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Der Ursprung des Bösen

Der Ursprung des Bösen

Titel: Der Ursprung des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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vorbereitet hatte.
    Eine Vision verschlug ihr plötzlich den Atem. Der Mörder trug den Körper des Opfers in einer braunen Plastikhülle auf dem Rücken. Tief gebeugt ging er durch den Nebel. Sofort kamen ihr Bedenken. Die Leiche samt Tierkopf wog gut und gern hundert Kilo. Der Mörder musste also ein wahrer Koloss sein. Oder hatte er dem Jungen den Stierkopf erst an Ort und Stelle aufgesetzt? Dann aber hätte er zweimal von seinem Auto zur Grube gehen müssen. Und wo hatte er geparkt? Auf dem offiziellen Parkplatz?
    »Bitte?«
    »Ich wollte wissen, ob du dein Ermittlerteam schon zusammengestellt hast«, wiederholte Véronique Roy.
    »Mein Team? Da kommt es gerade.«
    Le Coz tappte mit vorsichtigen Schritten über den Schotter auf sie zu. Er trug die vorschriftsmäßige Sicherheitsweste. Die Staatsanwältin sah ihn erstaunt an. Sie hatte helle Augen unter fein geschwungenen Brauen. Anaïs musste zugeben, dass sie wirklich hübsch war.
    »Das war ein Scherz«, lächelte sie. »Darf ich dir Kommissar Hervé Le Coz vorstellen? Er ist mein Stellvertreter und hat heute Nacht mit mir zusammen Bereitschaftsdienst. Mein restliches Team steht in einer Stunde.«

U nter der Sicherheitsweste trug Le Coz einen schwarzen Kaschmirmantel. In seinem ebenfalls pechschwarzen, mit Gel frisierten Haar glitzerten winzige Wassertröpfchen. Sein Atem stieg als Dunstwölkchen zwischen seinen sinnlichen Lippen empor. Sein ganzes Wesen verströmte eine verführerische Raffinesse, die bei Véronique Roy eine Art Verteidigungsreflex hervorrief, der sich als unmerkliche Erstarrung äußerte. Anaïs grinste. Ganz offensichtlich war Véronique Single, genau wie sie selbst. Jeder Kranke erkennt die Anzeichen seiner eigenen Krankheit problemlos auch bei anderen.
    Kurz schilderte sie Le Coz die Situation, ehe sie in einen Befehlston verfiel. Dieses Mal jedoch meinte sie es ernst.
    »Als Erstes muss das Opfer identifiziert werden, ehe wir uns seiner unmittelbaren Umgebung zuwenden.«
    »Glaubst du, dass der Tote seinen Mörder gekannt hat?«, fragte Véronique Roy.
    »Zunächst einmal glaube ich gar nichts. Als Erstes müssen wir in Erfahrung bringen, wer der Tote überhaupt ist. Danach gehen wir ganz systematisch vor – von seinen engeren Bekanntschaften zu den weiter entfernten. Erst die Freunde, die er schon seit seiner Kindheit hatte, dann die Leute, die er zufällig eines Abends getroffen hat.«
    Anaïs wandte sich an den Kommissar:
    »Ruf die anderen an. Wir müssen sämtliche Bänder der Videoüberwachung des Bahnhofs überprüfen, und zwar nicht nur die von den letzten vierundzwanzig Stunden.«
    Sie wies auf den Parkplatz.
    »Unser Kandidat ist sicher nicht durch die Schalterhalle gekommen, sondern vermutlich über den Personalparkplatz auf die Gleise gelangt. Du konzentrierst dich auf die entsprechenden Bänder. Schreib dir alle Autokennzeichen auf, suche nach den Haltern und stelle ihnen die entsprechenden Fragen. Besuche die Führungskräfte, die Angestellten und die Techniker des Bahnhofs. Sie sollen sich mal den Kopf zerbrechen – vielleicht fällt ihnen ja irgendetwas Verdächtiges ein.«
    »Wann sollen wir anfangen?«
    »Wir haben schon angefangen.«
    »Aber es ist drei Uhr morgens.«
    »Dann hol die Leute eben aus dem Bett. Das ehemalige Bahnbetriebswerk muss durchsucht werden, weil sich in solchen Gebäuden immer Tippelbrüder herumtreiben. Vielleicht haben sie etwas gesehen. Und was den Lokführer angeht …«
    »Welchen Lokführer?«
    »Der die Rangierlok gefahren und die Leiche entdeckt hat. Ich will seinen ausführlichen Vernehmungsbericht morgen früh auf dem Schreibtisch haben. In den nächsten Stunden wird jeder von uns, der abkömmlich ist, an der Überwachung des Geländes teilnehmen und sowohl Reisende als auch Stammkunden befragen.«
    »Aber es ist Sonntag.«
    »Willst du vielleicht bis Montag warten? Bitte die Schutzpolizei und meinetwegen auch die Verkehrspolizei um Mithilfe.«
    Le Coz schrieb sich alles auf, ohne weiter darauf einzugehen. Sein Notizblock triefte vor Nässe.
    »Jemand muss sich auch um den tierischen Aspekt kümmern.«
    Le Coz blickte Anaïs an. Er verstand nicht, was sie meinte.
    »Der Stierkopf kommt schließlich irgendwoher. Nimm Kontakt zu den Gendarmen aus dem Aquitaine, dem Departement Landes und dem Baskenland auf.«
    »Warum so weit weg?«
    »Weil es sich um einen Kampfstier handelt. Einen toro bravo .«
    »Woher weißt du das?«
    »Ich weiß es eben. Die nächstgelegenen Zuchten befinden sich

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