Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Ursprung des Bösen

Der Ursprung des Bösen

Titel: Der Ursprung des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
Vom Netzwerk:
willen.«
    »Sie ist seit Monaten verschwunden.«
    »Wenn du meine Fragen beantwortest, erzähle ich dir, was ihr passiert ist.«
    In ihrem Blick mischten sich Wut und Angst. Trotz ihrer Winterjacke mit dem Pelzkragen schlotterte sie vor Kälte. Sie drückte ihre Zigarette im Aschenbecher aus und zündete die nächste an. Ihr Feuerzeug war aus mit Gold bestäubtem Chinalack. Chaplain hielt es für eine Trophäe, ähnlich wie Sashas Birkin. Frauen in Paris sind Kriegerinnen. Sie prunken mit ihrer Beute, wie Indianer Skalps an ihren Gürtel knüpfen.
    Plötzlich drehte Leila den Zündschlüssel und schaltete das Gebläse der Heizung auf Höchststufe.
    »Mann, ist das kalt hier. Wo waren wir stehen geblieben?«
    »Bei sasha.com . Wie bist du darauf gekommen?«
    »Durch einen von Medinas Kunden. Ein schicker Typ. Wohnte in einem Hotel im 8. Arrondissement.«
    »Im Theodor?«
    »Nein, es war ein anderes. An den Namen kann ich mich nicht erinnern.«
    »Wann war das?«
    »Vor ungefähr einem Jahr.«
    »Und was war der Deal?«
    »Wir sollten an Speed-Datings teilnehmen und uns um die Kerle kümmern, die beim Briefing nicht durch die Maschen fielen.«
    Wenn man das Unwahrscheinliche ausgeschlossen hatte, was blieb dann noch? Das Unmögliche!
    Ein Casting für Versuchskaninchen .
    »Wie genau sah dieses Briefing aus?«
    »Der Typ musste allein leben und durfte keine Familie in Paris haben. Er sollte unsicher und möglichst labil sein, und wenn irgend möglich auch nicht der Allerschlaueste.« Sie lachte zwischen zwei Zügen. »Eben ein absoluter Loser.«
    Alles passte zusammen. Wie kam man am besten an zurückgezogen lebende Männer ohne familiären Halt heran? Indem man sich unter einsamen Menschen umsah, die nach einer verwandten Seele suchten. Auf diese Weise wurde man nicht nur fündig, sondern lernte sie auch besser kennen. Und mit Frauen wie Leila, Medina oder Feliz war es ein Leichtes, sie in die Falle zu locken. Die Methode war so alt wie die Welt.
    Trotz der aufgedrehten Heizung zitterte Leila immer noch. Von der strahlenden Siegerin aus dem Johnny’s war nichts mehr übrig. Sie schien um die Hälfte geschrumpft zu sein, und sah jetzt so aus, wie sie vermutlich in Wirklichkeit war: ein Mädchen aus der Vorstadt, das sich mit Fernsehen und Hochglanzmagazinen zudopte und dessen Träume nicht über die Starlounge eines angesagten Clubs hinausreichten. Eine junge Frau mit arabischen Wurzeln, der klar war, dass es nur eine Möglichkeit gab, dieses Ziel zu erreichen, aber auch, dass sie sich beeilen musste.
    »Hast du die Männer getroffen, die sich an diesem Projekt beteiligen?«
    »Ja natürlich.«
    »Wie waren sie?«
    »Manche wirkten wie Bodyguards, andere wie Lehrer. Aber insgesamt verhielten sie sich wie Bullen.«
    »Hat man euch gesagt, wozu dieses Casting diente?«
    »Sie suchten nach Leuten, um ein Medikament zu testen. Sie erklärten, dass es schon immer auch Tests an Menschen gab und dass diese Phase unmittelbar nach den Tierversuchen kommt.« Sie lachte düster auf. »Sie meinten, dass wir uns auf einer Stufe zwischen Tieren und Menschen befänden. Ich bin mir nicht sicher, ob das ein Kompliment war.«
    »Haben sie euch auch erzählt, dass diese Versuche verdammt gefährlich sind?« Chaplain wurde laut. »Dass diese Medikamente das Gehirn kaputt machen? Dass die Versuchskaninchen keine Ahnung hatten, was man ihnen antat?«
    Leila blickte ihn erschrocken an. Chaplain räusperte sich, zwang sich zur Ruhe und öffnete das Fenster. Die Luft war unerträglich geworden.
    »Hattet ihr keine Angst, euch zu Handlangern zu machen? Oder dass es illegal oder gefährlich sein könnte?«
    »Aber ich habe doch schon gesagt, dass die Kerle wie Bullen aussahen.«
    »Dann hätte es sogar noch gefährlicher werden können.«
    Leila gab keine Antwort. Irgendetwas stimmte da nicht. Es gab keinen Grund dafür, dass die angehenden Escort-Girls keine Angst vor derart zwielichtigen Machenschaften hätten haben sollen.
    Leila lehnte den Kopf an die Scheibe und blies einen Rauchstrom in die Luft.
    »Es lag an Medina. Sie hat uns überzeugt. Sie sagte, man könne richtig viel Kohle verdienen, ohne mit den Kerlen schlafen zu müssen. Und dass man das Geld nicht ausschlagen dürfe, wenn es einem schon fast nachgetragen würde. Dass wir stärker wären als das System. So Zeug eben.«
    »Wie viele von euch machen dabei mit?«
    »Ich weiß es nicht genau. Vier oder fünf, die ich kannte.«
    »Und wie genau läuft es ab?«
    »Wir gehen zu

Weitere Kostenlose Bücher