Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Ursprung des Bösen

Der Ursprung des Bösen

Titel: Der Ursprung des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
Vom Netzwerk:
sie in die Tasche. Sein Outfit entsprach dem Nono-Look: fünfzig Prozent Ralph Lauren, fünfzig Prozent Armani, das Ganze eingehüllt in einen marineblauen Blazer.
    »Vergessen Sie meine Flatrate. Ich will ein neues Handy mit einer neuen Nummer.«
    »Aber das kostet Sie eine Stange Geld.«
    »Das geht nur mich etwas an.«
    Mit missbilligender Miene setzte der Verkäufer zu einem längeren Monolog in einer scheinbar fremden Sprache an, in dem es um »Monoblock«, »Quadband«, »Megapixel«, »Bluetooth« und »Live Messenger« ging. Angesichts der unverständlichen Informationsflut tat Chaplain das, was jeder an seiner Stelle getan hätte: Er entschied sich nach Optik und möglichst einfacher Bedienbarkeit.
    »Ich nehme dieses da.«
    »Ich an Ihrer Stelle würde …«
    »Dieses da, klar?«
    Der Verkäufer stieß einen erschöpften Seufzer aus, als wollte er sagen: »Alles Ignoranten.«
    »Was kostet es?«
    »Zweihundert Euro. Aber wenn Sie …«
    Chaplain legte einen Fünfhundert-Euro-Schein auf die Ladentheke. Mit säuerlicher Miene griff der Verkäufer nach dem Schein und zählte das Rückgeld ab. Dann füllten sie den Vertrag aus. Für Chaplain gab es keinen Grund zu lügen. Der Vertrag wurde auf seinen Namen und seine Adresse ausgestellt.
    »Ist das Gerät aufgeladen?«, fragte er und zeigte auf die Schachtel. »Ich würde es gern sofort benutzen.«
    Der Verkäufer lächelte wissend. Mit knappen Handbewegungen befreite er das Gerät von seiner Verpackung, nahm es auseinander und setzte SIM-Card und Batterie ein.
    »Wenn Sie Fotos machen wollen, sollten Sie sich eine Micro-SDHC-Speicherkarte kaufen. Sie …«
    »Ich will wirklich nur telefonieren, kapiert?«
    »Kein Problem. Aber vergessen Sie nicht, das Gerät heute Abend aufzuladen.«
    Chaplain steckte das Handy in die Tasche.
    »Wieso bekomme ich eigentlich für meine Rechnungen keine Verbindungsdetails?«, erkundigte er sich.
    »Die bekommt niemand. Man kann sie ausschließlich im Internet einsehen.«
    »Und was muss ich dafür tun?«
    Der Blick des Verkäufers wechselte von Geringschätzung zu Argwohn. Allmählich schien er sich zu fragen, aus welcher Anstalt dieser Irre entflohen war.
    »Sie müssen einfach nur die Daten eingeben, die Sie in Ihrem Vertrag finden, um die Liste einzusehen. Und für die andere Nummer nehmen Sie die Daten aus diesem Vertrag.«
    »Meinen Sie den neuen Vertrag?«
    »Nein. Ihre Rechnung lautet auf ein anderes Konto.«
    Chaplain zog die Rechnung aus der Tasche und legte sie auf den Ladentisch.
    »Und wo finde ich das?«
    »Hier«, erklärte der Verkäufer und tippte mit dem Zeigefinger auf das Blatt.
    Chaplain begriff nicht, was der Mann meinte.
    »Aber da steht doch keine Nummer.«
    »Weil Sie sich für die Option ›Daten verdecken‹ entschieden haben. Warten Sie mal.«
    Er nahm die Rechnung und setzte sich an seinen Computer. Irgendwie roch das Ganze nach Big Brother . Dieser einfache Verkäufer schien alles sehen und alles entschlüsseln zu können. Dieses Mal jedoch musste er klein beigeben.
    »Tut mir leid. Für diese Nummer kann ich gar nichts herausfinden. In Ihrem Vertrag ist festgelegt, dass jede Information unterdrückt wird und auch keine geografische Ortung möglich sein soll. Außerdem haben Sie unterschrieben, dass Sie keine Rechnung wünschen.« Er warf Chaplain einen ironischen Blick zu. »Ihr Vertrag ist sicherer als Fort Knox.«
    Chaplain antwortete nicht. Inzwischen hatte er begriffen, dass er nur mit dieser Nummer weiterkam. Mit der Nummer, hinter der sich die Geheimnisse verbargen, nach denen er forschte.
    »Aber natürlich«, rief er und schlug sich an die Stirn. »Das hatte ich ja völlig vergessen. Glauben Sie, dass ich im Internet irgendetwas wiederfinden kann? Frühere Anruflisten zum Beispiel?«
    »Kein Problem, vorausgesetzt, Sie erinnern sich an das Passwort.« Der Verkäufer zwinkerte ihm zu. »Und dass Sie Ihre letzte Rechnung bezahlt haben.«
    Chaplain verließ den Laden, ohne sich noch einmal umzudrehen. Er hatte es eilig, in sein Atelier zurückzukehren und im Internet seinen Geheimnissen nachzuspüren.
    An der Place Léon Blum blieb er vor einem Zeitungskiosk stehen. Die Schießerei in der Rue de Montalembert und das Massaker in der Villa Corto waren längst von den Titelseiten verschwunden. Erstaunlicher fand er, dass seine Flucht aus dem Hôtel-Dieu mit keinem Wort erwähnt wurde. Sein Bild war in keiner Zeitung mehr zu sehen, und nirgends stand ein Aufruf an Zeugen, sich zu melden. Was

Weitere Kostenlose Bücher