiratet hat; sie ist ferner in den Eheverband der Gens aufgenommen, erbt beim Tode ihres Mannes von seinem Vermögen, also Vermögen eines Gentilgenossen. Was ist natürlicher, als daß dies Vermögen in der Gens bleiben, sie also verpflichtet sein soll, einen Gentilgenossen ihres ersten Mannes

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