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Der Ursprung des Bösen

Der Ursprung des Bösen

Titel: Der Ursprung des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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lagen auf dem Tisch. Beide wussten Bescheid.
    »Wer arbeitet an meinem Fall?«
    »Im Prinzip ich. Zurzeit kümmern wir uns hauptsächlich um die Schießerei in der Rue de Montalembert.«
    Sie zeigte auf die Fotos.
    »Und das hier?«
    Solinas lächelte.
    »Sobald wir eine Verbindung zwischen den drei Morden erkennen, bleibt immer noch genügend Zeit, eine Sonderkommission zu bilden. Aber vielleicht wissen wir ja längst, wer der Mörder ist. Bei der Vorstellung, ihn schon bald schnappen zu können, geht mir echt einer ab, meine Schöne. Das einzige Problem ist, dass mir die Jungs von der Ausländerbehörde Janusz vielleicht streitig machen werden.«
    Solinas hielt offenbar sein Wunschdenken für Realität, doch allein kam er bei dem Fall nicht weiter. Er hoffte auf eine rasche Lösung. Und dafür brauchte er sie. Nicht nur für ein paar Recherchen über die griechische Antike, sondern auch für die nötigen Analysen, das Zusammensetzen von Puzzlestücken und die Weiterverfolgung eines Falles, mit dem sie bereits in Bordeaux befasst gewesen war.
    Erneut betrachtete sie die Fotos. Dabei fiel ihr ein wichtiges Detail ins Auge.
    »Der Mann war ziemlich groß, nicht wahr?«
    »Etwa zwei Meter fünfzehn. Der muss einen Riesenprügel gehabt haben. Ein wahres Monstrum. Was wiederum einen dieser Raubmorde ausschließt, bei dem es nur um Klamotten geht. Es sei denn, der Mörder wollte sich ein Zelt nähen.«
    »Hat man in seinem Blut Heroin gefunden?«
    »Dir kann man auch wirklich nichts verbergen.«
    »War er ein Junkie?«
    »Eher ein Säufer.«
    Es gab keinen Zweifel mehr. Dieser Mann da war Nummer drei auf der Liste des mythologischen Mörders. Eines Mörders, der offenbar sehr überzeugend wirken konnte. Immerhin hatte er den Riesen überredet, sich einen tödlichen Schuss zu setzen. Ihr fiel ein, dass Philippe Duruy von einem bandagierten Mann gesprochen hatte, der an Lepra litt. Sie dachte an die verzerrte Fratze der Zeichnungen. Bei dieser Darstellung handelte es sich vermutlich eher um eine ethnisch inspirierte Übertreibung als um die Maske einer griechischen Tragödie.
    Sie klappte die Akte zu. Nach wie vor spürte sie einen verwirrenden Zusammenhang zwischen den einzelnen Elementen, ohne ihn jedoch genau zu erkennen.
    »Dann mal los«, sagte sie. »Ich rufe dich heute Abend an.«
    Solinas erhob sich und griff nach seinem Aktenordner.
    »Morgen wirst du dem Richter vorgeführt.«

E r erwachte auf dem orangen Federbett. Immer noch trug er die Jogginghose und die Kapuzenjacke. Er fühlte sich wohl und sicher. Dieses Atelier, das er nicht kannte, das aber ihn zu kennen schien, beschützte ihn.
    Er öffnete die Augen. Über seinem Kopf wölbte sich ein genieteter Stahlträger, der ihn an den Eiffelturm erinnerte. Bücher von Zola fielen ihm ein – leider hatte er die Titel vergessen –, wo Leute in Ateliers dieser Art lebten, schliefen und arbeiteten. Für einige Tage würde er einer dieser Männer sein.
    Um ihn herum lagen eine Menge handbeschriebener Blätter. Ihm fiel wieder ein, wie viele Notizen er sich in der vergangenen Nacht gemacht hatte. Die ganze Nacht hatte er sich im Internet herumgetrieben und sich auf Seiten wie sasha.com und anderen Partnervermittlungen bewegt, Chaplains letzte Verbindungen nachvollzogen und Namen – natürlich nur Nicknames – und Daten verglichen. Das Ergebnis war gleich null. Später hatte er erfolglos das ganze Loft nach einem Terminkalender oder Adressbuch abgesucht. Eingeschlafen war er erst gegen vier Uhr morgens.
    Während seiner Besuche in den Chatrooms hatte sich seine Überzeugung gefestigt, dass Nono nicht etwa ein notorischer Weiberheld, Sexprotz oder vereinsamter Mensch war, sondern dass er nach etwas oder jemand ganz Bestimmtem suchte. Es war dieser Fluch des »Reisenden ohne Gepäck«. Aus einem bestimmten Grund, den er noch nicht begriffen hatte, konzentrierte Nono sich dabei besonders auf das Matchmaking . Möglicherweise suchte er im Labyrinth des World Wide Web eine Frau.
    Bisher war es ihm allerdings nicht gelungen herauszufinden, um welche Frau es ging. Die halbe Nacht hindurch waren Nicknames an ihm vorübergezogen. Nora33, Tinette, Betty14, Catwoman, Sissi, Stef, Anna, Barbie, Aphrodite, Nico6, Finou, Kenny. Wieder und wieder hatte er die albernen Dialoge, erotischen Anzüglichkeiten und zärtlichen Liebesworte aller denkbaren Phasen gelesen – von der rohen Lust bis hin zur flüchtigen Hoffnung.
    Das Gefühl, das die nächtliche Beschäftigung hinterlassen

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