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Der Ursprung des Bösen

Der Ursprung des Bösen

Titel: Der Ursprung des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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schon beleidigend.
    »Christian wurde anhand seiner Fingerabdrücke identifiziert«, berichtete sie. »Im Jahr davor war er einmal kurz in Polizeigewahrsam, wegen Alkohol am Steuer. Seine Fingerabdrücke waren also bekannt. Ich habe keine Ahnung, warum, aber der Abgleich hat über zwei Wochen gedauert.«
    »Und wie ging es dann weiter?«
    »Man hat Christian mir anvertraut. Professor Kubiela äußerte sich ziemlich pessimistisch über seine Heilungschancen.«
    »Und dann?«
    »Christian zog bei uns ein. Ich wohne mit meinem Mann und den Kindern in einem Einfamilienhaus in Sèvres. Es war ziemlich unpraktisch.«
    »Glaubte er zu diesem Zeitpunkt immer noch, dass er David Longuet hieß?«
    »Oh ja. Es war einfach schrecklich!«
    »Konnte er sich auch nicht an Sie erinnern?«
    Nathalie Forestier antwortete nicht. Chaplain kannte diese Art Schweigen nur allzu gut. Die Frau weinte.
    »Hat er so in Ihrer Familie gelebt?«, hakte er ein paar Sekunden später nach.
    »Einen Monat später ist er geflohen. Und dann …«
    Wieder schwieg sie. Er hörte ihr ersticktes Schluchzen.
    »Schließlich fand man seine Leiche vor einer Fabrik für Baubedarf am Quai Marcel-Boyer in Ivry-sur-Seine. Sie war schrecklich verstümmelt.«
    Chaplain schrieb beharrlich mit, obwohl seine Hand zitterte. Endlich betrat er bekanntes Terrain.
    »Entschuldigen Sie die Frage, aber können Sie mir die Verstümmelungen beschreiben?«
    »Das können Sie doch im Autopsiebericht nachlesen.«
    »Ich möchte Sie inständig bitten, mir zu antworten.«
    »Ganz genau weiß ich es nicht mehr. Ich wollte es auch gar nicht wissen. Er hatte … Ich glaube, sein Gesicht war von oben bis unten aufgeschlitzt.«
    Christian Miossens, alias Gentil-Michel, alias David Longuet gehörte also zu denen, die ein Implantat hatten. Wie Patrick Bonfils und wie er selbst. Anaïs Chatelet hatte recht gehabt. Das Implantat setzte ein Produkt im Körper frei, das zu den Symptomen eines »Reisenden ohne Gepäck« führte. Und es war dieses Gerät, das die Mörder unbedingt zurückhaben wollten.
    »Hören Sie«, sagte Nathalie schließlich, »ich habe genug von Ihren Fragen. Wenn Sie noch etwas wissen wollen, laden Sie mich vor. Aber wenn Sie Neuigkeiten haben, dann möchte ich sie wissen.«
    Er murmelte, dass neue Erkenntnisse der Polizei ermöglichten, die Ermittlungen wieder aufzunehmen. Natürlich wollte er der Frau keine falschen Hoffnungen machen.
    »Wir haben Ihre Adresse«, erklärte er schließlich in amtlichem Ton. »Morgen stellen wir Ihnen eine Vorladung zu. Im Büro teile ich Ihnen dann unsere neuen Erkenntnisse mit.«
    Chaplain bezahlte seinen Kaffee und ging auf der Suche nach einem Taxi in die Nacht hinaus. Er wandte sich in Richtung Seine und schlenderte den Quai de la Tournelle entlang. Die Straße war menschenleer. Die Autos auf der Fahrbahn schienen es eilig zu haben; wahrscheinlich wollten die Fahrer so schnell wie möglich nach Hause. Die Silhouette von Notre-Dame ragte wie ein wuchtiger Schatten in der eisigen, trostlosen Nacht auf. Auch Chaplain wäre gern nach Hause gegangen, aber zunächst musste er die neuen Informationen auswerten.
    Christian Miossens, alias David Longuet.
    Patrick Bonfils, alias Pascal Mischell.
    Mathias Freire, alias …
    Drei Versuchskaninchen.
    Drei »Reisende ohne Gepäck«.
    Drei Männer, die eliminiert werden mussten.
    Welche Rolle aber spielten Anne-Marie Straub oder Medina in dieser Sache? Waren sie Treiberinnen? Oder Jägerinnen, die einsame Beute stellten?
    Für Christian Miossens mochte diese Hypothese zutreffen, nicht aber für Patrick Bonfils, den armen Fischer von der baskischen Küste. Und er selbst? War der Mann, dessen Identität er vor der Arnaud Chaplains innegehabt hatte, auch Mitglied in Sashas Club gewesen? War er von Feliz hereingelegt worden? Unter den Opfern der Amazone hatte er sein eigenes Konterfei nicht finden können.
    Endlich hielt zwanzig Meter vor ihm ein Taxi und setzte seinen Fahrgast an der Ecke Rue des Grands Augustins ab. Chaplain rannte los und stieg steif vor Kälte in den Wagen.
    »Wohin soll es gehen?«
    Er blickte auf seine Uhr. Es war nach Mitternacht – die ideale Uhrzeit, um auf die Jagd nach Mädchen zu gehen.
    »Zu Johnny’s. Rue Clément Marot.«

E s gibt etwas Neues, meine Schöne.«
Schlaftrunken hörte Anaïs Solinas am Telefon zu, ohne es wirklich zu glauben. Man hatte sie aus dem Bett geholt, zum Zimmer der Aufseherinnen gescheucht und ihr einen Hörer in die Hand gedrückt. So etwas

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